„What A Time To Be Alive“, ein sarkastisch zweideutiger Albumtitel für zahlreiche klare Ansagen, die man bei aller musikalischen Noisepop-Konstanz in der verbalen Härte seit der SUPERCHUNK-Gründung 1989 noch nicht gehört hat: „Cloud of hate“, „You scare the kids/I hope you die scared“, „The scum, the shame, the fucking lies“. Der passende Ohrwurm zum weiter erstarkenden Protest. Mit positivem Unterton, wie Frontmann und Merge-Label-Betreiber Mac betont.
Mac, du hast in Zusammenarbeit mit Laura das Coverartwork für euer aktuelles Album gestaltet, das auch den Kern des Videoclips zum namensgebenden Track „What a time to be alive“ bildet. Nach all den Jahren scheint ihr immer noch so viel wie möglich in die eigene Hand zum nehmen.
So viel wie möglich, ja. Auch wenn das Artwork für ein Album zusammenzustellen manchmal nur heißt, andere Künstler um die Erlaubnis für die Verwendung eines Gemäldes oder Fotos zu bitten. Allerdings habe ich dieses Mal den Totenkopf-Holzschnitt für das Frontcover komplett selbst gestaltet und Laura hat die Blumen gezeichnet, die in den Totenkopf collagiert wurden. Merge-Designer Daniel Murphy hat dann daraus das animierte Video gebastelt.
Ihr habt auch wieder einige ziemlich exklusive, limitierte Ausgaben am Start. Geht es euch da um die Verknüpfung von Musik und visueller Kunst oder ist das eher ein Versuch, die Leute wieder dazu zu bringen, Tonträger in physischer Form zu kaufen?
Eines der Dinge, die mich an den Labels, die in den Achtzigern unsere Vorbilder für unser eigenes Label Merge waren, fasziniert hat, war die Aura des Selbstgemachten, die die Platten von Teen Beat, K, Sub Pop oder Creation ausstrahlten. Ich denke, das fasziniert die Musikfans da draußen immer noch. Ich bin zwar vollkommen zufrieden damit, eine normale schwarze Vinylversion einer Platte, die ich mag, kaufen zu können, aber ich weiß auf jeden Fall auch eine cool gemachte Auflage zu schätzen.
Zur inhaltlichen Seite habe ich häufig Dinge wie „SUPERCHUNK sind verdammt angepisst“ gehört oder gelesen. Geht es nur darum oder verbirgt sich unter der Aggression noch eine tiefere Schicht?
Ich finde, es ist ein bisschen abgedroschen zu sagen: „If you’re not pissed you’re not paying attention.“ Aber ich denke, in diesem Fall trifft das schlicht und einfach zu, genau darum geht es bei diesem Album. Ja, es ist haarsträubend, was weiße alte Männer den Vereinigten Staaten – und auf gewisse Weise auch der ganzen Welt – gerade antun, aber du musst eben auch dein Leben leben, ohne dich dabei in blinder Raserei zu verlieren, um produktiv sein zu können.
Angst, Tod und Wut, aber „the show must go on“?
Ja. Zum einen deiner eigenen Gesundheit zuliebe, zum anderen habe ich selbst auch Kinder, und die willst du ja auch nicht in diesem Dilemma alleine lassen! Sie merken schon, wenn du die Schnauze voll hast.
„We can’t pretend to be surprised“, bezogen auf die derzeitige politische Situation in den USA ...
Wenn ein Land größtenteils auf White Supremacy und Ungleichheit aufgebaut ist, sollten wir nicht überrascht sein, wenn so etwas entsteht, weil es ja irgendwo auch nie wirklich weg war. Ich würde nicht unbedingt sagen, dass die Medien daran schuld sind, aber die Medien könnten auf jeden Fall eine bessere Figur machen, wenn sie den manipulativen weißen Pseudoproblemen keine Plattform bieten würden, wie sie das während des Aufkeimens des Trumpismus getan haben.
Wird sich an diesen Dingen in absehbarer Zukunft irgendwas ändern?
Ich denke nicht, dass sich da allzu schnell was tun wird. Aber ich glaube schon, dass etwas in der Gesellschaft wachgerüttelt wurde. Die vielleicht nur den Fehler gemacht hat zu glauben, nach Obama würde schon alles irgendwie gut gehen ...
Immerhin klingt eure Musik selbst ja doch eher positiv.
Ich lasse Dinge nicht gerne so negativ im Raum stehen, es fällt mir echt schwer, einen rein pessimistischen Song zu schreiben. Was will man denn damit auch bezwecken? Dann jammerst du ja einfach nur herum.
Zu guter Letzt ein zusammenfassender Rückblick und kurzer Einblick für neue SUPERCHUNK-Hörer: Der Kern allen SUPERCHUNK-Schaffens.
Unser Fokus lag immer auf den Songs. Darauf, gute Songs zu schreiben und dabei die Energie des Punkrock einzufangen.
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