Die Vorstellung, dass Feldzüge bis vor 200 Jahren immer eine halbe Ewigkeit dauerten, Heerführer wie Alexander der Große oder Napoleon Bonaparte jahrelang von zuhause weg waren, fasziniert mich. Wie haben die es geschafft, dafür zu sorgen, dass sich während ihrer Abwesenheit nicht andere auf dem Thron breit machten? Durch Pragmatismus: Sollten sich nur kleine Emporkömmlinge während der Abwesenheit des Meisters aufspielen, wichtig war nur, dass nach dessen Rückkehr die Verhältnisse klar gestellt wurden.
Und genau in solch einer Situation befinden wir uns im Falle von NEUROSIS. Seit "Eye Of Every Storm" hat sich das Genre des symphonischen Post-Hardcore-Rocks ja erheblich vergrößert, jeden Monat kommen neue Bands hinzu, die sich an dramatischen, brachialen, monumentalen Sounds versuchen, die direkt auf die wichtigsten NEUROSIS-Alben "Souls At Zero" und "Enemy Of The Sun" zurückgehen, man ist im allgemeinen angetan und goutiert mit Genuss, muss aber letztlich feststellen, dass neben NEUROSIS außer ISIS, JESU, MOGWAI und SUNN O))) nur noch wenige andere Bands eine erkennbare, eigene Handschrift aufweisen beim epischen Lärmen.
Und so tritt nun "Given To The Rising" auf den Plan und macht furchterregend eindeutig klar, wer der Herr im Hause ist. Über die Länge von 70 Minuten, aufgeteilt auf gerade mal zehn Stücke, verbreiten Steve von Till nebst Mannschaft jenes seltsame Gefühl zwischen Wut, Euphorie und Beklemmung, das auch ihre seltenen Konzerte zu einem so starken Erlebnis macht ("To the wind" ist dabei mein Favorit), und stehen dabei erstmals seit Jahren wieder völlig auf eigenen Füßen: Die Zusammenarbeit mit Relapse wurde beendet, "Given To The Rising" ist ein alleiniger Release des bandeigenen Labels.
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