SAVES THE DAY

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The Art And Leisure Club

Die Grundidee schien einfach: Chris Conley, der kleinwüchsige Sänger und das einzig verbleibende Gründungsmitglied von SAVES THE DAY aus New Jersey, die seit „Through Being Cool“ aus keinem Plattenregel mehr wegzudenken sind, sollte sich mit mir telefonisch in Verbindung setzten. So weit, so gut. Nun ist es aber eben so, dass SAVES THE DAY inzwischen bei Dreamworks gelandet sind und munter mit ihrer brillanten neuen Platte „In Reverie“ touren, die sich stilistisch irgendwo zwischen ihren bisherigen Alben und den späten BEATLES bewegt. So kam es dann, dass man sich eine Nacht mit sinnlosem Warten auf den Interviewanruf um die Ohren schlagen durfte, da in Amerika die Uhren bekanntlich anders ticken, um dann aber doch erst einige Tage später tatsächlich mit dem in den Medien als wortkarg und verschlossen bezeichneten Pilzkopf ins Gespräch zu kommen.

Ich denke, dass „In Reverie“ euer bis dato melodischstes und poppigstes Album ist. Seid ihr selbst damit zufrieden?


„Ich bin sehr stolz auf das, was wir da gemacht haben, und es war sehr aufregend zu sehen, wie die Songs sich entwickelten und wie wir sie zum Leben erweckten. Es ist sehr befriedigend, im Studio gewesen zu sein und viel Spaß gehabt zu haben. Wir hatten Spaß beim Aufnehmen des Albums, und deshalb ist es auch schön anzuhören. Wir finden die Songs toll, und spielen sie auch extrem gerne live.“

Als euer Album „Stay What You Are“ rauskam, hattet ihr darauf einen Song namens „Jukebox breakdown“, in dem es um die Erwartungen ging, die Hörer an Musiker haben. Was für ein Album ist „In Reverie“ denn in dieser Hinsicht?

„‘Jukebox Breakdown‘ handelt eigentlich davon, dass wir immer das tun, was wir wollen, wenn wir ein Album machen und deshalb immer auf Kritik stoßen, da die Leute eben bestimmte Erwartungen an uns haben. Sie möchten, dass die Band so klingt, wie sie früher klang, und wir haben uns zwar nie bewusst verändert, aber wir verändern unseren Stil laufend, da wir einfach der Musik folgen. Wir bewegen uns mit der Musik. Es ist immer spannend, der Musik freien Lauf zu lassen und einfach abzuwarten, wo man hängen bleibt. Wir haben nie Erwartungen Folge geleistet, das würde unsere Entwicklung hemmen.“

Hat euch denn bei Dreamworks jemand in eine bestimmte Richtung gedrängt?

„Nein, wir haben das Album ja für Vagrant aufgenommen, sie haben auch dafür bezahlt und eigentlich sollte das unser letztes Album bei Vagrant sein. Als wir das Album fertig gestellt hatten, wussten wir ja, dass dies unsere letzten Aufnahmen für Vagrant sein würden, also haben wir ein paar Leute, die daran interessiert waren, zukünftig mit uns zu arbeiten, ins Studio geholt, damit sie was davon hören konnten. ‚In Reverie‘ war da bereits komplett fertig, und die Leute von Dreamworks mochten, was wir gemacht hatten. So sehr, dass sie Vagrant das Album abkaufen wollten. Sie wollten nur Teil des Projekts sein, verändern wollten sie rein gar nichts. Sie waren einfach sehr von der Musik begeistert, die wir geschrieben hatten.“

Wie hat sich denn euer Umfeld geändert, seit ihr Equal Vision damals verlassen habt?

„Wir hatten sicherlich viel Glück mit Equal Vison arbeiten zu können, sie haben an uns geglaubt. Als wir unser erstes Album veröffentlicht haben, war es noch sehr schwer, die Leute davon zu überzeugen, sich uns anzuhören, aber Equal Vision hat uns unterstützt, schickte uns auf Tour, und Schritt für Schritt kamen immer mehr Leute zu unseren Konzerten. Seit wir Equal Vision verlassen haben, schreitet genau dieser Prozess weiter fort, wir nehmen Alben auf und gehen auf Tour, um die Leute davon zu überzeugen, dass wir eine gute Band sind. Das viele Touren hat es uns auch erst ermöglicht als Musiker zu wachsen. Das Einzige, was sich verändert hat, ist, dass jedes Jahr ein paar Leute mehr kommen, um uns zu sehen, und ein paar Leute mehr unser Album kaufen.“

Aber es scheint mir auch so, dass jedes Jahr ein paar neue Leute eure Band betreuen.

„Ja, das läuft aber toll, denn wir haben Leute, die sich um uns kümmern, wenn wir auf Tour sind, die sich davon überzeugen, dass unser Equipment funktioniert, sich vergewissern, dass wir zur rechten Zeit am Veranstaltungsort sind, dass wir ins Hotel kommen usw. Es ist also jetzt ganz anders, da wir nicht alles selbst erledigen. Wir haben viele Leute, auf die wir uns verlassen können, die es uns ermöglichen, dass alles glatt über die Bühne geht, und das macht einen großen Unterschied.“

Wie sieht denn euer Publikum heutzutage aus, wenn man es mal mit früher vergleicht?

„Momentan ist es ein bisschen weniger Hardcore, die Leute kommen nicht so sehr, um zu moshen und hauen sich nicht mehr ins Gesicht. Ich halte das auch für besser, ich habe lieber Leute, die sich die Musik anhören. Die Zuschauer sind teils ein wenig älter, teils jünger geworden. Ganz am Anfang haben wir für 17/18-jährige Kids gespielt, nun geht es ca. von 14 bis 27. Wir erreichen jetzt eben ein breiteres Publikum.“

Kannst du dir denn ein Leben nach dem Musikerdasein vorstellen, es läuft ja gerade gut, und vielleicht möchte man da gar nicht darüber nachdenken ...

„Ich kann mir da schon Dinge vorstellen. Zum Beispiel würde ich gerne mit Kindern arbeiten, in einer Tagesstätte oder so, dann könnte ich denen Lieder auf meiner Gitarre vorspielen.“

Was hast du denn so gelernt, mal vom Musikmachen abgesehen?

„Ich habe viele Dinge in meiner Schullaufbahn gelernt, aber nichts hat mich so gereizt, dass ich es hätte weiterverfolgen wollen. Ich habe mir mit 13 meine erste Gitarre umgehängt, und die Musik hat mich in ihren Bann gezogen. In der Schule war ich ganz gut, aber ich wusste tief in mir, dass ich außer der Musik nichts werde machen können.“