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KONTROLLE

Grau

„Von der Käsetheke in die Leseecke sind es manchmal nur drei Schritte“ – für solche Zeilen (hier: aus dem Opener „Leseecke“) schätze ich KONTROLLE-Sänger und -Bassist Daniel. Scharf beobachtete Alltagsszenen, mit viel Wortwitz, aber ohne lahmes Gekalauere in Songtexte transformiert, die zudem noch Gesellschaftskritik transportieren, ohne plumpe Slogans zu strapazieren. Daniels dramatisch tiefe Stimme, die aber auch ganz schön gallig intonieren kann, ist ein massiver Pluspunkt des Trios aus Solingen (und Düsseldorf) –eigentlich erstaunlich, dass der schon seit Ewigkeiten mit anderen Bands Musik machte (unter anderem mit Gitarrist und Tastenmann Carsten bei BLANK), aber in Sachen Vocals und Texten nie aus sich raus kam. Nach dem Debüt „Egal“ von 2019 und „Zwei“ von 2021 waren KONTROLLE nun erneut in der Oldenburger Tonmeisterei zu Gast und haben ihren von Anfang an markanten und ganz eigenen Sound weiter geschärft. Da ist zum einen diese Verhaftung in einer Tradition, die – rein zufällig war ihr erstes Konzert überhaupt zusammen mit EA80 – auf düsterem Punk mit deutschen Texten gründet, zum anderen aber der Spaß von Carsten, mit sorgsam eingesetzten elektronischen Sounds zu spielen. So stark wie bei „Hans Dampf in der Krise“ werden sie selten verwendet, zeigen aber auch, dass man sich durchaus diesen Aspekt ausbauende Remixe vorstellen könnte. Hier und anderswo offenbaren KONTROLLE einen so zitierenden wie spielerischen Umgang mit Wave- und Goth-Trademarks, sind aber viel zu smart (und punk), um hier auf überstrapazierte Genre-Klischees zu setzen. Hier offenbart sich, dass KONTROLLE es spätestens mit dem dritten Album geschafft haben, eine völlig unique Band zu sein. Alles hier klingt in erster Linie wie ... KONTROLLE. „Grau“, „Laubbläser“, „Hüttenschnaps“ – man suche sich unter den zwölf Tracks seine Lieblinge aus, aber eigentlich sind alle Songs Solitäre. Markant ist auch diesmal wieder das Artwork, für das – wie die gesamte Band-CI, Shirts inklusive – Drummer Andrew verantwortlich zeichnet. DIY wie aus dem Buche, was das (quasi) vierte Bandmitglied Ralf von Holy Goat Records einschließt.