VELVET UNDERGROUND

White Light/White Heat – 45th Anniversary Edition

Wie wichtig eine Band ist, offenbart sich manchmal erst auf den zweiten Blick: Der Einfluss von VELVET UNDERGROUND auf den progressiveren Teil der Punk-Bewegung, auf Indierock, ist so umfassend, dass man beim Hören ihres zweiten Albums „White Light/White Heat“, das 1968 erschien, nur ein Jahr nach dem titellosen Debüt mit dem legendären Bananencover, beinahe enttäuscht ist: so vertraut und beinahe gegenwärtig klingt es, dass man eben erst mit etwas Reflexion erkennt, dass so viele Bands sich bis heute an diesen beiden Pionierwerken bedient haben, dass das Original darunter beinahe verschwindet.

Das Album entstand ein Jahr nach dem Debüt, ohne den prägenden Co-Gesang von Nico, in der Besetzung Lou Reed, John Cale, Sterling Morrison und Maureen Tucker, ohne die Unterstützung ihres Förderers Warhol.

Zur damaligen Zeit war das Debüt, das später zum Kultalbum wurde, eine kommerzielle Enttäuschung, und auch „White Light/White Heat“ erging es zunächst nicht besser, entschied sich die Band doch, (fast) alles dafür zu tun, was den damaligen Erwartungen an Popmusik widersprach – mit einer knapp 18-minütigen noisigen Improvisation wie „Sister Ray“ (kein Zufall, dass SONIC YOUTH später ein Album so nannten) in Anlehnung an die lärmigen Auftritte war eben im damaligen Musikgeschäft kein Staat zu machen.

Die Anerkennung, die Wertschätzung, das Zitieren kam erst ein Jahrzehnt später. Zum 45. Release-Jubiläum des Albums erschien nun diese Deluxe-Box, an deren Vorbereitung sowohl John Cale wie kurz vor seinem Tod auch noch Lou Reed beteiligt war.

Enthalten sind sowohl die Stereo- wie die Mono-Version des Albums (damals waren Stereo-Platten noch etwas Besonderes, in typischen Jugendzimmern standen nur simple Mono-Plattenspieler und -Radios), und ergänzt werden diese jeweils durch teils unveröffentlichte Bonusstücke, etwa eine frühe Version von „Beginning to see the light“.

Auf der dritten CD findet sich der bislang unveröffentlichte Mitschnitt eines Konzertes, das VELVET UNDERGROUND am 30.04.1967 in New York spielten, inklusive „I’m waiting for the man“ und „Run run run“.

Das alles wird ergänzt durch ein dickes Hardcover-Buch im annähernden A4-Querformat, mit Linernotes des US-Musikjournalisten David Fricke, Zitaten der Musiker (Lou Reed über dieses Album: „No one listened to it.

But there it is, forever – the quintessence of articulated punk. And no one goes near it.“) sowie viel Bildmaterial, etwa Plattencover, die Reproduktion des Laufzettels der Tonbandaufnahmen, Konzertflyer und -karten, Rechnungen, Pressefotos und vieles mehr.

Eine sehr gelungene Neuauflage eines Klassikers.