Wahrscheinlich waren SUPERCHUNK aus Chapel Hill, NC immer zu unscheinbar, um neben Indierock-Ikonen wie SONIC YOUTH und DINOSAUR JR. zu passen. Zumal es die Band erst seit 1989 gibt, als die beiden anderen fast schon etablierte Größen waren.
Es fehlte ihnen aber auch sowohl ein so skurriler Charakter wie der des seltsamen und wortkargen Eigenbrötlers J Mascis als auch die übliche Pop-Strukturen dekonstruierende Art von Moore, Gordon und Co., was beide Bands schon früh von anderen abhob.
Trotzdem, und auch wenn die Band lange quasi auf Eis lag, sind Mac, Laura, Jim und Jon eine Konstante in Sachen hypermelodischen Indierocks, haben bis 2001 in elf Jahren acht Platten und mehrere Outtakes-Compilations veröffentlicht, waren in ihrem Genre prägend und eine wichtige Referenz für melodisch-poppigen Indie und Punkrock.
So wurde die erste GET UP KIDS-Platte nach einer SUPERCHUNK-Zeile benannt, Nikola Sarcevic von MILLENCOLIN huldigt ihnen textlich in „Devil me“ („I eat veggie junk and I love SUPERCHUNK“) und auch im Zusammenhang mit LEMURIA wird die Band immer wieder als Einfluss genannt.
Zwei sich ähnelnde Platten wollten sie dabei nie machen, und tatsächlich klingt jede doch – mal mehr, mal weniger – ein wenig anders. „On The Mouth“ (1993) etwa steht in seiner ungehobelten Art in starkem Gegensatz zur vielseitig instrumentierten, wenig gitarrenorientierten Pop-Platte „Come Pick Me Up“ (1999).
Dazwischen hat sich manches wiederholt, man blieb sich und seinem Sound immer treu und das auf konstant hohem Niveau. Nach dem eher leisen „Here’s To Shutting Up“ von 2001 machte man erst mal eine Pause, die genau genommen nie eine war – ein paar seltene Konzerte, hie und da wurde ein neuer Song geschrieben – und 2010 gab es mit „Majesty Shredding“ wieder eine neue LP, die die Stärken der Band vereinte, etwas mehr „stripped down“ war und eher an ungestüme Anfangstage erinnerte.
„I Hate Music“ ist nun der Nachfolger, laut Macs und Lauras Label Merge dessen „dark twin“, eine Platte die musikalisch Gewohntes liefert, aber textlich düstere Themen anschneidet. „I hate music / What is it worth? / Can’t bring anyone back to this earth“ singt Mac bei „Me & you & Jackie Mittoo“, und ich gestehe, mich im Interview nicht getraut habe zu fragen, ob er denn erst kürzlich die Erfahrung gemacht hat, jemand Wichtiges verloren zu haben.
Rein musikalisch ist „I Hate Music“ die logische Fortsetzung von „Majesty Shredding“: schon ab dem ersten Saitenanschlag, gepaart mit Macs Stimme beim Opener „Overflows“ offenbart sich ihr unglaubliches Maß an Pop-Appeal und spätestens mit „Low F“ (ein urtypischer SUPERCHUNK-Song) beginnt eine Serie an nicht enden wollenden, kompakten Hits, die erst nach dem sehr positiv geratenen „FOH“ abreißt, bevor die Platte mit dem sechsminütigen „What can we do“ beschlossen wird.
SUPERCHUNK sind keine zur Heldenverehrung taugende Band, da sie außerhalb ihrer Musik nie viel Aufhebens um sich machten und nichts Exaltiertes an sich haben, und genau das spiegelt auch die neue Platte wider.
Die passt als sogar eine ihrer Besseren schlicht in ihre ohnehin makellose Diskografie.
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