Chris Conely ist das letzte verbliebene Gründungsmitglied von SAVES THE DAY und hat mit seiner Band einige Höhen und Tiefen durchlebt. Mit dem neunten Album, auf dem sich neun Songs befinden und das auf den Namen „9“ hört, hat er nun ein Kapitel in seinem Leben abgeschlossen und beginnt ein neues.
Chris, als ich euer neues Album „9“ gehört habe, hatte ich die Texte noch nicht, aber immer das Gefühl, dass es um die Reise geht, die du über die Jahre mit SAVES THE DAY erlebt hast, eine Retrospektive. Stimmt das?
Ja, vollkommen. Es ist beinahe autobiografisch. Die erste Hälfte des Albums ist über meine Zeit in der Band, die zweite Hälfte, was ja eigentlich nur der letzte Songs ist, ist über gesamtes Leben, erzählt über meine Beziehung mit Musik.
Du hast mittlerweile auch den Großteil deines Lebens mit SAVES THE DAY verbracht, oder?
Ja, mehr als die Hälfte habe ich in dieser Band verbracht, das ist schon fas bizarr.
In all den Jahren hattet ihr ziemlich viele Veränderungen im Line-up ...
Haha, gefühlt über eine Million!
... aber seit einer Weile ist es konstant.
Ja, das ist toll, keine Besetzung hat bislang so lange gehalten. Ich bin sehr dankbar dafür.
Hat das den Songwritingprozess beeinflusst?
Nun, es könnte der Grund sein, warum ich mich mit diesem Rückblick so wohl fühle. Wir sind so vertraut miteinander, dass ich auf Ereignise, die über zehn Jahre zurückliegen, zurückschauen kann. Ich glaube, wenn es in letzter Zeit mehr Wechsel gegeben hätte, hätte ich das nicht so einfach gekonnt.
Aber ist es nicht komisch, Songs über die Bandhistorie zu schreiben, wenn du der Einzige von euch bist, der einen Bezug dazu hat?
Nun, ich bin das einzige Gründungsmitglied, das stimmt. In dem Song „Side by side“ zum Beispiel geht es darum, wie unser erster Drummer, Brian, mich in der siebten oder achten Klasse anrief, weil er gehört hatte, dass ich Gitarre spiele. Er fragte nur: „Willst du rüberkommen und etwas Musik machen?“ Das ist der Moment, weshalb ich überhaupt in einer Band gelandet bin. Dann gab es eigentlich immer Wechsel in der Band, bereits zu Zeiten des ersten Demos. Er verließ SAVES THE DAY 2001, seitdem bin ich das einzige Originalmitglied. Es gab aber vorher schon so viele Bassisten, selbst bevor ich der Sänger wurde, hatten wir verschiedene Leute am Mikrofon. Dass Brian die Band verließ, war der härteste Moment, aber das ist jetzt auch schon lange her, haha!
Als ich die erste Single von „9“ gehört habe, „It’s such a beautiful world“, dachte ich im Vergleich zu deinen früheren Texten: Na Gott sei dank, endlich geht es Chris gut.
Danke! Das tut richtig gut zu hören! Es war wirklich eine lange Reise für mich, es war nicht einfach, mein Leben zu leben. Ich denke, das können viele nachvollziehen. Es ist verrückt und hart. Aber ich fühle mich auch wirklich so und es macht mich glücklich, dass du das direkt rausgehört hast. Ich finde, gerade in Zeiten wie diesen ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass die Welt schön ist. Ich bin aber auch froh, dass ich meine wütenden Songs bereits geschrieben habe, haha! Es ist gut, dass ich durch diese dunklen Zeiten in meinem Leben gehen musste, bevor die Welt war, wie sie nun ist. Meine schwierigste Zeit war vor zehn Jahren, würde ich sagen. Auch dass ich jetzt Vater bin, hat mich verändert. Ich bin nun in der Situation, dass ich ein gutes Vorbild sein muss, wodurch ich eine bestimmte Entwicklung durchgemacht habe. Das wäre auch vielleicht ohne meine Tochter passiert, aber es ist ein so großer Teil von dem, wer ich bin. Meine Tochter ist nun 13, und ich bin froh, dass die traurigsten und dunkelsten SAVES THE DAY-Songs vor ihrer Geburt geschrieben wurden und ich in der Lage war, mich selbst aus diesem Sumpf zu ziehen.
Hört deine Tochter eure Musik? Fragt sie dich nach deinen Texten?
Haha! Nein, sie interessiert sich überhaupt nicht dafür, was ich großartig finde! Als das neue Video zu „Side by side“ kam, habe ich es ihr gezeigt und ihre Reaktion war: „Ok, das ist cool.“ Es ist so witzig, wenn meine Freunde da sind und wir über die Band reden, dann verlässt sie den Raum, haha! Ich glaube, sie wird ein besseres Leben führen als unsere Generation. Eine Tochter zu haben, macht alles so viel intensiver. Früher hätte ich auf die Probleme der Welt wesentlich nihilistischer, negativer reagiert, wenn es nicht diesen Menschen geben würde, den ich so sehr liebe. Wenn ich sie nicht in meinem Leben hätte, dann hätte ich eine viel größere „Was soll das alles?“-Attitüde gegenüber allem. Es gibt auch einen Part im letzten Song auf „9“, „29“ , in dem es um sie geht, der trägt den Titel „Angel. „29“ besteht eigentlich aus sieben Songs, und es geht darum, dass sie mein Licht in einer Welt voll Herzschmerz ist.
Wo du den letzten Track schon erwähnst: Habt ihr da sieben Songs geschrieben und dann zu einem zusammengesetzt?
Genau. Ich vergleiche es gern mit der B-Seite von „Abbey Road“ von den BEATLES, meinem Lieblingsstück, einem Medley von 17 Minuten ununterbrochener Musik. Ich find das sehr cool, auch so Sachen wie „Bohemian rhapsody“ von QUEEN. Ich war davon immer fasziniert. Wenn du zurückgehst und alte SAVES THE DAY-Songs hörst, die haben einen A-, einen B- und einen C-Part. Wenn man die in die Länge ziehen würde, könnten das auch solche Liederfolge ergeben. Die RAMONES wurden einmal gefragt, warum ihre Songs so kurz seien, die Antwort war: „Sie sind eigentlich sehr lang, aber wir spielen sie sehr schnell.“
Auf mich wirkt „29“ wie der Abschluss eines Kapitels von SAVES THE DAY.
Ja, absolut! Deswegen heißt das Album auch „9“, in der Numerologie ist dies das Vollendung eines Kreislaufes. Danach beginnt es von Neuem, zurück zu eins und null. Und die „9“ hat die Form einer Spirale, die in sich selbst zurückführt. Es ist das Ende des ersten Abschnitts meines Lebens und ich bin nun bereit für den kommenden. Ich habe schon zwei Songs für das nächste Album geschrieben.
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