Ren versteht mich. Es geht nicht mehr nur um feministische Ideale. Diese sorgen für extrem hohe Standards gerade für Frauen in der Szene. Alle, denen es ähnlich geht, finden sich auf „Baby“ wieder. Niemand muss perfekt sein, Fehler machen ist erlaubt. Auf ihrem neuen Album machen PETROL GIRLS aber alles richtig. Die letzten drei Jahre hat die britisch-österreichische Band genutzt, um sich persönlich und musikalisch weiterzuentwickeln. Sie behandeln Themen deutlich differenzierter als in der Vergangenheit, das zeigen sie auch auf der musikalischen Ebene. PETROL GIRLS waren noch nie Freund:innen stumpfen Geschrammels, sondern wissen sich musikalisch wie textlich komplex auszudrücken und erlauben sich hier und da verspielte Momente. An wem PETROL GIRLS bisher vorbeigegangen sind, die sollten der inzwischen in Österreich ansässigen Band spätestens jetzt eine Chance geben. Lockt euch AT THE DRIVE-IN? Dieser Einfluss zieht sich konstant durch alle Alben und zeigt sich auf „Baby“ insbesondere in der zweiten Hälfte. Auch Vergleiche zu THE SLITS und REFUSED sind naheliegend. Wer keine Angst vor experimentellen und künstlerischen Momenten besonders in der ersten Hälfte hat, wird mit Bangern wie „Clowns“ belohnt. Die gewohnt provokanten und äußerst intelligenten Texte sind ein Schlag ins Gesicht und treffen jedes Mal die Richtigen. Ganz großes Kino: „Baby, I had an abortion“. Wenn ihr sonst keinen Song hören wollt, ballert wenigstens diesen Partyhit. Hammer, definitiv einer der Tracks des Jahres. Es ist nicht das erste Mal, dass eine feministische Hardcore-Punk-Band über Abtreibung singt. PETROL GIRLS nähern sich dem Thema aber völlig anders. Nicht melancholisch, wütend oder protestierend. Sondern mit Stolz und blanker Freunde. PETROL GIRLS verteidigen das Recht auf Abtreibung nicht mehr mit Protest, sondern gehen einen Schritt weiter. Sie schreiben einen Song für die Party nach dem Schwangerschaftsabbruch. Ein wahrer Alptraum für alle Abtreibungsgegner:innen und Konservativen. Und ganz ehrlich, wann hat Punk die Konservativen das letzte Mal so richtig herausgefordert? Die Single könnte kein besseres Timing haben, denn die USA und andere Staaten machen gerade eine Rolle rückwärts und erschweren Schwangeren massiv den Zugang zu sicheren Abbrüchen. Auch deshalb kehren PETROL GIRLS mit geballter Kraft zum Straßenprotest zurück. Diesmal sogar mit Verstärkung: Janey Starling, ehemals DREAM NAILS-Frontfrau, gibt in „Fight for our lives“ quasi eine Kundgebung. Dieser Song darf auf keiner feministischen Demo mehr fehlen. Wenn wir auf der nächsten Show „You don’t own us!“ mit Ren brüllen, reißen wir die Hütte ab. Sexisten – auch die in der Szene – sollten sich in Acht nehmen, PETROL GIRLS sind zurück!
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