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10 empfehlenswerte Alben aus dem Genre „Surf themed Pop-Punk“

Für viele Musikliebhaber sind die BEACH BOYS der Inbegriff von „Surf Music“. Gleichzeitig wird die Musikrichtung von Punkrock-Bands, die in ihren Songs gerne über die Vorzüge des Strandlebens und des Wellenreitens singen, landläufig als Surfpunk bezeichnet. Beides ist irreführend, handelt es sich doch bei „Surf Music“ klassischerweise um reine Instrumentalmusik ohne Gesang. In einem Interview mit der schottischen Band LEMONAIDS stieß ich zum ersten Mal auf einen Begriff, der diese Musikrichtung des poppigen Punkrocks mit Wellenreiter-Attitüde viel passender beschreibt: „Surf themed Pop-Punk“.

Wodurch zeichnen sich Bands dieses Genres aus? In der Regel sind es Bands, die die RAMONES und die BEACH BOYS als gleichberechtigte Inspirationsquellen benennen und entsprechend in ihren Songs danach streben, die Leichtigkeit, die Harmonien und eingängigen Melodien des Surfpop mit der geradlinigen Einfachheit und der rohen Energie des Punkrock zu kombinieren. Bands, die live auch mal gerne in einheitlichem Bühnenoutfit auftreten, wobei sich insbesondere Hawaiihemden und Blumenketten großer Beliebtheit erfreuen. Bands, die in ihren Songs Tasteninstrumente und mehrstimmige Chöre einsetzen und sich für ein Plattencover schon mal mit Surfboard unter dem Arm ablichten lassen. Folgerichtig geht es in den Songs dieser Bands vorrangig um Themen wie endlose Sommer, wärmende Sonnenstrahlen, paradiesische Sandstrände, schnelle Autos, attraktive Frauen und elegantes Wellenreiten, obwohl die Bandmitglieder zumeist die hohe Surfkunst überhaupt nicht beherrschen.

Auf den ersten Blick scheinen diese Themen für Bands, die im Punkrock groß geworden sind, aufgesetzt, oberflächlich und wenig authentisch. Doch die Surfkultur mit der Lebensfreude einer sinnfreien Spaßgesellschaft oder einem exotischen Zeitvertreib gleichzusetzen, wird ihr nicht gerecht. Vielmehr sind sich Punk und Surf als Kultur und Lebenseinstellung in vielen Punkten sehr ähnlich und gut miteinander vereinbar. Auch wenn das Wellenreiten seit den Sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts als Lifestyle enorm kommerzialisiert wurde und dadurch seine Unschuld verlor, so steht das Surfen auch heute noch bei vielen ihrer Anhänger für eine Jugendkultur mit eigener Ästhetik, für eine lockere D.I.Y.-Einstellung unangepasster Lebenskünstler und Freidenker, für den Traum eines alternativen Lebensstils und für ein Symbol individueller Freiheit und Abenteuer.

So ist es nicht verwunderlich, dass es dem „Surf themed Pop-Punk“ weltweit gelingt, Bands und Fans für dieses Genre zu faszinieren, von Skandinavien über Großbritannien und Südeuropa bis nach Japan, Australien und den USA. Folgerichtig ist auch die nachfolgende Auswahl empfehlenswerter Alben dieser Musikrichtung eine kleine Reise rund um den Globus getreu dem naheliegenden Motto „Surfin’ Around The World“:

THE BARRACUDAS „(I Wish It Could Be)

1965 Again“ (1985, GMG)


Ein zeitloser Klassiker: Eine Zusammenstellung von Singles, die 1980 und 1981 erschienen sind, darunter die großen Hits „Summer fun“ und „Surfers are back“, die auch heute noch von vielen Bands des Genres gecovert werden. „Summer fun“ schaffte es sogar in die Top 40 der englischen Single-Charts und ist die Vorzeigehymne des „Surf themed Pop-Punk“ schlechthin. Leider konzentrierten sich die Engländer nach 1981 vorrangig auf ihre andere große Leidenschaft, den psychedelischen Garagenrock.

SURFIN’ LUNGS „Splash Back“ (1997, No Tomorrow)

Diese Engländer sind schon seit 1985 in Sachen „Surf themed Pop-Punk“ unterwegs und ihrem Stil in der ganzen Zeit treu geblieben, wobei sie schon immer deutlich näher an den BEACH BOYS als an den RAMONES verortet werden konnten. Diese Best-Of-Compilation auf einem spanischen Label bietet mit 20 Hits aus den Jahren 1985 bis 1997 einen gelungenen Überblick über die ersten Jahre der alten Szene-Haudegen.

THE LEMONAIDS „Drop In, Wipe Out“ (2012)

Weiter geht’s nach Schottland zu den LEMONAIDS, die in dieser Hitliste wahrscheinlich den höchsten Punkrock-Faktor besitzen, da sie auch schon mal ordentlich das Gaspedal durchtreten. Frontmann Tom kann seine Vergangenheit bei den MURDERBURGERS wahrlich nicht verleugnen, aber genauso wenig seine Vorliebe für die BEACH BOYS und Hawaii. Trotz des teilweise hohen Tempos weist das Album eine extrem hohe Eingängigkeit auf. Ein Album, das in der Lage ist, in Sekundenschnelle jede schlechte Laune zu vertreiben.

SONIC SURF CITY „Viva Wahines!“ (2014, Ceilidh)

Die Schweden SONIC SURF CITY sind mit kurzer Unterbrechung um die Jahrtausendwende seit Ende der Achtziger Jahre aktiv und haben in dieser Zeit so viele großartige Alben herausgebracht, dass sie alleine diese Top Ten zur Hälfte füllen könnten. Dass die Mannen um Frontmann Ola „Woodie“ Hermansson in der ganzen Zeit nichts an Kreativität, Spielfreude und Tempo eingebüßt haben, beweisen sie mit ihrem aktuellen Album, das auch auf Vinyl auf dem spanischen Label Rumble Records erschienen ist.

HAWAII MUD BOMBERS „The Best So Far“

(2003, Wizzard-In-Vinyl)


Leider nicht mehr aktiv sind die HAWAII MUD BOMBERS, die sich 1995 formierten und zwischen 1996 und 2007 ebenfalls mehrere Hochkaräter einspielten. Einen hervorragenden Überblick über die Schaffenskraft der Band bietet diese Compilation auf einem japanischen Label, die hauptsächlich ausgewählte Hits der ersten drei Alben der Schweden beinhaltet. Little Steven ist ein großer Fan der Band und spielte mehrere ihrer Songs in seiner Radio Show „Underground Garage“.

TRAVOLTAS „Travoltas’ Party“ (2003, Knock Knock)

Die Niederländer waren von 1990 bis 2006 aktiv und gefielen sich dabei in der Rolle der „BEACH BOYS of Punkrock“. Dass sie dem Anspruch auch gerecht wurden, bewiesen sie mit diesem Album, bei dem es sich um eine Akustik-Live-Platte mit gewollter Partyatmosphäre und einigen BEACH BOYS-Coverversionen handelt. Der Punkrock-Faktor ist zwar geringer als bei ihren übrigen Alben, dafür gibt es aber einen gelungenen Überblick mit vielen Hits der Band. 2014 gab es eine kurze Reunion mit einer Handvoll neuer Songs, die bisher aber nur als Download verfügbar sind.

THE VETERANS „s/t“ (2008, It’s Alive)

Italien schickt die VETERANS an den Start, ein Seitenprojekt von MANGES-Frontmann Andrea, der wie viele Italiener bekennender RAMONES- und darüber hinaus auch überzeugter BEACH BOYS-Fan ist. Mit wechselnden Gleichgesinnten, darunter auch bekannte Gesichter wie beispielsweise Chris Pearce von den SURFIN’ LUNGS, bringt er unregelmäßig immer mal wieder neue Songs an den Start. Den Anfang machte dieses überragende Album.

DIE SCHNICKERS „Karl-Heinz ist ein Surf Rocker“

(2008, Partysprenger)


Dass „Surf themed Pop-Punk“ auch in deutscher Sprache funktioniert, beweisen DIE SCHNICKERS mit ihrem Debütalbum. Der BEACH BOYS-Faktor ist zwar noch ausbaufähig, Pluspunkte gibt es aber insbesondere für ihre Aktion „Surfer gegen Neokolonialismus und Tourismusfaschismus“, mit der die Band eindeutig Stellung gegen rechts bezieht und beweist, dass auch dieses Genre nicht unpolitisch sein muss.

PELOTAN „Summer Means Fun“ (2010, K.O.G.A.)

In Japan werden europäische Bands wie SONIC SURF CITY oder HAWAII MUD BOMBERS grandios abgefeiert werden. Dabei gibt es mit PELOTAN eine japanische Band, die sich vor den europäischen Kollegen nicht verstecken muss. Ganz im Gegenteil: Auf ihrem zweiten Album sind einige Perlen mit brillantem mehrstimmigen Gesang enthalten, die schon fast an die Klasse von „Summer fun“ der BARRACUDAS heranreichen. Anspieltip ist „A day in the beach“, ein Ohrwurm erster Güte.

V.A. „Hang 11 (Mutant Surf Punks)“ (1985, Anagram)

Wer Appetit auf diese Musikrichtung bekommen hat, sollte sich zunächst mit diesem grandiosen Sampler mit 15 Bands aus Großbritannien und den USA einen Überblick verschaffen. Allein wegen des Hits „I want my woody back“ von den BARRACUDAS ist der Sampler sein Geld wert. Abgerundet wird die LP durch einzelne Instrumentalstücke, darunter auch der Surfpunk-Klassiker „Pipeline“ von AGENT ORANGE. Aber das ist ja eigentlich ein anderes Genre ...