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HOT WATER MUSIC

Feel The Void

Das „Gute alte Bekannte“-Prinzip: Man verliert sich eine Weile aus den Augen, beim Wiedersehen ist das aber schnell vergessen. Mal ehrlich, wie oft haben wir in den letzten Jahren eine HOT WATER MUSIC-Platte gehört? Eher selten. Es erscheinen ja ständig gute neue Platten, zwischendurch hört man mal den einen oder anderen Klassiker, aber nur wenige von uns sind wohl solche Hardcore-Fans einer Band, dass deren Platten zum täglichen Ritual geworden sind. Ergo gerät so eine Band etwas aus dem Fokus, bis es heißt: Neue Platte! „Light It Up“, das letzte Album der Legende (ja!) aus Gainesville, ist tatsächlich schon von 2017. Als Anfang November 2021 dann „Killing time“ erschien, die erste Single aus „ Feel The Void“, dauerte es dann aber dennoch – bei mir – nur ca. 23 Sekunden (handgestoppt!), bis der Gesang einsetzte, die vertrauten Gitarren losgelegt hatten und ich wusste: Ja! HOT WATER MUSIC! Ich mag die immer noch! Irgendwas triggern diese „dual vocals“ bei mir, rough und melodiös zugleich, getrieben von diesen große Harmoniebögen in den Himmel malenden Gitarren. Die Erinnerung an glücklichen Konzertabende, als wir mit ein paar Bier intus vor der Bühne standen und die Songs mitgrölten, reflexhaft die Hand in der Luft. Kitsch? Nein, Glück. Begeisterung. Wie sie nur wenige Bands auslösen können. Zum Glück haben HOT WATER MUSIC seit ihrer ersten Berührung mit dem europäischen Kontinent und den Punk-Fans da vor rund 25 Jahren nie diese Begeisterungsfähigkeit eingebüßt, und mit ihrem neunten Album „Feel The Void“, in den USA auf Equal Vision erschienen, in Europa auf dem End Hits-Label ihres Freundes Oise Ronsberger, polieren sie ihre altbekannten Qualitäten neu auf, im Line-up ergänzt um Chris Cresswell von THE FLATLINERS, der als Back-up von Chris Wollard dient, dem wohl zwischenzeitlich psychisch das zugestoßen war, was der Albumtitel ausdruckt: die Leere spüren ... Mit „Killing time“ war die altbekannte hymnische Tonalität auch für das neue Album gesetzt, mit dem Opener „Another breath“ ist gleich ein weiterer neuer Klassiker entstanden, der mich genauso überzeugend abholt wie der Titelsong „Feel the void“, für mich wohl das Album-Highlight. Ein Geheimtipp hier ist „Turn the dial“ mit Chris Cresswell am Mikro – anders, „neuer“ klingen HWM hier, als „one off“ ist das okay, aber nein, so sollten die nicht durchgängig klingen. Mit anderen Songs wie dem fast schon balladesken „Habitual“ oder dem euphorischen „Scratch on“ machen sie dann wieder alles klar. Zwölf Songs und locker die Hälfte klingt schon beim zweiten Durchlauf so vertraut, dass man diesen seltsamen Glanz in den Augen bekommt. Alles richtig gemacht, HOT WATER MUSIC und Brian McTernan (hinter dem Mischpult). Jetzt muss nur noch ganz bald der Oktober 2022 kommen und die gemeinsame Tour mit SAMIAM. Das wird ein Fest!