„Es ist einfach nicht befriedigend, nur Coversongs zu spielen“, so Rod Usher, seines Zeichens Sänger der beiden Bands THE OTHER und GHOULS. „Schließlich will man seine eigenen Ideen auch einmal verwirklichen und zeigen, was man selbst kann“, fährt er fort. Das ist also einer der ausschlaggebenden und zugleich auch gut nachvollziehbaren Gründe, warum die GHOULS eines düsteren Tages zu THE OTHER mutierten, um fortan hauptsächlich eigenes Songmaterial zu spielen. Doch wo liegen die Unterschiede? Beides ist eindeutig Horrorpunk, doch zum einen treten THE OTHER mit einem völlig anderen Outfit auf und zum anderen wird ihr Songmaterial immer eigenständiger und abwechslungsreicher. Sicher findet man hier und da die typischen MISFITS-Anleihen, doch wenn man Rod Glauben schenken kann, sind diverse Songs eher eine Mischung aus TURBONEGRO und MAD SIN. Die im August auf Fiendforce Records erschienene Debüt-LP/CD „They‘re Alive!“ zeigt, was dran ist.
Mit einem eher bescheidenen Budget in einem kleinen Studio in Leverkusen hat die Band ihre Songs aufgenommen, mit dem Hinweis, dass Punkrock nicht unbedingt einen Recording-Tempel braucht, und da ist wohl auch etwas Wahres dran. Auf die Frage, wie die Band denn nun auf den Namen THE OTHER gekommen sei und was dahinter stecke, flüsterte Rod mit heiserer Stimme: „Der Name geht in gewisser Weise auf Sigmund Freud zurück. Er sagte, dass der Mensch in der Gesellschaft gezwungen wird, seine Ängste und Triebe zu unterdrücken. Natürlich existieren diese trotzdem weiterhin und kommen immer wieder an die Oberfläche. In der Gothic-Literatur erfolgt diese Aufarbeitung der eigenen Ängste und Triebe durch die Übertragung dieser auf ein Monster, z.B. einen Vampir. Dieser Vampir steht für das Fremde, das Andersartige. Also für den Bereich, den wir bei uns selbst nicht zulassen. Das setzt sich auch in Werken wie ‚Dr. Jekyll und Mr. Hyde‘, ‚Frankenstein‘ oder ‚Die Insel des Dr. Moreau‘ fort. THE OTHER ist etwas, das den Leser durch Aussehen und Handlung an etwas Unbestimmtes erinnert, das er lieber weiterhin vergraben und vergessen gehabt hätte.“
Auch textlich schürft Rod in der American Gothic-Literatur, und alte Helden wie Poe, Lovecraft oder Hawthorne dienen als Inspirationsquelle. Doch findet sich in all seinen Horrortexten zugleich auch ein politisches oder gesellschaftliches Statement mit einem Schuss persönlicher Empfindung: „Ich denke einfach, dass Horror ein Genre ist, das Grenzen überschreitet und tabuisierte Dinge so artikulieren kann, dass sie nachhaltiger und eindringlicher wirken. Und das passt einfach perfekt zum Punkrock bzw. Horrorpunk.“ Auch von der sich gegenseitig unterstützenden Horrorpunk-Szene zeigen sich Rod und seine Mannen begeistert: „Man kennt sich und hilft sich. Durch THE OTHER und Fiendforce Records habe ich Kontakte zu Horror-Freaks und Bands in der ganzen Welt. Ich habe die Fiends, so nennen sich die Horror-Fans, generell als sehr informiert, sehr kreativ und meist tiefgründig kennen gelernt. Das resultiert auch aus der Tatsache heraus, dass es nicht nur um Musik, sondern auch um Kunst und Kultur geht. Ich bin jedenfalls froh, dass wir mit der Band und dem Label solch eine große Unterstützung weltweit erfahren. Das ist meiner Meinung nach nur durch die Überschaubarkeit und den Zusammenhalt der Anhänger dieses Sub-Genre möglich.“ Hoffen wir also, dass das Sub-Genre „Horrorpunk“ wächst und gedeiht und uns noch so einige sympathische Bands beschert. Habt also ein Auge auf das Fiendforce Label und das Debüt von THE OTHER.
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