CHEFDENKER

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Punkrock in ... Köln

2.000 Jahre alt, am Rhein gelegen, mit knapp einer Million Einwohnern viertgrößte Stadt Deutschlands und im Sommer einen ganz besonderen Geruch ausströmend, hatte Köln zu Beginn des deutschen Punkrocks außer COTZBROCKEN und Herbert Egoldts Soon-to-be-Nazi-Label Rock-O-Rama nicht viel zu bieten (und das saß sogar bloß im an Köln angrenzenden Brühl). Heute hat Köln neben der Konzertkneipe Sonic Ballroom (ja, da gibt’s auch noch andere) und einigen mehr oder minder aktiven Bands vor allem CHEFDENKER vorzuweisen, deren neues und viertes Album „Römisch vier“ abermals als Bindeglied zwischen Punkrock und folkloristischem Brauchtum fungiert und deren Sänger, Gitarrist und Texter Claus Lüer hier Fragen über seine Stadt beantwortet.

Stammst du aus Köln?

Ich komme aus Köln-Mülheim, spreche allerdings fließend Bayrisch, da ich bei einer Nussdorfer Pflegetante aufgewachsen bin.

Warum lebst du in Köln?

Wejen Flönz un Ääpelschloot.

Was macht Köln so besonders?

Die geilen Schlägereien an Karneval, ein trostloser Fußballverein, einstürzende Stadtarchive, schlechte Ampelschaltungen im Berufsverkehr, Bongo-Amateure am Aachener Weiher, Sauftouristen am Brüsseler Platz und auf der Zülpicher Straße, peinliche Junggesellenabschiede in der Altstadt usw.

Würdest du auch woanders leben wollen?

Jau, in Duisburg. Massenpanik bei einer Hupenveranstaltung – damit hat sich die europäische Kulturhauptstadt unsterblich gemacht.

Was kann man wo in Köln erleben?

An Karneval kann man zum Beispiel überraschend Mutter werden, ohne den Vater zu kennen. Et hätt – nämlich eben nicht – noch immer joot jejange.

Wie hoch ist der „Szene-Faktor“?

Es gibt eine krasse Leergutpiratenszene entlang der Zülpicher Straße und den Ringen. Sobald deine Bierflasche den Boden berührt, hast du jeglichen Anspruch auf Pfand verwirkt. Egal, ob die Flasche voll oder leer ist. Also Szenefaktor 10 auf einer Skala von 1 bis 10.

Wie sieht es mit Kultur in Köln aus? Welche beachtenswerten Bands, Clubs und Kneipen gibt es?

Geile Bands gibt es leider nur sechs Stück in Kölle: BAP, DE HÖHNER, BRINGS, Marie Luise Nikuta, DE PAVEIER und KNOCHENFABRIK. Kultur gibt’s an jeder Straßenecke: Römische Mauern, Karnevalssitzungen und ein Opernhaus mit zu trockenem Sound. Ach, und fast hätte ich’s vergessen: Das Museum Ludwig zeigt demnächst eine Sonderausstellung mit Malereien der australischen Aborigines. Für Clubbing bin ich eigentlich zu alt. Außer vielleicht für Ü40-Partys, zum Beispiel im „just in“ in Bickendorf. Da war ich zwar noch nie, werde aber gleich mal einen Tisch reservieren. Kneipen hat’s wie Sand am Meer. Für einen schnellen Fick empfehle ich den Studenten-Ballermann – jede beliebige Kneipe auf der Zülpicher Straße. Für gepflegte Stammtischlebensweisheiten gibt’s die Kölner Altstadt. Schnurrbärte und Köln-Düsseldorf-Witze am Fließband.

Hätte es CHEFDENKER auch ohne Köln geben können, wie wichtig ist die Stadt für Musik und Texte?

Um Kölner Proberaummieten bezahlen zu können, muss man sich schon einiges einfallen lassen. Zum Beispiel Urinflaschen mit Bandlogo verkaufen. Köln ist in gewisser Weise wie New York – if you can bezahlen the Proberaummiete here then you can bezahlen it everywhere. Da kann man noch so viel saufen bei der Probe, das Leergut alleine reicht gerade mal für die Nebenkosten. CHEFDENKER sind ja nur deshalb so geil, weil sie viele CDs verkaufen müssen, um nicht draufzuzahlen.

Du kommst mit der Band weit rum, sind Konzerte in Köln dennoch etwas Besonderes?

Ja, es fragen ca. 90 Leute nach Gästelistenplätzen.