Wenn es um Rabaukentum im Garage-Punk geht, sind die BLACK LIPS die Nummer eins. Das Quartett aus Atlanta, Georgia macht seit langen Jahren mit wüsten Bühnenperformances von sich reden. Früher stand das exzentrische Bühnengebaren, also öffentliches Urinieren, Erbrechen, Exhibitionismus und Brandstiftung mehr im Vordergrund als die seinerzeit zugegebenermaßen musikalisch recht dürftigen Darbietungen.
Booker und Clubbesitzer fürchteten und liebten die Lips gleichermaßen. Ihr amateurhafter Minimal-Garage-Punk zeigte dieselbe Verweigerungshaltung wie seinerzeit die „Back From The Grave“-Bands, oder, Jahrzehnte später, die Budget-Punk-Welle, also MUMMIES, SUPERCHARGER oder TRASHWOMEN.
Nun gibt es die Band aber seit 15 Jahren, und man muss ihnen anerkennend bescheinigen, dass sie den Fokus mehr und mehr vom „Rüpelrock“ wegbewegen, spielerisch und songschreiberisch deutlich Fortschritte machen.
Gegründet 1999, veröffentlichte die Band 2003/4 zwei hervorragende Dilettantenalben auf dem legendären Bomp!-Label, wechselte zu In The Red, bevor sie 2007 eine bis heute anhaltende Geschäftsbeziehung mit Vice begannen.
In dieser Zeit erspielte sich die Band eine ganz enorme Fanbasis. Plattenverkäufe laufen in dem Genre ja per se eher schleppend, aber über 120.000 Facebook-„Likes“ sprechen eine deutliche Sprache.
Zugutehalten muss man den BLACK LIPS jedenfalls, frischen Wind in ein Genre geblasen zu haben, das bisweilen den Reiz von Retro-Modenschau und Technikmuseum versprüht. Der unbedarfte LoFi-Sound der BLACK LIPS hat eine ganze Armada von ähnlich gestrickten Combos auf den Plan gerufen, Labels wie Slovenly, Bachelor oder selbst Voodoo Rhythm haben davon eine ganze Latte im Angebot.
Mit „Underneath The Rainbow“ hat die Band erneut einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht. Den Weg des erfreulichen „Arabia Mountain“-Albums gehen sie konsequent weiter, immer mehr mogeln sich Pop-orientierte Kompositionen unter die altbekannten Punk-Smasher, die natürlich immer noch einen Großteil der Platte ausmachen.
Vom Opener „Drive-by buddy“, der arg an frühe ROLLING STONES-Hits wie „19th nervous breakdown“ erinnert, geht die Reise weiter, zunächst überraschenderweise in BEATLES-Terrain, das powerpoppige „Smiling“ ist vermutlich das Eingängigste, was Jared, Cole, Ian und Joe jemals aufgenommen haben.
Apropos, gerne hätten die BLACK LIPS das Album von Phil Spector produzieren lassen, doch der antwortete erst gar nicht auf die Anfrage. Also nahm man mit DAP KINGS- und Cee-Lo Green-Producer Tommy Brenneck einen Großteil auf.
BLACK KEYS-Drummer Pat Carney half bei weiteren Songs an den Reglern aus, ebenso der langjährige Aufnahmeleiter Ed Rawls. Den Mix, das ist die eigentliche Sensation, fertigte Grammy-Gewinner Jimmy Douglass, besser bekannt für seine Arbeiten mit Pfeifen wie Justin Timberlake oder Snoop Dogg an.
Mit „Underneath The Rainbow“ haben die BLACK LIPS jedenfalls die Messlatte verdammt hoch angelegt, dieses Album ist ein Referenzwerk für zeitgenössischen Garage-Punk.
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