Es war wohl Taktik: Wenn man für das Landesparlament kandidiert, so wie es D.O.A.-Frontmann Joey „Shithead“ Keithley 2013 bei den Abgeordnetenwahlen des kanadischen Bundesstaates British Columbia tat, dann muss man sich überlegen, wie glaubwürdig man sein will.
Als dauertourender Punkrocker ernsthaft den Auftrag der Wähler der sozialdemokratischen NDP umsetzen, in der Keithley schon mit 19 Mitglied war? Kaum möglich, denn wer so ein Amt annimmt, macht das nicht mal so eben nebenher.
Also kündete Joey 2012 das Ende von D.O.A. an, es gab Abschiedstouren in Nordamerika und Europa, und am 18. Januar 2013 wurde in Vancouver im Rickshaw „the last show“ gespielt. Nun gibt es zwar viele Unterschiede zwischen Musikern und Politikern, aber in einem Punkt machen sich beide gerne den legendären Adenauer-Satz „Was geht mich mein Geschwätz von gestern an?“ zu eigen: Wenn es um den Rücktritt vom Rücktritt geht.
Und so verkündete Joey am 22. September 2014 über die Website seines 1978 gegründeten Labels Sudden Death Records die Rückkehr der Band und eine Kanadatour. Es war also nichts geworden mit der Politikerkarriere, die Keithley durchaus ernsthaft und nicht als Spaßkandidat angegangen war, Klinkenputzen bei potenziellen Wählern inklusive.
Erfahrung darin hatte er ja schon, bereits 1996 und 2001 war er – damals noch für die Green Party, die ihm heute zu bürgerlich geworden ist – ebenfalls für die Regionalparlamentswahlen angetreten.
Und so waren D.O.A. dann doch wieder da, jene Band, die Joey 1978 gegründet hatte und die mit dem in eben diesem Jahr veröffentlichten Album „Hardcore ’81“ jenem neuen, derben Punksound einen Namen gegeben hatten, mit klaren Ansagen zu jener Ausrichtung, wie man später in Joeys Autobiografie „I, Shithead: A Life in Punk“ nachlesen konnte: klar anarchistisch, klar anti-religiös.
Die Katze lässt das Mausen nicht, die drei Kinder sind längst erwachsen – was will man mit 59 zu Hause rumsitzen? Also wird wieder getourt, durch Nordamerika, durch Europa, und mit „Hard Rain Falling“ hat die Band auch ein neues Album am Start, mit allen gewohnten Trademarks: Joeys gurgelnder Grölgesang klingt seit 35 Jahren genau so, seine Gitarre hat was von einem Holzfällerwerkzeug, und, man verzeihe mir, die Songs klingen so simpel und eingängig wie immer, auch wenn Joey das einzig verbliebene Urmitglied ist.
In „Pipeline fever“ wird das umstrittene Ölpipeline-Projekt zwischen Kanada und den USA thematisiert, in „Punk rock hero“ das Balzverhalten junger Männer in unserer Szene, in „The cops shot a kid“ die Polizeigewalt in den USA, und in „Warmonger“ hetzt Joey gegen Kriegshetzer.
Und natürlich dürfen auch zwei Coversongs nicht fehlen: „San Quentin“ von Johnny Cash und „Johnny too bad“ von THE SLICKERS. Ach ja: Joey kandidiert schon wieder – jetzt für die Grünen und das kanadische Parlament ...
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