These are just some punk rock songs ... von einer Band, die seit über dreißig Jahren eine der kommerziell erfolgreichsten Punk-Formationen der USA ist und deren Ur-Mitglied Brett Gurewitz mit Epitaph Records eines der großen und langlebigsten US-Indielabels gegründet hat.
BAD RELIGION und Gurewitz könnten sich auf diesen Lorbeeren (und Dollars ...) ausruhen und vielleicht wäre es ja auch so gekommen, hätte nicht 2017 ein Donald Trump das Amt des US-Präsidenten übernommen.
Über die Repolitisierung von Punkrock war gleich nach der Wahl des Meisterpopulisten spekuliert worden und liest man die ersten Zeilen der offiziellen Pressemitteilung von Epitaph zum neuen Album „Age Of Unreason“, dann wird einem klar, dass die Band vor Mitteilungsdrang diesmal fast platzt: „Since the group’s formative years [...] the band has steadfastly advocated for humanism, reason, and individualism.
Today, as these values are in decline, and nationalism and bigotry are on the rise, Bad Religion’s message has never been more essential.“ Der Titel ist eine Anspielung auf das „Age of Reason“, das Zeitalter der Aufklärung (ca.
1650 bis 1800), dessen wichtiges Kennzeichen die Berufung auf die Vernunft als universelle Urteilsinstanz ist, dazu gehört auch der Kampf gegen Vorurteile, die Hinwendung zu den Naturwissenschaften, das Plädoyer für religiöse Toleranz, das Eintreten für mehr persönliche Handlungsfreiheit, Bildung, Bürgerrechte, allgemeine Menschenrechte und das Gemeinwohl als Staatspflicht.
Hier hat also jemand eine klare Botschaft, die unter die Leute gebracht werden muss. Die Musik der 14 Songs ist der klassische BAD RELIGION-Sound, diesmal völlig schnörkellos und frei von stilistischen Experimenten, genau die packende Mischung aus Melodie und Wut, die uns einst 1988/89 bei „Suffer“ und „No Control“ angefixt hatte.
Und sie transportiert mal eher verklausiert formulierte, mal sehr klare Botschaften. Im Titelsong etwa heißt es: „Vor nicht allzu langer Zeit erhielt ein Mann das Siegel [des Präsidenten], [...] der verbreitete unverhohlene Lügen und brachte die Tyrannei zurück, um mit Eifer sein Volk zu spalten.“ Für die Texte ist wohl wieder der promovierte Wissenschaftshistoriker Greg Graffin verantwortlich – ein Mann, der den Unterschied zwischen Fake und Fakten, zwischen Glauben und Wissen exakt kennt und der angesichts der Twittermaschine im Oval Office doch schier verzweifeln muss.
Natürlich „braucht“ niemand Pop- und Rockmusiker als Orientierung im Leben, als Instanz, die einem sagt, was geht und was nicht. Aber wenn man schon ohne den Glauben an ein höheres Wesen durchs Leben geht, ist es bisweilen gut für das Seelenheil, wenn die Stimme der Vernunft in Form des Sängers einer geschätzten Band durch die Lautsprecher zu einem spricht und einem vermittelt, dass man in all dem Irrsinn nicht allein ist.
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