"Ich will so bleiben, wie ich bin!" - Du darfst! Das befehlen zumindest die New Jersey Emo-Popper SAVES THE DAY mit ihrem neuen Album "Stay What You Are". Dies ist das bereits dritte Album der Jünglinge (vier der Bandmitglieder sind 21, nur David ist 23 Jahre alt) und begeistert mit zwölf Ohrwürmern, die den Hörer zum manischen Mitsummen verpflichten. Während das Album bereits seit Sommer letzten Jahres bei amerikanischen Plattenverkäufern zu erstehen ist, schickt sich Vagrant nun endlich auch an, das Album hier offiziell zu veröffentlichen. Was sich im Laufe der mittlerweile fünfjährigen Bandgeschichte so getan hat, wie es in der Heimat läuft und was die Zukunft bringen soll, darüber gibt Sänger Chris Conley Auskunft, der gerade gemütlich bei sich zu Hause in New Jersey hockt.
Lass uns am Anfang beginnen: Ihr gabt euren Einstand mit "Can´t Slow Down" – abgesehen von dir als Sänger und Schlagzeuger Bryan hat sich das Line-Up komplett verändert.
Das Album entstand in den Weihnachtsferien in unseren Senior-Years zu College-Zeiten. Wir hatten verschiedene musikalische Visionen innerhalb der Band, so kam es dann zu den üblichen persönlichen Problemen und wir gingen getrennte Wege.
Euer Debüt wird oft mit dem Output von LIFETIME verglichen, die ja auch aus New Jersey kommen. Würdest du sagen, dass sie ein wichtiger Einfluß für euch waren?
Sicherlich waren sie das – zu der Zeit ganz besonders, aber das ist jetzt fünf Jahre her, damals war ich gerade 17 Jahre alt und mittlerweile haben sie als Einfluß längst nicht mehr den Stellenwert, den sie einst hatten.
Mir ist ein Satz im Booklet aufgefallen, der folgendermaßen lautet: "SAVES THE DAY supports the vegetarian lifestyle" – hat das immer noch eine maßgebliche Bedeutung für euch?
Ja, irgendwie schon, allerdings sind nicht alle in der Band Vegetarier.
Kommen wir zu "Through Being Cool": in Verbindung mit diesem Album habe ich mal was von "America´s cutest band" gehört. Was hältst du von derartigen Aussagen?
That’s ridiculous.
Warum?
Weil wir keine Lust auf ein derartiges Image haben, wir wollen uns nicht in eine bestimmte Ecke stecken lassen, das ist einfach lächerlich.
Auf eurem zweiten Album stoßen dann drei neue Mitglieder dazu – Eben, Ted und David, die ja immer noch dabei sind. Wie kam es dazu?
Ted war der Roadie auf unserer allerersten Tour und stieg als Gitarrist ein, als unser erster Gitarrist das Handtuch warf. Später kam David als zweiter Gitarrist dazu. Wir spielten sowieso bereits in einer anderen Band zusammen. Dann brauchten wir nur noch einen neuen Bassisten. Da wir Eben und seine Band YEARLEY kannten und sein Bass-Spiel sehr mochten, fragten wir ihn, ob er bei uns mitmachen will und er sagte zu.
Ein Mädchen hat mir mal erzählt, dass sie deine Songtexte sehr mag, weil sie so leicht zu verstehen, so aus dem Leben gegriffen sind. Hast du eine spezielle Herangehensweise ans Texteschreiben?
Eigentlich nicht, sie passieren einfach irgendwie. Alles, was ich an etwaigen schreiberischen Fertigkeiten besitze, habe ich wenn dann in der Schule gelernt. Ich habe mal einen Poetry-Kurs belegt, vielleicht ist da ja was hängengeblieben.
Spielst du eigentlich irgendwelche Instrumente?
Ich spiele Gitarre, Bass, Schlagzeug und Piano. Als ich sechs Jahre alt war, begann ich Cello zu spielen, das habe ich dann sieben Jahre betrieben, bis ich mit 13 zur Gitarre wechselte.
Aber warum singst du nur, wenn du solch ein Multitalent bist?
Ich denke, dass ich auf dem nächsten Album auch mal zur Gitarre greifen werde. Könnte ja ganz interessant werden, vielleicht mal mit drei Gitarren auf der Bühne zu stehen.
Wie kam es eigentlich zu der "I´m Sorry I´m Leaving"-EP?
Sean vom Label Immigrant Sun fragte uns, ob wir eine Akustik-7" mit ihm aufnehmen wollen. Das war zu dem Zeitpunkt, als wir gerade unser Debüt auf Equal Vision veröffentlicht hatten. Wir dachten, dass das mit Sicherheit eine Menge Spaß machen würde, also haben wir´s gemacht.
Auf der EP covert ihr einen Song der Band MODERN ENGLISH. Was würdest du sagen, sind die wichtigsten musikalischen Einflüsse von SAVES THE DAY?
Bestimmt nicht MODERN ENGLISH! Wenn ich heute nochmal die Gelegenheit hätte, einen Song für die EP zu covern, dann wäre es definitiv nicht dieser Song. Unsere Einflüße sind allerdings ganz unterschiedlich und nicht unbedingt der Kram, den man von uns erwarten würde. Angefangen bei den BEATLES, über BLACK SABBATH, Björk, Bob Marley, David Bowie, PIXIES, Elliott Smith, Marvin Gaye, Bob Dylan, Stevie Wonder bis hin zu den FLAMING LIPS, einer meiner größten Lieblings-Bands.
Warum habt ihr mit eurem neuesten Album "Stay What You Are" einen Labelwechsel von Equal Vision zu Vagrant vollzogen?
Wir wollten bessere Vertriebsmöglichkeiten haben, als Equal Vision uns bieten konnte und Vagrant erschien uns als idealer Schritt nach vorne. Bei ihnen zu unterschreiben erschien uns nicht so drastisch wie bei einem Major-Label. Bei Vagrant waren wir in der Position, das Album aufnehmen zu können, das wir aufnehmen wollten. Wir wussten, dass man uns nicht manipulieren würde, wie es ein Major wahrscheinlich getan hätte.
Auf diesem Album hat sich euer musikalischer Stil in einer ganz besonderen Weise verändert. Die Hardcore-Wurzeln sind eigentlich vollständig gewichen, dafür macht sich ein enormer Pop-Appeal breit. Und mal ganz unter uns, der Song "Cars And Calories" klingt, als sei er von THE CLASHs "London Calling" beeinflußt.
Der CLASH-Vergleich ist cool, das mit dem verloren gegangen Hardcore-Aspekt liegt wahrscheinlich daran, dass ich seit etwa drei Jahren keinen Hardcore mehr höre. Ich denke, je mehr du dich beim Musikhören einer bestimmten Richtung widmest, desto stärker macht sich dieser Einfluß später in deinem Klangbild breit.
Auf den letzten zwei Vagrant-Compilations hattet ihr verschiedene, bisher unveröffentlichte Songs. Die beiden auf "Another Year On The Street Vol. 1" klangen sehr nach "Through Being Cool", auf "Vol. 2", das Stück "Ups And Downs" erinnert allerdings sehr an das Material eures neuen Albums. Also, wann habt ihr die Songs aufgenommen und warum habt ihr sie für die Compilations gespendet?
Die Songs für den ersten Sampler haben wir kurz nach den Aufnahmen zu "Through Being Cool"aufgenommen, der Song vom zweiten Sampler stammt noch von den Aufnahmesessions zu "Stay What You Are". Wir hatten damals 13 Songs aufgenommen, brauchten aber nur zwölf für das Album und "Ups And Downs" ist eben der Song, der übrig geblieben ist.
Das Element, was bei allen euren Platten gleichbleibt, ist deine Stimme, die unverwechselbar jung und, naja, soft klingt – was ja nicht jedem gefällt. Triffst du also des öfteren auf Typen, die sich beschweren: Oh, dieser Typ von SAVES THE DAY klingt so verdammt niedlich, das kann ich überhaupt nicht ausstehen?
Natürlich, es gibt immer Typen, die sich beschweren, ich habe schon einige getroffen, denen mein Gesang nicht gefiel. Aber sowas gibt´s ja immer, wann macht man es schon mal allen recht.
Habt ihr eigentlich schon etwaige Pläne für ein neues Album?
Oh ja, wir wollen voraussichtlich Ende dieses Jahres mit den Aufnahmen zum neuen Album beginnen, wahrscheinlich im November. Alles, was ich bisher sagen kann, ist, dass keine Coversongs drauf sind, wir aber wahrscheinlich ein paar akustische Stücke schreiben werden. Außerdem dürfte die Scheibe wieder auf Vagrant erscheinen.
Ihr wart gerade auf dem Cover der recht populären US-Musikzeitschrift "Alternative Press" – es scheint mir so, als würde in eurer Heimat alles ganz prima für euch laufen.
Es ist momentan schon ziemlich verrückt, allein die Tatsache, dass wir mit WEEZER touren ist total bizarr. Was da so gerade mit uns passiert, verstehe ich nicht so wirklich. Aber wir freuen uns auf die Tour. Wahrscheinlich wird das ziemlich aufregend, weil wir bisher maximal vor dreitausend Leuten gespielt haben. Auf dieser Tour werden wir wahrscheinlich vor bis zu zehntausend Leuten jeden Abend spielen, das wird interessant!
Warum sind auf dem Cover des Magazins nur vier Bandmitglieder zu sehen?
Weil unser Drummer Bryan vor etwa drei Monaten die Band verlassen hat. Er hatte einfach keine Lust mehr zu touren, das ging ihm alles ein wenig auf die Nerven. Es wäre zu kompliziert, alles genau auszuführen. Bisher haben wir leider noch keinen Ersatzmann gefunden, deshalb borgen wir uns den Schlagzeuger von HEY MERCEDES, deren Album ich sehr mag.
Vor kurzem habt ihr mit REGGIE AND THE FULL EFFECT und DASHBOARD CONFESSIONAL getourt – eine Tour, die hier in Deutschland wahrscheinlich unmöglich wäre. Wie war´s denn?
Die Tour fand letzten Sommer statt und war sehr gut. Auch mag ich beide Bands sehr, aber ich höre mir privat nur selten Musik an, die man mit meiner eigenen in eine Ecke stecken würde.
Soweit ich weiß, wart ihr noch nie auf deutschen Bühnen zu Gast, wann kommt ihr uns denn endlich besuchen?
Wir waren bisher noch nicht einmal in Europa, aber wir wollen im Frühling zum ersten Mal vorbeikommen und dann natürlich auch auf deutschen Bühnen stehen. Ich denke etwa Ende März oder April.
Chris, ich danke dir herzlich für dieses Interview.
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