MUDHONEY

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Ein guter Platz auf den Zuschauerrängen

Als MUDHONEY sich 1988 in Seattle gründeten, war die Welt noch ein paar Jahre entfernt von dem gigantischen Hype, der sich ab Anfang der Neunziger um NIRVANA, SOUNDGARDEN, PEARL JAM und Co. herum entwickelte. MUDHONEY, das sind bis heute in erster Linie Mark Arm (Vocals) und Steve Turner (Gitare), die ihre erste gemeinsame Band schon in den frühen Achtzigern gründeten, und mit GREEN RIVER (mit dabei: ein gewisser Stone Gossard, später PEARL JAM) sollen sie, so will es die Legende, 1984 die erste "Grunge"-Band gegründet haben - man diskutiert bis heute, ob Mark Arm diesen Begriff erstmals verwendete oder Sub Pop-Gründer Jonathan Poneman. Mit "Superfuzz Bigmuff" veröffentlichten MUDHONEY 1988 ihre Debüt-EP, die Single "Touch me I'm sick" hat bis heute Hymnencharakter, doch während eigentlich alle Bands um sie herum in den folgenden Jahren zu Superstars wurden und sich fast alle irgendwann auflösten, hörten Turner/Arm einfach nicht auf, weiterhin feine Platten aufzunehmen und zu veröffentlichen, die eigentlich nichts mit dem längst entwerteten Begriff "Grunge" zu tun hatten. Seit sie Ende der Neunziger ihren Majordeal verloren hatten und wieder in den Schoß von Sub Pop zurückgekehrt sind, wo jetzt auch ihr neues Album "The Lucky Ones" erschienen ist, sind MUDHONEY wieder das, was sie ganz zu Beginn waren: Ein Geheimtip für Menschen, die ihre Musik gerne etwas rauher und authentischer haben, irgendwo zwischen Punk, Rock und Sixties-Garage. Ich stöberte Mark Arm zwischen Bergen von CD- und LP-Kartons im Lager seines Arbeitgeber Sub Pop auf und stellte ein paar Fragen.


Ihr feiert euren 20. Geburtstag als Band - bist du darüber eher erschrocken oder erfreut?

Weder noch: es überrascht mich. Und es ist ein Grund zum Feiern, das gleiche gilt für Sub Pop: Wer hätte gedacht, dass ein Indielabel so lange durchhalten würde und heute, nachdem harte Zeiten durchzustehen waren, erfolgreicher ist als je zuvor,. Auch das ist ein Grund zum Feiern. 20 Jahre sind eine lange Zeit, und ich bin froh, dass ich mit meinem Leben weitgehend machen konnte, was ich wollte, und nicht in einem Großraumbüro an einem Schreibtisch geendet bin. Ich bin es gewohnt, mein eigenes Ding zu machen, mal abgesehen von meinem Job hier bei Sub Pop. Und das ist ein guter Job: Ich kümmere mich um das Lager, ich bin "Warehouse Manager".

Und um dich herum wuseln zig Leute, die Kisten packen?

Äh, nein, eigentlich bin ich hier meistens allein. Und wenn ich sage, ich manage das Lager, dann sollte das auch eher ein Witz sein. Ich habe hier immer gut zu tun, gerade mit Vinyl. Derzeit geht das FLIGHT OF THE CONCHORDS-Album bei uns richtig ab, und es hilft auch, dass Sub Pop seit einer Weile den Vinylplatten Download-Codes beilegt, so dass man für seinen iPod die Songs auch als mp3 downloaden kann. Und manche Leute kaufen sowohl LPs wie CD. Wirklich verändert hat sich die Situation hier im Lager in den letzten Jahren nicht, die beiden Leute vor mir haben den Job auch alleine gemacht, nur Mitte der Neunziger haben hier ein paar mehr Leute gearbeitet. Aber diese Veränderung hat weniger was mit den Veränderungen im Musikgeschäft zu tun als damit, dass Sub Pop die Arbeit und den Vertrieb effizienter organisiert hat.

Sub Pop und MUDHONEY haben beide den Vorteil, ein Publikum anzusprechen, das Vinyl immer noch schätzt.

Oh ja! In den frühen Neunzigern hieß es ja allenthalben, Vinyl werde den Weg des Dodo-Vogels gehen, doch heute ist Vinyl so stark wie seit Jahren nicht mehr. Und wir kümmern uns darum, dass unsere Platten immer in einer schönen Vinylversion vorliegen, ich bin ja auch selbst Sammler. Ich selbst kaufe nur selten mal Musik als Download, und wenn, dann Sachen, die ich auf Vinyl habe, aber auch gerne auf meinem iPod habe. Also ja, ich gestehe, ich kaufe Platten doppelt, ich habe viele Platten in zwei- oder mehrfacher Ausführung, manche habe ich sogar fünffach, haha. Die beiden ersten STOOGES-Platten etwa hatte ich natürlich auf Vinyl, und als die auf CD rauskamen, kaufte ich die CDs, und dann habe ich die nochmal gekauft, als sie mit Bonus-Songs veröffentlicht wurden, und das "Funhouse"-Boxset musste ich natürlich auch haben.

Bei einer Band, die seit 20 Jahren aktiv ist, bleiben die Fans über die Jahre nicht die gleichen. Wie hat sich das bei euch verändert?

In den USA spielen wir meist in Clubs, wo nur Leute über 21 reinkommen, aber in Europa sieht man das ja entspannter, und da ist unser Publikum immer sehr gemischt. Da kommen sowohl Kids ebenso wie alte Typen, die dir erzählen, sie seien seit fünf Jahren auf keinem Konzert mehr gewesen. Es ist eine gute Mischung, und ich fände es furchtbar, wenn nur Leute in unserem Alter zu den Shows kämen.

MUDHONEY haben aber in den zwei Jahrzehnten nicht nur Höhen, sondern auch Tiefen erfahren. Ende der Neunziger verlängerte Reprise den Plattendeal nicht und Bassist Matt Lukin stieg aus.

Als Matt ausstieg, hemmte uns das schon gewaltig, doch als wir dann Guy Maddison fanden und mit ihm "Since We Became Translucent" aufnahmen, reagierten viele Leute begeistert auf unsere Rückkehr. Das Musikgeschäft ähnelt stark dem Fashion-Business, es ist schwer, über viele Jahre konstant vorne mit dabei zu bleiben, denn es wird ständig nach dem neuen, heißen Scheiß gesucht. Und auf der anderen Seite stehen die Dinosaurier-Bands, die schon immer dabei waren, die automatisch ein Publikum finden - Bands wie U2 oder die ROLLING STONES. Und zu deren ausverkauften Konzerten gehen die Leute immer noch, obwohl die Stones seit 1977 kein gutes Album mehr veröffentlicht haben. Da spielt dann wohl Nostalgie eine große Rolle.

Nun wart ihr selbst aber auch einst im Zentrum eines musikalischen Tornados.

Du sprichst von den späten Achtzigern und frühen Neunzigern, und ja, 1989/90 waren wir im Auge des Sturms. Damals waren die Majorlabels schon in Seattle auf der Suche nach neuen Bands, aber es war noch kein Thema für die großen Medien, sondern eher ein Phänomen, das von den Musikzeitschriften wahrgenommen wurde. Als es dann zu einem Thema für die Mainstream-Medien wurde, da waren wir schon nicht mehr im Auge des Sturms, und das war auch gut so. Oder lass es mich so sagen: Wir waren bei dem großen Spiel anwesend, aber wir hatten nur sehr gute Zuschauerplätze und waren nicht auf dem Spielfeld. Wir beobachteten aus direkter Nähe, was mit guten, engen Freunden passierte, und waren froh, dass uns das nicht passierte. Wären wir wirklich unmittelbar dabei gewesen, weiß ich nicht, ob es uns heute noch geben würde.

Habt ihr eure Freunde beneidet um die Chance, die sich ihnen bot?

"Beneiden" ist nicht das richtige Wort. Wir waren uns immer im Klaren darüber, was wir sind, nämlich keine kommerziell klingende Band. Danach haben wir nie gestrebt, das hat uns nie interessiert, aber natürlich hätten wir alle nichts gegen sehr viel Geld gehabt, hahaha. Aber viel Geld zu verdienen, das war ja nie das Ziel mit unserer Band - dafür hätten wir uns für eine Karriere in der Wirtschaft oder an der Börse entscheiden müssen. Wer sich für die Musik entscheidet in der Hoffnung, da viel Geld verdienen zu können, der ist ein Idiot, denn das geschieht nur ganz wenigen Leuten.

Nun hat euch der Wirbelsturm bald wieder ausgespuckt, und während die meisten der Bands eurer Freunde von damals verschwunden sind, seid ihr immer noch aktiv.

Dass das so ist, bemerkten wir erst spät, ich glaube, als SOUNDGARDEN sich aufgelöst hatten. Da fiel uns auf, dass die einzigen noch aktiven Bands von damals PEARL JAM und wir sind. Ich vermute, das liegt an den gemeinsamen Wurzeln bei GREEN RIVER, haha. Übrigens proben wir gerade mit GREEN RIVER, denn wir werden bei der Party zum 20. Geburtstag von Sub Pop spielen.

Gibt es denn Reaktionen oder Kommentare von alten Wegbegleitern dazu, dass ihr immer noch dabei seid?

Ich bin mit Kim Thayil von SOUNDGARDEN befreundet, und ich bin meinerseits erstaunt, dass er nicht mehr aktiv in einer Band spielt. Ich weiß nicht mal, was er eigentlich mit seiner Zeit anstellt, denn er hat nicht mal einen Job. Keine Ahnung, vielleicht sitzt er ja den ganzen Tag vor der Glotze und trinkt Bier. Klingt irgendwie langweilig, finde ich.

Du dagegen bist gut beschäftigt, denn nicht nur das neue MUDHONEY-Album steht unmittelbar bevor, es ist auch ein neues MONKEYWRENCH-Album erschienen, deiner "Zweitband". Worin liegt der unterschiedliche Reiz der beiden Bands?

Mit verschiedenen Leuten macht man verschiedene Musik. Ich singe in beiden Bands, aber ansonsten unterscheiden sie sich erheblich. So ist der Gitarrensound ein ganz anderer, man hört bei MONKEYWRENCH eben deutlich Tim Kerr und Tom Price heraus, die beiden spielen völlig anders als Steve und ich. Und Martin Bland ist ein ganz anderer Drummer als Dan Peters, der bei MUDHONEY trommelt. Die Priorität liegt für Steve und mich aber klar bei MUDHONEY, was man schon daran sieht, dass das neue MONKEYWRENCH-Album gerade mal die dritte Platte in 17 Jahren ist.

Das neue MUDHONEY-Album trägt den Titel "The Lucky Ones" - bezieht der sich auf eure Band?

Ja, denn ich fühle mich, als sei ich, seien wir mit etwas durchgekommen, was keiner erwartet hätte. Er bezieht sich darauf, dass wir es geschafft haben, 20 Jahre dabei zu bleiben, dass wir immer noch auf Tour gehen können, wenn auch nicht so viel, wie ich mir wünschen würde. Und wo wir hinkommen, werden wir freundlich aufgenommen, und das ist besser als wenn sich kein Schwein für dich interessiert, haha.

Was ist neu am neuen Album?

Für mich sind die beiden letzten Alben "Since We Became Translucent" und "Under A Billion Suns" vom Sound und von den Aufnahmen her eng verbunden, aber auch was die Songs betrifft. Wir hatten die mit verschiedenen Produzenten in verschiedenen Studios aufgenommen - drei hier, drei da, und so weiter. Die neue Platte haben wir mit Tucker Martine eingespielt, mit dem wir auch schon ein paar Songs auf "Under A Billion Suns" aufgenommen hatten, und irgendwie ging alles viel schneller, als wir gedacht hatten. Wir hatten erwartet, es würde mehrere Wochenenden in Anspruch nehmen, aber letztlich haben wir elf Songs an einem Stück eingespielt, in dreieinhalb Tagen. Wir hatten auch nur diese elf Songs und sahen das einfach als göttliches Zeichen an, haha. Und so sagten wir uns, dass diese elf Songs dann einfach das neue Album sind. Anders ist auch, dass ich auf diesem Album nicht Gitarre spiele, um mal auszuprobieren, wie das ist, wenn ich mich ganz auf den Gesang konzentriere. Wir sind jedenfalls sehr zufrieden.

Gab es eigentlich einen Punkt, an dem deine Eltern eingesehen haben, dass du dich komplett dem Rock'n'Roll verschrieben hast?

Meine Eltern haben sich auf jeden Fall damit abgefunden. Mein Vater war bei der Air Force, wo er übrigens, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in Frankfurt, meine Mutter kennen gelernt hatte. Meine Eltern sind also schon recht alt, und mein Vater ist schon seit Ewigkeiten in Rente, der hatte sich schon nach 20 Jahren Dienst pensionieren lassen. Und als ich neulich meine Mutter besuchte, kam von ihr der Spruch: "Wenn du wie dein Vater zur Air Force gegangen wärst, könntest du jetzt schon in Rente sein und dir mit deiner Pension ein schönes Leben machen!" Ich antwortete nur, ich hätte dann aber auch verdammte 20 Jahre in der Air Force ertragen müssen, hätte mein Leben nicht so leben können, wie ich will, und hätte jahrelang irgendwessen Befehlen gehorchen müssen. Na ja, aber meine Mutter ist jetzt Mitte 80, da kann ich ihr diese Aussage verzeihen. Sie hat einfach nie verstanden, was ich da eigentlich mache, was mich aber auch ein bisschen verwundert, denn sie hat selbst einen künstlerischen Hintergrund. Sie war früher mal Opernsängerin, doch dann beendete der Krieg ihre Karriere, und nach dem Krieg fühlte sie sich wohl zu alt, um sie wieder aufzunehmen. Von daher hätte ich schon erwartet, dass sie eine Idee davon hat, was mir meine Musik bedeutet.

Hast du von ihr etwas gelernt?

Ja, sie hat mir beigebracht, wie man beim Singen richtig atmet - das hat den Vorteil, dass ich länger schreien kann.

Parallel zu eurem neuen Album erscheint euer Debüt "Superfuzz Bigmuff" von 1990 als aufgesuperte Neuauflage mit reichlich Bonusmaterial.

Die Idee dazu kam mir durch meine Arbeit hier bei Sub Pop. Ich hatte die bisherige "Superfuzz ..."-Reissue-CD in der Hand und mir fiel auf, dass die eigentlich richtig schäbig gemacht ist. Als die damals erschien, waren wir nicht mehr bei Sub Pop, und wer immer die Produktion gemacht hat, vertauschte die erste und die zweite Seite, so dass die zweite EP-Seite zuerst zu hören ist - uns hatte damals jedenfalls keiner gefragt, und als die EP ursprünglich erschienen war, hatte Sub Pop noch gar keine CDs hergestellt. Meine Idee war nun, das irgendwie zu "reparieren", ich redete mit meinen Kollegen darüber, und so kam die Idee einer "20th Annniversary Edition" auf. Wir nahmen uns deshalb mal das Sub Pop-Archiv vor und entdeckten unter anderem ein 24-Spur-Tape mit dem Live-Mitschnitt eines Konzertes aus Berlin von 1988, das wir völlig vergessen hatten. Das haben wir dann abgemischt, und da das Archiv recht gut gepflegt ist, stießen wir auch noch auf diverse andere alte Aufnahmen. So fanden wir den Song "24" aus der Zeit, als wir "Touch Me I'm Sick" aufnahmen und der auf einer Amphetamine Reptile-Compilation war, in einer ursprünglichen Fassung. Außerdem fanden wir drei Demo-Versionen von Songs von "Superfuzz ...", die wir neu abgemischt haben. Von allen anderen Songs haben wir die Original-Abmischungen genommen, und haben die nur neu gemastert.

Kümmert sich denn bei MUDHONEY jemand um die "Dokumentation", also um das Archivieren von Aufnahmen, das Sammeln von Flyern, Postern, Fotos und so weiter?

Haha, nein. Wir sind viel zu faul, um uns so zu organisieren.

Und es gibt auch keinen Fanclub?

Nein. Wir hatten mal versucht, einen ins Leben zu rufen, aber außer einem Postfach war da nicht viel. Und wir haben ja nicht mal eine eigene Website! Es gibt aber immerhin ein paar Fan-Websites - eine aus Finnland, eine aus Italien und eine hier aus Seattle. Und so ein Typ aus Texas kümmert sich für uns um die MySpace-Seite. Es gibt für uns einfach wichtigere Dinge im Leben als das. Ich verbringe meine Zeit lieber mit meiner Frau und meinen beiden Hunden.

Das Rockstar-Leben in Seattle ist also auch
nicht mehr das, was es mal war.


Äh, was soll das sein? Ausgehen, sich besaufen, um dann mit bloßem Oberkörper fotografiert zu werden? Nein danke ... Und bei den Partys, auf die ich gehe, sind auch keine Paparazzi anwesend, wir sind hier nämlich in Seattle und nicht in L.A., New York oder London. Und mehr, als dass ich Leuten in meinem Alter beim Saufen zuschaue, passiert da auch nicht. Abgesehen davon gehe ich auch gar nicht mehr so viel aus. Ich habe schon seeeehr viel Zeit meines Lebens in Clubs verbracht, da muss ich das nicht weiter ausbauen. Und die Zeit auf Tour reicht mir da eigentlich.

Apropos: Wird man euch dieses Jahr in Europa sehen können?

Wir spielen an einem Wochenende in Norwegen und in London, ansonsten steht noch Brasilien auf dem Plan und das ist es für dieses Jahr. Wir haben nur wenig Zeit für Konzerte, denn andere in der Band haben Jobs, die viel "echter" sind als meiner und die mehr Priorität haben. Und Kinder, um die es sich zu kümmern gilt, sind hier und da auch vorhanden. Ich selbst habe eigentlich immer Zeit zum Touren, war 2004 ein paar Monate mit MC5 unterwegs. Außerdem waren wir ja im Sommer 2006 und 2007 in Europa, weshalb wir dieses Jahr mal wieder in den USA touren werden.

Wir haben auf dem Cover ein Foto von Charles Peterson, das der einst von euch schoss. Kannst du mir was über ihn erzählen, habt ihr noch Kontakt?

Klar, haben wir noch Kontakt, ich war gerade erst auf seiner Hochzeit - und seine Frau Mascha kommt aus Deutschland. Die kam nach Seattle, um bei Microsoft zu arbeiten, so lernten sie sich kennen. Charles und ich lernten uns 1982 im Studentenwohnheim der Uni kennen - ich war Punkrocker, er war Punkrocker, und alles war klar. Wir hatten dann zusammen ein Zimmer, und er studierte damals Fotografie. Er entwickelte diesen Stil, mit großer Blende zu fotografieren, so dass seine Fotos sehr viel Action zeigen, im Gegensatz zu den Fotos anderer, die wie ein Schnappschuss wirken, auf denen das Objekt wie eingefroren wirkt. Seine Fotos haben viel Bewegung, das gefällt mir, und seine Art zu fotografieren war immer sehr eigen: Er war auf den Konzerten so besoffen wie alle anderen auch, er tobte vor der Bühne herum, und manche seiner Fotos hat er geschossen, ohne durch den Sucher zu schauen - er hob sie einfach nur hoch und drückte ab. Die Stimmung, die damals auf den Konzerten herrschte, die fehlt mir heute oft. Die Leute in Seattle haben damals einfach getanzt auf den Konzerten, und damit meine ich nicht Slamdancing und Stagediving, obwohl es das auch gab. Nein, es war ein Tanzen ohne Macho-Tough Guy-Gehabe, ein sehr fröhliches, entspanntes, betrunkenes, aber auch von Ecstasy beflügeltes Tanzen. Damals brauchte man noch keine Techno-Beats, um an dieser Droge Spaß zu haben, haha.

Und es sind Petersons Fotos, die einem in den Sinn kommen, wenn man an das Seattle vor dem großen Grunge-Hype denkt - sie prägen die Wahrnehmung jener Zeit.

Damals war Video ja nicht so verbreitet wie heute, und alle optischen Eindrücke von Bands, die wir heute haben, wurden mit Fotos festgehalten. Fotos, die in Fanzines und Magazinen abgedruckt wurden. Ich erinnere mich an ein Foto von REDD KROSS mit Dez Cadena von BLACK FLAG als zweitem Gitarristen, seine Haare wirbelten durch die Luft, und das Foto hatte so eine starke Ausstrahlung, dass ich mir sagte, ich müsse diese Platte unbedingt haben.

Besitzt du Abzüge seiner Fotos von MUDHONEY?

Nein, ich habe ja die Platten und sein Buch. Aber ich habe ein Skateboard mit einem Foto von ihm drauf. Ich habe das allerdings nie benutzt, es ist zu klein für mich. Ich fahre lieber ein richtig großes Board, in Pools und so weiter.

Wann bist du denn zuletzt gefahren?

Äh ... so lange ist das noch nicht her, und ich habe mir auch nichts gebrochen. Ich hatte lange Zeit damit aufgehört, seit Mitte der Achtziger, bis dann vor ein paar Jahren der "Dogtown"-Film erschien, und der hat mich so inspiriert, dass ich wieder anfing. Ehrlich gesagt, hat es aber doch etwas Übung gebraucht, bis ich es wieder draufhatte.

Und, bekommt man komische Blicke, wenn da so ein alter Mann auf dem Skateboard angerollt kommt?

Haha, ja, aber das stört mich nicht.

Mark, besten Dank für das Interview.
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