Keine zwei Sekunden, und es ist alles wieder da. Als ob man in Marty McFlys Delorean gestiegen wäre: Die elektronische Uhr am Armaturenbrett auf 1992 gestellt. Den Flux-Kompensator angeschmissen. Losgeheizt.
Und: Boom! FACE TO FACE mitten ins Gesicht! So schön kann das eigentlich blödsinnige und eher auf Klischees und Nostalgie und verklärter Romantik denn auf nachvollziehbaren Gründen basierende Gefühl des „Früher war alles besser“ sein.
„Protection“ wurde angekündigt als Rückkehr in die Vergangenheit. Als Rückbesinnung auf die in einem solchen Zusammenhang stets sehr gerne und ausführlich zitierten alten Stärken. Als „Back to the roots“-Platte.
Kurzum: FACE TO FACE und ihr neues altes Label Fat Wreck hatten den Mund ganz schön voll genommen im Vorfeld. Die Erwartungen geschürt. Und das Risiko des Scheiterns damit nicht eben gerade minimiert.
Und dann, wie gesagt: Keine zwei Sekunden ... „Protection“ knüpft ebenso konsequent wie großartig wie nahtlos wie die Zeit ignorierend an „Don’t Turn Away“ an, das Debütalbum dieser Band aus Kalifornien, das 1992 von der Welt da draußen kaum wahrgenommen worden war und das doch für viele das Paradestück des neuen Westcoast-Sounds war.
Das Szene-Referenzalbum des Punk-Revival quasi. Szene, weil die Masse ja zwei Jahre später „Dookie“ von GREEN DAY hörte und irrtümlicherweise dachte, dass damit alles begonnen hätte. Man kann keinen einzelnen Song herauspicken, um die Rasanz, Dringlichkeit und Großartigkeit dieser Platte aufzuzeigen.
Denn jedes dieser elf Stück ist rasant, dringlich, großartig und hält die Trademarks dieser Band parat: den schnell vorwärts stolpernden Bass, der sich immer selber zu überholen droht und der doch immer sekundengenau sitzt, ohne reines Noten-Nachgeschrammel auskommt und nach einer beinahe jazzigen Fingerfertigkeit klingt.
Die Gitarren-Hooks, die dem Punkrock dieser Band einen Charakter von Ästhetik verleihen, der bei anderen Combos im Rausch von Tempo und Lautstärke und „Hauptsache, es kracht!“ untergeht. Die Breaks, die diese Melodiebögen zwar durchschneiden, aber das stets so tun, als glitte ein warmes Messer durch weiche Butter.
Der Gesang des Frontmanns, Trever Keith, der seltsamerweise schreien kann, ohne dabei so zu klingen, als schreie er. Kurzum: „Protection“ klingt rund, homogen und wie aus einem Guss. Wie geschmolzene Schokolade, die man einem Schokoladen-Freak über den Kopf gießt.
Wie eine warme Dusche an bitterkalten Tagen oder eine eiskalte Dusche im Hochsommer, sprich: Man hat „Protection“ bitter nötig. Natürlich waren FACE TO FACE immer gut. Auch in den Jahren zwischen damals und heute.
Aber „Protection“ hört sich nach einer Band an, die altersweise ist und nach Jahren des Ausprobierens wieder in der Heimat angekommen ist. Die Besinnung auf eigene Stärken ist eine Gabe. FACE TO FACE besitzen sie.
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