ROGERS

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Wir stehen hinter dir!

Einerseits hat sich viel verändert bei den ROGERS aus Düsseldorf. Denn ganz zu Anfang, 2006, als sie noch Schüler waren, hießen sie noch NOTAUFNAHME, später dann JOLLY ROGER. Und seit fünf Jahren nehmen sie als ROGERS ihre Platten auf. Andererseits aber ist das zweimal umbenannte Quartett, das dem gleichen Proberaum-Dschungel in den Straßen Flingerns entstammt, in dem auch die BROILERS, 4 PROMILLE und CALLEJON schon die Wände anbrüllten, eine absolute Band-Konstante. Sänger Chri Hoffmeier, Gitarrist Nico Feelisch, Bassist Artur Freund und Schlagzeuger Dominic „Dom“ Sbarcea verfolgen schließlich schon seit Teenagertagen konsequent bis zum Anschlag ihren Traum vom Musikmachen: Arbeit und Band – etwas anderes zählt nicht. Irgendwann werden diese beiden Sachen vielleicht sogar eins werden. So ist jedenfalls der Plan und erste Anzeichen für dessen Gelingen sind da: Die Hallen werden größer. Die Bands, die ROGERS auf Tour dabeihaben wollen, werden bekannter. Und jetzt steht mit „Augen auf!“ ein neues Album im Laden, das am liebsten noch mehr Menschen als bisher neben den Augen auch die Ohren öffnen soll. Im Rahmen einer Pre-Listeining-Session im neuen Proberaum der Band, der nur wenige Meter vom Rhein entfernt in Neuss liegt, sprachen wir mit Chri und Artur – kurzzeitig schaltet sich auch Produzent Michael Czernicki ein – über die neuen Songs und den aktuellen Stand bei ROGERS.

Chri, Artur, schön habt ihr es hier. Und es ist geräumiger als in eurem engen Kasten in Flingern. Da macht das Musizieren wahrscheinlich gleich doppelt so viel Spaß, oder?

Chri: Haha, ja. So ist es. Aber die wirkliche Hauptsache ist nicht, dass dieser Proberaum hier größer ist als der, den wir vorher hatten, und wir hier auch noch aufnehmen können. Nein, das Beste ist: Peter Bursch hat nebenan sein Studio. Ich meine, er ist der Gitarrenlehrer der Nation! Ich bin ihm neulich im Flur draußen begegnet und war total platt. Er sieht immer noch so aus – lange Haare, Bart, runde Brille – wie früher auf den Fotos seiner Gitarrenbücher. Nur dass er heute mindestens hundert zu sein scheint. Er ist meinem Eindruck nach jedenfalls schwer in Ordnung. Wir haben uns richtig nett unterhalten. Unser Gitarrist Nico sprach ihn kürzlich einmal an und sagte ihm: „Sie haben mir das Gitarrespielen beigebracht.“ Daraufhin antwortete er, aber wirklich überhaupt nicht überheblich, sondern eher amüsiert: „Ja, ja. Das sagen viele.“ Haha.

Dann hat Peter Bursch ja wahrscheinlich auch schon ein paar eurer neuen Songs durch die Wände gehört. Die für euer neues Album „Augen auf“, das im September erscheint. Wie ist es entstanden?

Artur: Es war diesmal ein sehr, sehr guter und befriedigender Prozess beim Songwriting und beim Aufnehmen. Wir haben auf der einen Seite zwar noch nie ein so langes Album aufgenommen, und hatten zudem zwischen dem Schreiben der Songs viel Leerlauf, weil die Stücke über einen längeren Zeitraum hinweg entstanden sind. Aber auf der anderen Seite ging es am Ende im Studio trotz dieser Üppigkeit und Länge reibungslos und schnell. So schnell wie noch nie. Wir haben die kurze Zeit dort wirklich effektiv genutzt.

Chri: Ja. Aber wir waren einfach auch sehr gut vorbereitet. Und das waren wir früher fast nie. Diesmal sind wir ins Studio gegangen und haben quasi schon in Stein Gemeißeltes eingespielt. Viele Demos standen schon und konnten weiterverwendet werden. Es gab nur wenige Änderungen. Das lief alles schon lange im Voraus. Und es lief sehr gut.

Sind ROGERS also eine extrem strukturierte Band?

Chri: Mittlerweile ja. Aber wir haben ja auch keine andere Wahl. Wir sind ja alle keine 16 mehr und können uns entsprechend nicht mehr so einfach alle zwei Tage im Proberaum treffen. Früher, beim ersten Album, lief das natürlich noch anders. Da saßen wir alle noch im Proberaum zusammen und haben gemeinsam drauflos gespielt. Einfach einen Song nach dem anderen eingespielt und direkt und roh übernommen. Das wäre heutzutage undenkbar.

So wie ihr heutzutage eine etablierte Band seid, die größer geworden ist und liefern muss.

Chri: Schon. Aber noch vielmehr gilt: Heutzutage sind wir alle nebenbei berufstätig, um unseren Lebensunterhalt zu sichern, und müssen dementsprechend Kompromisse eingehen. Wobei man ja auch nicht vergessen darf, dass man mit der modernen Technik auch vieles schneller und unkomplizierter erledigen kann, als das früher der Fall war. Das hilft einem beim Wachsen als Band. Der Arbeits- und Zeitaufwand wird geringer. Man schickt Dateien mit Songs rum, kann sie sich überall anhören und fängt im Studio nicht bei Null an.

Geht euch das Schreiben der Songs mittlerweile eigentlich leichter von der Hand – mit mehr Erfahrung?

Chri: Es ist immer unterschiedlich und bei jeder Platte anders. Wir haben uns bislang alle immer abwechselnd mal mehr oder mal weniger eingebracht. Auf dem neuen Album zum Beispiel stammen viele Songs von Nico – unter anderem auch „Einen Scheiß muss ich“, den er besoffen in Berlin getextet hat, haha. Das nächste Mal kann das aber auch wieder ganz anders sein. Klar war vorher nur, dass wir ein Album mit wirklich für jedermann greifbaren Texten aufnehmen wollten. Wir haben auf den alten Platten immer sehr viel von uns erzählt. Das wollten wir bis auf ein paar Nummern, die auch die alten und langjährigen Fans abholen sollen, dieses Mal vermeiden.

Wo hörst du dir denn am liebsten Musik an?

Chri: Am liebsten über Kopfhörer in der Bahn. Da habe ich ein ganz anderes Gefühl und Empfinden, als wenn ich zu Hause auf meinem Sofa sitze. Die Einflüsse sind anders. Es ist nicht meine gewohnte Umgebung. Das Bild vor mir verändert sich immer wieder aufs Neue und die Songs wirken ganz anders. Vor allem natürlich die, die ich selber geschrieben habe. Ich denke in so einem Umfeld dann ganz anders über sie und kann sie besser bewerten.

Früher war Musikhören extrem an eine bestimmten Ort gebunden. Die heutige Technik macht dies obsolet.

Artur: So ist es. Man bekommt durch diese veränderten Rahmenbedingungen technischer Art ja generell noch mal einen ganz anderen Zugang zur Arbeit an Songs. Man kann zum Beispiel viel schneller reagieren und schneller etwas verändern. Bei uns ist es so: Es kommen mal Texte und Melodielinien von mir, mal von Chri, mal von Nico. Sprich: Jeder kann Songs bei sich daheim auf eigene Faust aufnehmen und sie schnell weiterreichen. Ideen kommen so schneller zusammen. Und diese Ideen gehen nicht erst durch alle vier Köpfe, ehe sie raus sind. Dadurch gibt es kein Chaos, weil jeder meint, sagen zu müssen: Warte mal! Hier muss eine andere Basslinie rein. Dort muss am Text was geändert werden! Das wäre uns mittlerweile viel zu unstrukturiert. Bei unserer heutigen Arbeitsweise kristallisiert sich letztlich etwas heraus, was wir früher nicht kannten: Jeder sieht, wo die Stärken des Einzelnen sind. Und jeder Einzelne von uns kann diese Stärken einbringen, wenn er vorher für sich schon mal tüfteln darf. Wir sind heute in der Lage, uns von jedem das Beste herauspicken zu können. Es gibt keine Reibereien. Und wir fühlen uns damit deutlich wohler als früher noch.

Ich habe ohnehin den Eindruck, dass bei euch eine große Harmonie herrscht. Man kann sich einen Streit bei ROGERS nicht wirklich vorstellen. Seid ihr immun gegen Streit?

Chri: Also letzte Woche beim Soundcheck, da hat Artur auf einmal herumgezickt ... Zum ersten Mal! Haha!

Artur: Na ja, ich musste da aber auch mal deutlich werden. Ich will jetzt keine Einzelheiten anbringen. Nur so viel: Da waren wir alle angepisst. Und damit es nicht aus dem Ruder lief, musste ich mal eingreifen und anmerken: So nicht, Leute! Aber das kommt in der Tat selten vor.

Was müsste passieren, damit ihr euch mal so richtig zofft?

Artur: Ist wirklich noch nicht vorgekommen. Wir gehen uns vielleicht schon mal nach einer Tournee auf die Nerven. Aber das ist, denke ich, normal. Für einen richtigen Streit, einen die Existenz der Band bedrohenden Streit, müsste schon Diebstahl oder so im Spiel sein. Das wäre ein No-Go und ganz, ganz schlimm.

ROGERS als verschworene Gemeinschaft, das passt. Auf dem neuen Album singt ihr im Titeltrack ja auch entsprechend: „Ganz egal, wie lang der Weg noch geht: Wir bleiben auf Kurs!“ Das hört sich schon so nach Gang-Romantik an.

Chri: Es ist die BÖHSE ONKELZ-Zeile bei uns, haha.

Artur: Genau, haha. Aber im Ernst: Ich denke, dass eine solche Zeile tatsächlich typisch für uns ist. Das ist so ein Song nach dem alten ROGERS-Muster, den wir deshalb auch aufgrund seines Wiedererkennungswerts an den Anfang der Platte gesetzt haben.

Was ist denn dieses „alte ROGERS-Muster“?

Artur: Na ja, wir haben schon immer – und früher eben noch häufiger als heute – Songs aufgenommen, die beschreiben, was wir machen, wer wir sind und wofür wir stehen. Es ging nie nach dem Muster: Was wollen die Leute hören? Okay. Ein Stück über Liebe! Wir wollten uns nie anbiedern und mit kalkulierter Musik Kohle machen. Es ging uns immer um Autobiografisches. Und darum, den anderen Mut zu machen und ihnen zu zeigen: Wir als Band kennen diese Situation. Wir stehen hinter dir! Es ist uns wichtig zu zeigen, dass es sich nicht lohnt, nur Muster nachzuahmen. Es geht uns darum, zu zeigen, dass jeder sein Ding machen soll. Das wird uns immer wichtig sein! Und damit haben wir auch gleich eine gesellschaftliche Frage erreicht: Dürfte jeder Mensch das machen, was er will und was ihn glücklich macht, dann wäre diese Welt ein wesentlich besserer Ort. Dann wäre die Erde ein fabelhafter Planet. Aber leider darf das nicht jeder. Und das ist ein Ursprung vielen Übels.

Ihr dürft das anscheinend auch nicht so richtig: Ihr müsst alle nebenher noch arbeiten.

Artur: Genau. Wir haben alle eine Mehr-als-40-Stunden-Woche. Eine 40-Stunden-Woche wäre streng genommen für uns pillepalle. Mit der Arbeit, mit der Band, mit dem halbwegs funktionierenden Auf-die-Reihe-Kriegen des Lebens haben wir alle eine 80- bis 90-Stunden-Woche. Wir leben unseren Traum von der Musik parallel zu vielen anderen Dingen. Keiner von uns kann sich einfach jeden Tag hinsetzen, die Füße hochlegen und mal eben neue Songs schreiben.

Bleiben bei einem so großen Pensum – und eingedenk der Tatsache, dass ihr mittlerweile ordentlich Erfolg mit der Band habt und viel unterwegs seid – auch Freundschaften auf der Strecke?

Artur: Schon. Aber wer braucht schon 500 Freunde? Außer bei Facebook ... haha. Mir ist es viel wichtiger, nur einen kleinen und festen Stamm von Freunden zu haben, die ich dafür aber auch regelmäßig sehe. Das ist gehaltvoll und wertvoll. Und das geht auch neben der Band sehr gut. Kurzum: Man kann seinen Traum auch neben dem Alltag verfolgen. Wenn man nur will. Und dieses „Wenn man nur will“ heißt: Man muss es realistisch aufziehen und Zeit und Idealismus investieren.

Wie hält man das durch, ohne irgendwann zusammenzuklappen?

Artur: Ich denke, das geht nur, solange du noch jung bist. Irgendwann wird es schwierig werden. Vielleicht auch bei uns. Aber noch ist unser Vorteil, dass das mit der Band so läuft, seit wir richtig, richtig jung waren, seitdem wir auf der Schule waren. Wir kennen es nicht anders, es lief immer irgendwas nebenher. Schule. Beruf. Alltag – wir mussten immer Zeit für die Band freischaufeln.

Chri: Außerdem machen wir alle trotzdem irgendetwas zum Broterwerb, was uns Spaß macht. Ich arbeite in der Gastronomie. Artur im Fitnessstudio. Dom ist tatsächlich Schlagzeuger und Musiker aus Leidenschaft und neben Nico, der viel im Musikbusiness und auf der Produktionsseite arbeitet und sich da weiterbildet, auch der beste Musiker bei uns. Wenn er seine Schlagzeug-Takes einspielt, dann klappt das wie am Schnürchen.

Der Lohn der Mühe ist, dass eure Konzerte kontinuierlich größer werden.

Artur: Ja. Das ist so und wir freuen uns darüber. Gerade wenn wir wie zuletzt auf Tour mit JENNIFER ROSTOCK sind, ist das schon extrem. Da reden wir dann schon mal mit einem Ameisenhaufen vor uns und nicht nur mit ein paar Leuten wie früher ... Aber wir können das ganz gut einschätzen. Wir wissen: Das ist jetzt kein Riesen-Hype wie bei den BROILERS oder so.

Sind die Erwartungen, auch diejenigen, die ihr an euch selber habt, irgendwie spürbar gestiegen?

Artur: Klar. Wir merken, dass wir stetig an uns arbeiten müssen, um das Level zu halten. Wir müssen mittlerweile imstande sein abzuliefern. Beziehungsweise nachzuliefern. Und das ist nicht so leicht in diesem Genre. HipHop-Künstler haben es da, gerade zur Zeit, sicher ein wenig leichter. Mit Punkrock noch groß Erfolg zu haben, ist dagegen sehr schwierig.

Na ja, BROILERS, FEINE SAHNE FISCHFILET ...

Michael: Ich bin zwar nur der Produzent. Aber wenn ich mich dennoch mal kurz einschalten darf: Die BROILERS wurden ebenso wie FEINE SAHNE FISCHFILET natürlich auch von DIE TOTEN HOSEN oder den BEATSTEAKS mit auf Tour genommen. Das hat entsprechend Wirkung gezeigt. Und bei FEINE SAHNE FISCHFILET ist es zudem so, dass diese Jungs, die ich persönlich sehr gut kenne, einfach ein einzigartiges und noch nie erlebtes Lebensgefühl vermitteln. Ich kenne keine andere Band, die – salopp und wirklich nicht despektierlich gesagt – so viel Scheiße zocken darf und damit Erfolg hat. Die dürfen bei Rock am Ring auf die Bühne und da einfach rumrülpsen, ohne dass sich jemand daran stört. Denn alle wissen: Bei denen gehört das dazu.

Artur: Ich denke, dass bei FEINE SAHNE FISCHFILET noch etwas anderes dazukommt: Sie sind eine Art Not-Aushängeschild für Bands wie DIE TOTEN HOSEN oder die BEATSTEAKS. Sprich: Wenn du FEINE SAHNE FISCHFILET mit auf Tour nimmst, dann ist es sofort klar, wofür du stehst. Für dieses Linke und für dieses Ur-Punk-Ding nämlich. Das ist schon einzigartig. Das macht sich schließlich gut. Und das finde ich auch gut. Aber solche Bands sind eben doch die Ausnahme.

Auch ihr zeigt ja klare Kante. Ich würde behaupten, „Augen auf“ ist euer politischstes Album bislang. Was einmal mehr beweisen würde, schlechte Zeiten sind gute Zeiten für Musiker.

Chri: Ja. Das ist schon so. Dann hat man was zu erzählen. Und davon lebt vor allem der Punkrock.

Und ihr offenbart dabei einen Blickwinkel, den man so noch nicht gehört hat: Gegen rechts singen viele. Aber neu ist das, was beispielsweise im Song „Unter Tränen“ passiert. In dem wird der Rechtsruck aus Sicht einer alten Frau geschildert, die die Nazizeit erlebt hat und die sich aus lauter Scham wegen des Wiederaufkeimens dieses Gedankenguts das Leben nimmt.

Artur: Wir haben lange diskutiert, ob der Song mit diesem Text zu hart ist. Aber wir denken letztlich: Nein, ist er nicht. Im Gegenteil, es ist wichtig, auch die alten Menschen einzubeziehen. Sie haben den Krieg miterlebt. Sie wissen, was passieren kann. Und leider, leider stirbt diese Generation aus. Das ist zwar normal, aber auch tragisch, weil diese Menschen ihr Wissen nicht mehr direkt weitergeben können an diejenigen, die es in Zukunft besser zu machen haben. Ich weiß noch, dass wir ein paar Wochen, bevor wir diesen Song schrieben, mit Michael über dieses Thema gesprochen hatten.

Michael: Ja. Ich habe dieses Reden über den Krieg eben persönlich hautnah im Falle meiner Oma miterlebt. Ich konnte mit ihr immer über alles sprechen. Aber als ich irgendwann einmal dieses Thema anschnitt, da brach sie sofort in Tränen aus und sagte mir, dass sie darüber nicht reden könne. Das war wirklich krass.

Braucht die Welt wieder mehr Leute, die auf die Straße gehen für die gute Sache?

Chri: Ich glaube, die Leute gehen schon auf die Straße – aber anders. Sie gehen auf die Straße, ohne auf die Straße zu gehen. Die Revolution heutzutage erfolgt über Snapchat, Twitter und Co.

Ist das gut?

Chri: Wenn man es sinnvoll anstellt und das Netz gut und intelligent nutzt, dann schon. Aber damit haben viele leider noch Probleme.

Artur: Ich denke da ein wenig anders über dieses Auf-die-Straße-Gehen. Ich glaube nämlich, dass viele Leute gerade dadurch viel kaputt machen. Natürlich ist Protest okay. Wir alle waren selber schon auf Demos und wurden sogar verhaftet. Aber es gibt heutzutage zu viele kleine Gruppierungen. Da entsteht nicht so eine Massendynamik wie damals in den Achtziger Jahren, als gegen AKWs und Pershings protestiert wurde. Die Einheit der Menschheit steht nicht mehr so im Vordergrund. Es gibt zu viele, die einfach sagen: Ey, das ist kacke. Ich will das alles kaputt machen, alles andere ist mir egal oder zu lasch. Die Leute sollten sich zuerst einmal einig sein und ihren Protest intelligent organisieren. Denn nur dann kann er auch etwas bewirken.

Was denkst du, wie kann man die Leute einen?

Artur: Der Schlüssel liegt im Alltag, denke ich. Der Alltag wird nämlich unterschätzt. Es kümmert sich niemand wirklich darum. Das Stichwort diesbezüglich lautet „Routine“: Es gibt gute Routine. Und es gibt schlechte Routine. Und von der schlechten Routine gibt es derzeit zu viel. Wenn jeder im Alltag nur 20% anders machen und erst mal nachdenken würde, was er wie tut, dann würde sich vieles verbessern. Und genau das müssten die Menschen erkennen. Sie müssen ja nicht gleich zum Veganer werden wie ich. Aber sie sollten sich schon bewusst werden, dass sie einen Beitrag leisten können, damit sich alle besser fühlen.