Das neuste Werk der Oaklander wird sicher für staunende Gesichter sorgen, denn mit Hardcore, Punk und Metal hat "A Sun That Never Sets" nur noch periphäre Gemeinsamkeiten. Wer die Band noch immer mit "Souls At Zero" gleichsetzt, der wird ihnen 2001 sicher kaum etwas abgewinnen können.
NEUROSIS haben die Stille für sich entdeckt und lassen den einzelnen Instrumenten und Gesangsmelodien Raum zum Atmen. Nicht weniger als fünf Minuten braucht es im ersten Stück "The Tide" (das Intro "Erode" nicht mitgerechnet), bis ihre mächtigen Gitarren das erste Mal klingen dürfen.
Jedes der zehn Stücke baut sich langsam, aber zielsicher und mit archaischer Kraft auf, bis die errichteten Klaster in sich zusammenstürzen. Alles geschieht mit einer unglaublichen Bedächtigkeit sowie gleichzeitig Präzision und wirkt dennoch ungemein lebendig.
Einzelne Songs aus diesem Fluß der Gezeiten herauszupicken fällt ähnlich schwer wie einen übergeordneten Stilbegriff zu finden. Das schleppende Titelstück fällt durch seine extrem dichte und bedrückende Atmosphäre speziell ins Gewicht, während das folgende, brodelnde "Falling Unknown" sich auf den Einsatz von Vocals konzentriert.
Das magische, in einer uralten Sprache gesungene "From Where The Roots Run" wirkt dagegen mehr wie eine urwüchsige Beschwörung durch Schamanen. Auffällig ist vor allem auch der extrem direkte Sound von Steve Albini, der das Gefühl vermittelt, die Band befände sich im selben Raum mit dem Hörer, statt Musik aus der Konserve zu generieren.
Keine andere Band hat einen vergleichbaren Sound und strahlt eine ähnliche Magie aus - ob das Fans der ersten Stunde nun gut heissen mögen oder nicht. Auch wenn es nach wie vor kein Easy Listening ist, finde ich persönlich sogar, dass "A Sun That Never Sets" das erste NEUROSIS-Album seit "Souls At Zero" ist, das man sich auch prima zuhause und ohne die beeindruckende Live-Präsenz anhören kann.
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