LAURA JANE GRACE

Foto© by Band

Tranny

Im November 2016 erschien in den USA „Tranny: Confessions of Punk Rock’s Most Infamous Anarchist Sellout“, die Autobiografie von Laura Jane Grace, geboren als Tom Gabel, bekannt als Sängerin von AGAINST ME!, aber auch schon länger als Solokünstlerin unterwegs. Es geht darin um ihre Kindheit und Jugend bis hin zu ihrem Coming-out als Transperson 2012. Bislang war es nicht auf Deutsch erhältlich, was Gunnar von Gunner Records als altem AGAINST ME!-Wegbegleiter keine Ruhe gelassen hat, weshalb nun via Golden Press endlich die deutsche Übersetzung von „Tranny“ erscheint. Wir präsentieren hier einen Vorabdruck.

Während Drogen und Sex mich zuverlässig bei Laune hielten, aber wirklich von den Depressionen ablenken konnte ich mich erst, als ich Punkrock für mich entdeckte. „Dieses Album solltest du dir mal anhören“, sagte Debbie und zeigte mir „Dookie“ von GREEN DAY. Debbie und ihr Mann Sam besaßen damals Offbeat Music, den einzigen unabhängigen Plattenladen im Südwesten Floridas. „Diese Band ist dabei, groß rauszukommen“, versicherte sie mir. „Steig ein, bevor sie Sellouts* sind!“ Bald hatte ich das Glück, das GREEN DAY-Video zu „Longview“ bei „MTV’s 120 Minutes“ zu sehen, einer Sendung, für die ich jeden Sonntag bis spät nachts aufblieb, zum Preis der totalen Erschöpfung am darauffolgenden Montagmorgen. Das Video bot alles, was mir Debbie versprochen hatte – gelangweilte Vorstadt-Punks, die ihre Zeit mit Rumhängen und Fernsehen totschlugen. Die Metaebene des Ganzen war mir nicht entgangen. Irgendwann waren Tim Armstrong und Lars Frederiksen von RANCID als Co-Moderatoren in der Show zu Gast, zwei Punks mit riesigen Iros, Tattoos und glitzernden Nieten-Lederjacken. Sie sahen aus, als kämen sie von einem anderen Stern. Ich rannte am nächsten Tag sofort wieder zu Offbeat, um mir von jeder Band, deren Video sie gezeigt hatten, die Platten zu besorgen. Jede dieser Scheiben führte dann wiederum dazu, dass ich weitere Bands entdeckte – und so eröffnete sich mir eine völlig neue Welt! Mit THE CLASH, X, OPERATION IVY, THE RAMONES, NOFX und zig anderen.

Ich schnitt mir mit einer Schere meine langen Haare ab und mit dem Rasierer meiner Mutter verpasste ich mir einen Iro, den ich mit Knox-Gelatine aufstellte. In einem Einkaufszentrum ließ ich eine schwarze Levis mitgehen und bei einem Punk-Mailorder bestellte ich ein DISCHARGE-Shirt. Dazu ein Paar schwarze Armeestiefel und das war fortan meine Uniform. Ich habe die Klamotten nie gewechselt oder gewaschen. Als die Jeans Löcher bekam, setzte ich einfach Punk-Aufnäher als Flicken drauf. Inspiriert von einem Foto von Darby Crash, dem Sänger der GERMS, stach ich mir eine Sicherheitsnadel durchs Ohr, danach fing ich an, Piercings zu sammeln – ein paar in meinen Ohren, eins durch die Nasenscheidewand, zwei durch die Brustwarzen, eins durch den Penis. Um den Hals trug ich eine schwere Kette mit einem Vorhängeschloss,. Nichts davon eignete sich für die brütende Hitze und die täglichen Regenschauer Floridas, aber ich war bereit, für den Punk-Look alles zu geben.

GREEN DAY tourten durch Florida, unter anderem spielten sie ein Konzert in Orlando, in einem Laden, der The Edge hieß. Ein Freund aus meiner Schule, Dustin Fridkin, war auch RANCID- und GREEN DAY-Fan, und sein Vater kaufte uns Karten und bot an, uns hinzufahren. Bevor wir zum Konzert gingen, färbten wir uns beide die Haare grün. Während wir im Publikum standen und darauf warteten, dass eine Band die Bühne betrat, lief das neue RANCID-Album über die Haus-PA. „Was ist das für eine Scheiße, die sie da spielen? Ich wünschte, GREEN DAY würden sich beeilen und endlich rauskommen“, meckerten die beiden Mädchen, die vor uns standen. Dustin und ich schauten uns an und rollten mit den Augen. Wir waren eingeweiht und damit cooler als sie.
Als die Band schließlich begann, explodierte um uns herum plötzlich eine Form von Gewalt, die ich bisher nur aus Gerüchten kannte: ein Circle Pit! Es war furchteinflößend, aber wir überlegten keine Sekunde, ob wir uns da hineinstürzen und mitmachen sollten. Dies war der letzte Schritt für unsere Aufnahme in die Punk-Szene! Fäuste flogen, Körper surften über uns hinweg. Egal wie oft der Mob uns ausgespuckte, wir sprangen immer wieder mitten rein, bis die Show vorbei war.
Wir warteten draußen am Bordstein auf Dustins Vater, mit zerrissenen Shirtkragen, blutig und zerschrammt, die grüne Farbe hatte sich aus unseren Haaren gelöst und lief über unsere Gesichter, wir hatten in die Zukunft geschaut. „Wir sollten unsere eigene Punkband gründen!“, sagte ich.

Punk war das perfekte Ventil für einen jungen Außenseiter aus Naples. Die Stadt wurde hauptsächlich beherrscht von Tourist:innen und reichen, weißen, älteren Menschen. Von ihnen kamen die Steuereinnahmen und an sie richteten sich die städtischen Dienstleistungen. Die Jugend wurde im besten Falle einfach ignoriert. Es gab nichts, wohin man gehen konnte, und sowieso gab es nichts zu tun, außer zum Schwimmen zu an den Strand zu fahren – und ich hasste den Strand.
Nachdem Tami und ich Schluss gemacht hatten, fing ich an, mich mit einem Mädchen namens Jenn zu treffen. Ich verpfändete die Mickey Mantle-Baseballkarte, die mein Vater mir geschenkt hatte, um Busfahrkarten raus aus der Stadt für uns zu kaufen. Wir schafften es nur bis zur Greyhound-Station in Fort Myers, der nächsten Stadt nördlich der Interstate 75, bevor wir vom Sheriff aufgegriffen wurden. Meine Mutter hatte mich als vermisst gemeldet, nachdem sie mittags unerwartet von der Arbeit nach Hause gekommen war und den Abschiedsbrief gefunden hatte, den ich auf dem Küchentisch für sie hinterlassen hatte. Danach hatten wir beide wochenlang Hausarrest. Ich fühlte mich gefangen und dachte, dass ich Naples niemals lebend verlassen würde.

Punkrock war der erlösende Weg, sich gegen die Engstirnigkeit der Stadt und ihrer Bewohner zu wehren – die Arschloch-Sportskanonen in der Schule, die mich verprügelten und als Schwuchtel bezeichneten, eine Kirche und ein Gott, die mich abwiesen und meine Seele verdammten, und Lehrer:innen, die danach trachteten, meine Individualität auszulöschen. Es war zuerst der Nihilismus und die selbstzerstörerische Natur des Punkrock, was mich anzog. Live fast, die young! Dann, mit fünfzehn, genau am 4. Juli, änderte sich meine Perspektive. Der gesellschaftliche, der politische Aspekt von Punk, den ich bisher nur theoretisch kannte, wurde auf einmal real.

Ich war ein dürrer, wie Sid Vicious aussehender Jugendlicher. Ich wog nicht mal fünfzig Kilo, aber war ein dreckiger, stinkender Ärger-Magnet, der gerne sein Maul aufriss. Und dann riss ich mein Maul am falschen Tag vor den falschen Cops auf. Ich schlenderte gerade die Strandpromenade entlang und hielt Ausschau nach ein paar bekannten Gesichtern, als ich eine Stimme hinter mir hörte, die vor Autorität nur so strotzte: „Zeit, zu verschwinden, Kleiner!“ Ich drehte mich um und bemerkte zwei Bullen, einen männlichen und einen weiblichen. Der, der das gesagt hatte, sah aus wie das Ebenbild von Erik Estrada aus der Fernsehserie „CHiPs“ – die gleiche Frisur, die gleiche silberne Pilotensonnenbrille, seinen Daumen in der Gürtelschnalle eingeklemmt, nahe seiner Waffe, und mit der anderen Hand auf mich deutend, während er Befehle rumbrüllte. Ich ignorierte das und bahnte mir weiter einen Weg durch die Menge aus rot, weiß und blau gekleideten patriotischen Familien, immer noch auf der Suche nach meinen Leuten.
„Ich hab’s dir schon einmal gesagt, Kleiner, Zeit zu verschwinden!“, bellte er, als er mich ein weiteres Mal entdeckte. Bevor ich überhaupt irgendetwas erwidern konnte, wurden meine Arme hinter meinem Rücken verschränkt. Ich wurde an den Schultern hinter sein Collier County-Polizeiauto gezerrt, das den ganzen Tag lang in der Sommersonne gestanden hatte und entsprechend heiß wie eine Bratpfanne war, und mit dem Gesicht voran auf den Kofferraumdeckel geschleudert. Ich versuchte immer wieder von dem glühend heißen Metall wegzukommen, wurde aber jedes Mal wieder darauf zurückgeschleudert. Beide Cops drückten mich runter, rissen meine Beine auseinander und leerten meine Taschen.
„Ihr verdammten Nazischweine, ihr faschistischen Arschlöcher! Für was für eine Scheiße wollt ihr mich verhaften? Fickt euch! Fickt euch!!“, schrie ich. Der Polizeibeamte packte mich hinten an den Haaren und schlug meinen Kopf mehrfach auf den Kofferraum, legte mir Handschellen an, öffnete die Tür des Streifenwagens und schleuderte mich auf die Rückbank, als weitere Cops auftauchten. Er schaute durch das offene Fenster auf mich herab, und ich konnte mein Spiegelbild in seiner Sonnenbrille sehen. „Du kommst in den Knast, du kleiner Wichser!“ Ich sammelte so viel Rotz in meinem Mund, wie ich konnte und spuckte ihm direkt ins Gesicht.
Die Tür wurde wieder aufgerissen und ich wurde herausgezogen. Ich sackte auf die Knie und wurde an den Ellbogen hochgehoben, auf jeder Seite ein Bulle. Mein ganzes Körpergewicht drückte auf meine gefesselten Handgelenke und ich trat mit den Füßen um mich, um zu treffen, was immer ich konnte. Zwei weitere Cops eilten herbei, jeder von ihnen schnappte sich eins meiner Beine. Immer mehr Verstärkung traf ein. Ich wurde um das Auto herum auf die Straße getragen und mit dem Gesicht voran auf den Boden geworfen. Ein Stiefel auf meinem Kopf, ein Knie in meinem Rücken. Meine Fußknöchel wurden an meine Handgelenke gefesselt. So verschnürt und wehrlos gemacht, wurde ich wie ein Koffer hochgehoben und herumgetragen, während sich die Schweine über mein Gezappel lustig machten.

Als wir auf dem Revier ankamen und in dem Gefängniseingangsbereich parkten, öffnete sich die hintere Tür und ich hörte eine Stimme sagen: „Ich werde jetzt deine Knöchel losschneiden. Wenn du mich trittst, mach ich dich fertig.“
Ich saß alleine in einer Zelle und wartete immer noch darauf, dass meine Entlassung bearbeitet wurde, als der Estrada-Doppelgänger hereinkam und sich vor mich hinsetzte. „Sieh dir dieses Gesicht gut an, du kleines Arschloch“, sagte er und zeigte mit dem Finger auf sein selbstgefälliges Grinsen „Sieh es dir gut an und vergiss es nie mehr. Oh ja, du kleiner Scheißer, du bist am Arsch, ich habe dich, du bist fertig. Merk dir dieses Gesicht, so lange du lebst. Ich werde immer hinter dir her sein.“
Stunden später stellte meine Mutter eine Kaution. Am nächsten Tag kam ein Reporter zu uns nach Hause und interviewte mich für einen Artikel, der sich mit der Frage beschäftigte, ob die Polizei bei meiner Verhaftung zu weit gegangen sei und mich zu brutal angefasst hatte. Meine Mutter kratzte all ihre Ersparnisse zusammen und engagierte einen Rechtsbeistand für meine Verteidigung. Ich wurde als Erwachsener wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und Körperverletzung an einem Beamten angeklagt und schließlich wegen beider Straftaten verurteilt. Es kam darauf an, sich entweder auf die Seite eines Mitglieds der Strafverfolgungsbehörde zu stellen oder auf die Seite eines halbwüchsigen Punks – und das Gericht entschied sich für das erstere. Ich kam relativ glimpflich davon mit einem Sommer Hausarrest und 180 Stunden gemeinnütziger Arbeit, die ich freiwillig in der kardiologischen Rehabilitationsabteilung des örtlichen Krankenhauses ableistete.

Als ich wegen der ständigen Drogentests, die ich in meiner Bewährungszeit abgeben musste, wieder etwas nüchterner wurde, merkte ich, dass sich etwas in mir verändert hatte. Plötzlich waren die Pimmel- und Furzwitze in den NOFX-Songs, die ich lieben gelernt hatte, nicht mehr so lustig. Punk war für mich jetzt mehr als Iros und Patches. Ich war stinkwütend. Meine Verhaftung und Verurteilung waren ein Katalysator, der meinen jugendlichen Geist politisierte, mir neue Gedankenwelten eröffnete und eine anarchistische Haltung näherbrachte. Ich hatte aus erster Hand erfahren, wie das System funktionierte, und ich wusste, dass ich nichts damit zu tun haben wollte. Je mehr ich hinschaute, desto mehr erkannte ich, dass überall um mich herum Unterdrückung und Ungleichheit herrschten.

Meine Mutter heiratete wieder. Er war ein freundlicher, trotteliger Kerl, der das genaue Gegenteil von meinem Vater war, und ich machte ihnen das Leben zur Hölle. Das war natürlich nichts Neues für meine Mutter. Wie schon als kleines Kind war ich immer noch „Tom, Tom, the Atom Bomb!“ Zu meiner Anklage wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt gesellten sich weitere für gewaltfreien Widerstand, Besitz von Gras, Tragen einer Waffe (einer dicken Fahrradkette, falls jemand versuchte, mir Ärger zu machen) sowie die üblichen Festnahmen durch die Mall-Securities am Freitagabend. Aber meine Mama war immer da, um mich rauszuholen, und ich war blieb ein undankbarer kleiner Scheißer.
Sie half mir sogar, ein Auto zu kaufen, sobald ich meinen Führerschein hatte, einen 1976er Buick LeSabre. Kurz darauf fuhr ich eines Nachts mit ein paar Leuten herum und geriet in ein Rennen mit ein paar Footballspielern in einem roten Mazda MX-5, der dem 5.7-Liter-V8 unter der Motorhaube des Buick nicht gewachsen war. Nachdem ich sie seitlich in einen Graben gedrängt hatte, dachte ich, ich hätte sie abgehängt, aber sie folgten mir bis zu unserem Haus. Ich hatte damals eine Machete unter meinem Autositz deponiert, ohne zu wissen, wofür ich sie mal brauchen könnte. Ich schnappte sie mir, stieg aus und schlug damit auf ihre Motorhaube ein. Die Türen flogen auf und sie gingen auf mich los. Sie hatten erkannt, dass ich nur bluffte und sie bestimmt nicht mit einer Machete abschlachten würde. Meine Freund:innen rannten in Richtung Haustür, also rannte ich ihnen hinterher.
Der Lärm hatte inzwischen meine Mutter aufgeweckt, die stand jetzt, einen Baseballschläger schwingend, auf dem Rasen vor unserem Haus, um meine Angreifer zu vertreiben. Alle schrieen sich gegenseitig an, bis meine Mutter plötzlich erstarrte, sich an ihre Brust packte und auf die Knie sank. Die Kerle waren so schockiert davon, dass sie wieder in ihr Auto sprangen und davonrasten. Mein Stiefvater und ich brachten sie in die Notaufnahme. Der Arzt nannte uns die Diagnose, es war ein stressbedingter Herzinfarkt. Ich habe meiner Mutter im wahrsten Sinne des Wortes einen Herzinfarkt beschert.
Danach entwickelte sie entspanntere Ansichten zu meinen Trinkgewohnheiten und sagte mir, wenn ich schon unbedingt saufen müsste, würde sie es vorziehen, wenn ich es zu Hause tun würde, damit ich nicht ständig in Prügeleien gerate oder doch noch im Gefängnis lande. Mein Zimmer, das einen separaten Eingang hatte, wurde zum Treffpunkt für meinen gesamten Freundeskreis.

1997 war ich sechzehn, fast siebzehn Jahre alt und tauchte tief ein in die englische Peace-Punk-Szene – THE MOB, ZOUNDS, POISON GIRLS und natürlich CRASS, die bis heute meine Lieblingsband sind. Außerdem war ich ein Fan von Profane Existence, einem in Minneapolis ansässigen Anarchopunk-Kollektiv, das kleinere politische Punkbands wie MAN AFRAID, CIVIL DISOBEDIENCE, DESTROY und STATE OF FEAR veröffentlichte. Ich ging zu Konzerten, las Fanzines und sammelte Platten.
Mein Interesse an diesen Bands hatte genauso viel mit ihrem Sound und ihrem Aussehen zu tun wie mit ihrem DIY-Ethos und ihrer anarchistischen Philosophie. Es ging ihnen nicht um Geld. Sie wollten Revolution und Freiheit und machten Musik als Akt des politischen Protests. Diese Bands wollten ihr Publikum stärken. Ich las ihre Texte und wie sie wollte ich alles für meine Ideale einsetzen. Scheiß MTV und scheiß Majorlabels. Scheiß kommerzielle Kunst. Scheiß auf das ganze kapitalistische System! Ich wollte mit all dem nichts mehr zu tun haben. All diese neu entdeckten Schallplatten und Kassetten ließen mich Musik auf eine Weise sehen, wie ich sie noch nie zuvor gesehen hatte.

Ich hatte hier und da ein paar Erfahrungen mit Bands gesammelt. Dustin hatte eine Gitarre und einen Keller, in dem wir proben konnten – aufgrund des hohen Grundwasserspiegels eine Seltenheit in Florida – und meine Mutter hatte mir zu meinem Geburtstag einen Fender P-Bass in einem Pfandhaus gekauft. Wir gründeten eine Band namens THE ADVERSARIES, die ihre größte Show außerhalb Naples in Gainesville, Florida im Hardback spielte, einer legendären Punk-Kneipe, die wenige Monate später schließen musste. Nachdem sich THE ADVERSARIES aufgelöst hatten, spielte ich Bass in einer Grindcore-Band namens COMMON AFFLICTION, was eigentlich nur eine Ausrede dafür war, mit Freund:innen Tacos zu essen.
Diese Bands waren immer nur dazu da, um Spaß zu haben und sie sollten nirgendwo hinführen. Aber ich wollte das Schreiben von Musik ernster nehmen. Mir wurde klar, dass ich es einfach selbst in die Hand nehmen musste, da es niemand anderes für mich tun würde. Also habe ich mir ein einfaches Ziel gesetzt: Ich würde zehn Songs schreiben und aufnehmen.

Zu dieser Zeit hatte ich keine E-Gitarre. Wenn ich mich richtig erinnere, hatte ich sie bei meinem alten Schlagzeuger gegen Gras eingetauscht. Also nahm ich die Songs in meinem Zimmer mit meiner Akustikgitarre und einem E-Bass und einigen Mikrofonen, die ich geklaut hatte, mit einem Vierspurgerät auf, das meine Mutter mir überlassen hatte. Ich habe auch das Cover der Kassette selbst gemacht: eine Collage, die einen vietnamesischen Kriegsgefangenen zeigte, dessen Arme hinter seinem Rücken gefesselt sind. Oben kritzelte ich zwei Wörter hin, die meine jugendliche Angst einfingen; Worte, die mich die nächsten zwei Jahrzehnte meines Lebens begleiten sollten; Worte, die den Anfang meiner Musikkarriere markieren und untrennbar mit meinem eigenen Namen verbunden sein sollten. Ich nannte die Aufnahmen „Against Me!“.