BAD BRAINS

Into The Future

2007 erschien mit „Build A Nation“ das letzte BAD BRAINS-Album, und ich resümierte dazu, den ganzen, in der jamaikanischen Heimat auch mal homophob ausgeprägten quasireligiösen Rasta-Quatsch, dem die Band von jeher anhängt, im Hinterkopf: „[Es] ist, allen ideologischen Ballast mal außen vor lassend, ein knackig produziertes Album, auf dem die Mehrzahl der 14 Songs in der Tradition der Songs auf ,I Against I‘ und ,Quickness‘ stehen, wo die kickenden, im Hardcore wurzelnden Songs in der Überzahl sind, und die Reggaenummern sind so smooth und groovy, wie man sich das nur wünschen kann.

So gesehen also ein durch und durch respektables Spätwerk.“ Genau diese Einschätzung trifft fünf Jahren später auch auf „Into The Future“ zu. Erneut haben die 1977 in Washington, D.C. gegründeten und später nach New York übersiedelten Erfinder des Reggae-Rasta-Hardcores im Line-up H.R., Darryl Jenifer, Dr.

Know und Earl Hudson ein Album aufgenommen, das zwar nicht das Potential hat, ihre Klassiker-Alben „Bad Brains“ (1982) und „Rock For Light“ (1983) zu toppen – davon war auch nicht auszugehen –, aber sich durchaus achtsam schlägt.

Kein Album der Art, die keiner braucht, der die Band mal liebte, sondern eines, das man mögen kann, wenn man die Band wirklich liebt. Immer wieder hat man hier Déjà-vu-Erlebnisse, „Earnest love“ mit seinem markanten, wundervoll straighten Gitarrenriff erinnert sicher nicht zufällig schon vom Titel her an „Sacred love“, auch bei „Youth of today“ oder „Yes“ gibt es diesen „Moment, das ist doch ...“-Moment – und nein, ist es nicht, die BAD BRAINS zitieren sich einfach sehr gut selbst und konzentrieren sich dabei auf die zweite Hälfte der Achtziger, auf „I Against I“ (1986) und „Quickness“ (1989).

Damals hatten sie den brutalen, rücksichtslosen Hardcore, der ihren legendären Ruf begründete, bereits in den Hintergrund gerückt und durch eine ureigene verschärfte Rock-Variante ersetzt, wobei der Sound in den Neunzigern dann immer weiter verwässert wurde – der Crossover-Hype jener Jahre hatte seine Miterfinder abgehängt.

„Into The Future“ bietet über die Distanz von 13 Songs das komplette Stil-Programm, das die BAD BRAINS von jeher bedienen: vom Dub/Reggae des der Götzenverehrung dienenden „Jah love“ bis zur straighten Rocknummer à la „Earnest love“, und auch die in allen Phasen immer wieder mal durchbrechende Vergangenheit als Jazzband – 1975 machte man als MIND POWER noch genau diesen Sound – bricht mal durch, siehe „Make a joyful noise“.

Und dann ist da noch der smoothe, bedächtige Rausschmeißer „MCA dub“, ein Song, den sie ihrem im Mai 2012 verstorbenen Freund Adam „MCA“ Yauch von den BEASTIE BOYS widmen, der das Vorgängeralbum produziert hatte.

Den Produzentenjob übernahm diesmal in Personalunion Bassist Darryl Jenifer. Das Cover von „Into The Future“ stammt übrigens von Shepard Fairey, dem neben Banksy Streetart-Künstler, der ansonsten eher Titelseiten für das Time Magazine oder Poster für den Wahlkampf von Obama (2008) designt.

Allerdings hat er auch eine Skatepunk-Vergangenheit, ist erklärter BAD BRAINS-Fan – und so kam es zu diesem Plattencover.