Patrick Kindlon aus L.A. ist ein wirklich vielseitiger Kerl. Als Sänger bei DRUG CHURCH oder SELF DEFENSE FAMILY ist er bekannt für seine unterhaltsamen Ansagen bei Konzerten, er hat sich aber auch als Comicbuch-Autor einen Namen gemacht. Und man muss sagen, er ist wirklich der dankbarste Interviewpartner, den man sich wünschen kann. In unserem Gespräch gewährt er sehr interessante Einblicke in seine Kreativprozesse, was uns eine Vorstellung davon vermittelt, wie das neue DRUG CHURCH-Album „Cheer“, das im November rauskommt, entstanden ist.
Es gibt so viele Gründe, die dagegen sprechen, in einer tourenden Band zu spielen. Warum machst du es dennoch?
Irgendwas stimmt mit mir nicht. Zum Wohle meiner Beziehung habe ich ein angenehmes Bett. Das Haus sieht auch nett aus. Wenn ich Single wäre, würde ich auf einer kleinen Matte schlafen und abgesehen von einem Schreibtisch gäbe es nichts in meinem Haus. Ich lege eben nicht so super viel Wert auf Komfort. Ich schätze eine warme Mahlzeit und vermeide es, nasse Socken zu haben. Und es gibt durchaus noch ein paar andere Annehmlichkeiten, die mir wichtig sind. Zum Glück schlafe ich ziemlich gut in Vans und kriege kein Heimweh. Das macht das Touren einfacher für mich als für andere Leute. Vielleicht ist das nur die Beschreibung, wie ich toure ... Warum ich es mache, liegt vermutlich an meiner altmodischen Denkweise: Bands touren, weil Live-Musik erfüllend ist und es die Möglichkeit bietet, viele verschiedene Orte zu besuchen, der beste Weg, um bekannter zu werden. Aber so läuft es heutzutage eindeutig nicht mehr. Ich stecke nur in diesem alten Modell fest, weil das Dinge sind, die ich liebe.
Zwei Bands und Comics. Ist das das Leben, von dem du als Kind geträumt hast?
Ja. Ich habe mir im Gesamten mehr Geld vorgestellt, aber davon abgesehen entspricht es ziemlich genau dem, was ich mir vorgestellt habe.
Was motiviert dich am meisten, neue Musik zu schreiben?
Ich weiß es nicht genau. In einigen Dingen bist du anfangs schlecht und es gibt immer wieder Rückschläge. Irgendwann wendest du dich schließlich anderen Interessen zu. Andere Dinge sprechen dich so an, dass du bereit bist, so lange schlecht darin zu sein, wie notwendig ist, um besser zu werden. Musik ist genau das für mich. Ich weiß nicht, warum mir das so gut gefällt. Ich war nicht besonders gut, als ich anfing, und bin jetzt nur nominell besser. Ich kann nicht wirklich erklären, warum man bei etwas bleibt, bei dem man ein so geringes Wachstum sieht.
Was ist deine hauptsächliche Inspiration für das Schreiben von Texten?
Bei DRUG CHURCH dreht sich alles um das, was wir hier als „unseren Kleinscheiß“ bezeichnen. Geschichten, Situationen oder Klatsch aus dem normalen Leben. Provinzielle Bedenken. Wenn dennoch große Themen angesprochen werden, geht es um die schmalste, möglichst solipsistische Betrachtung [Philosophische These, nach der nur das eigene Ich existiert, Anm. d. Red.] von außen.
Was gefällt dir am meisten an „Cheer“?
Es ist einfach Musik zum Stagediven, die großartig klingt und zugänglich ist, ohne stumpf zu sein. Ich denke, es ist perfekt in dem, was es versucht zu sein. Und das ist ein besonderes Merkmal dieses Albums.
Um ehrlich zu sein, genieße ich es wirklich, dir zu zuhören, wenn du live zwischen den Songs anfängst zu erzählen. Hast du jemals darüber nachgedacht, deine Bühnengedanken aufzuschreiben?
Ich habe Anfragen von kleinen Labels bekommen, eine Seven Inch mit meinem Zwischenliedgeplänkel zu machen. Aber ich hätte Skrupel, jemanden Geld für etwas so Frivoles ausgeben zu lassen. Vielleicht wenn ich mir die Hüfte breche und nicht mehr touren kann, bekommst du eine Comedy-Platte von mir zu hören.
Hast du jemals deine Begeisterung für Comics mit deiner Liebe zur Musik kombiniert?
Ich prüfe momentan ein paar Angebote dieser Art. Ich habe so was in der Vergangenheit immer abgelehnt, weil ich die beiden Leidenschaften gerne getrennt halte. Aber ich habe jetzt genug eigenständige Credits in der Comic-Szene und genügend Respekt, dass ich anfangen könnte, es mit Musik zu verbinden. Wenn du zwei Sachen verfolgst, möchtest du nie, dass die Leute denken, du würdest in einer von beiden nur Urlaub machen und dich ausruhen. Du willst ernst genommen werden.
Wenn man deine Arbeit sieht, bekommt man das Gefühl, deine Kreativität sei ein unerschöpflicher Quell. Kommt sie jemals zum Stillstand?
Sicher. Aber wenn dir bei großen Ideen die Luft ausgeht, findest du immer Möglichkeiten, in den Details kreativ zu werden. Bei der Musik konzentriere ich mich auf Rock-Songs. Das ist alles. Gitarre, Bass, Schlagzeug, Gesang, die zusammen dreiminütige Songs spielen. Es ist keine Raketenwissenschaft. Neue Genres zu entwickeln, das wäre ein gewaltiger kreativer Prozess. Aber kreative Details zu einem bestehenden System hinzufügen? Ich glaube, wir alle können so was machen.
Wann können eure deutschen Fans DRUG CHURCH wieder willkommen heißen?
Sehr bald im nächsten Jahr. Im Februar, glaube ich. Es gibt ein paar Termine in Europa, allerdings hauptsächlich eine kleine Headliner-Tour in Großbritannien. Aber wenn ihr uns vermisst, sehen wir uns spätestens im Sommer wieder. Wir spielen echt gern in Deutschland, also werden wir alles daran setzen, ein paar Mal vorbeizuschauen, wenn wir mit dem neuen Album unterwegs sind.
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