Nachdem anno 1995 die SWING KIDS und STRUGGLE abgedankt haben, formierten sich vier merkwürdige Gestalten mit überdimensionalen Insektenmasken in San Diego zu einer der wohl berüchtigsten Krachcombos namens THE LOCUST. Nach zahlreichen Split-EPs mit Bands wie MAN IS THE BASTARD, ARAB ON RADAR oder MELT BANANA und zahlreichen Liveshows sind die Herren Bobby Bray (guitar/vocals), Joseph Karam (keyboard/vocals), Gabriel Serbian (drums) und Justin Pearson (bass/vocals) mit ihrem aktuellen Werk „Plague Soundscapes“ auf dem Epitaph-Sublabel Anti gelandet, um mit ihrem wirren Sci-Fi-Noise die Welt zu zerstören. Vorher machten sie jedoch eine kleine Verwüstungspause in Köln, dem unpunkigsten Ort der Welt, wo mir Justin Pearson zu diesem und jenem Rede und Antwort stand.
Eine Menge Kunststudenten und Alternative scheinen voll auf euren Sound abzufahren, obwohl diese sich niemals ähnliche Krachcombos antun würden.
Wir sind keine Grind- oder Noisecoreband im normalen Sinne, ich würde sagen, wir machen eher Artcore. Ich kann nicht genau sagen, welcher Typ von Fan uns mehr mag, aber es freut mich besonders, wenn Kunststudenten unsere Platten hören. Meiner Meinung nach sind diese Leute wesentlich offener für was neues als z.B. Büroangestellte.
Studiert einer von euch Kunst oder was ähnlich „kreatives“?
Das ist unmöglich, da wir immer auf Tour sind. Da bleibt nicht so viel Zeit zum Studieren. Außerdem würde ich sagen, dass wir es nicht nötig haben, Kunst zu studieren. Was wir machen, ist Kunst, folglich sind wir allesamt Künstler in der Band. Und wieso sollten wir dann Kunst erlernen, nur um dann einen Zettel zu kriegen, wo draufsteht, dass wir Künstler sind, wenn wir das eh schon vorher wussten?
Wo eure neue CD via Anti-, dem Sublabel von Epitaph, erschienen ist, müsst ihr euch zwangsläufig mit den ganzen „Sell-Out“-Gelaber rumschlagen, und das obwohl Epitaph noch nicht mal ein Majorlabel ist.
Ja, das ist schon kurios. Es gibt sehr viele schlechte Bands auf Epitaph, weshalb wir extra auf Anti bestanden haben. Was jetzt die ganze Diskussion angeht, so weiß ich auch nicht, was die Leute von uns wollen. Genau genommen machen wir immer noch unseren Sound, und alles drum herum so, wie wir es wollen, ohne das uns jemand da reinredet, oder wir uns ausverkaufen. Hast du ‘ne Ahnung, wieso sich die Leute über so was den Kopf zerbrechen? Wir sind doch nicht PENNYWISE oder BAD RELIGION.
Was mich wundert ist, wieso Ipecac nicht an euch interessiert waren.
Ipecac waren an uns interessiert, aber leider war es uns zu der Zeit unmöglich, mit ihnen zusammen zu arbeiten. Wir brauchten etwas Geld fürs Studio, und das Budget von Ipecac ist leider nicht so groß wie das von Epitaph. Es ist uns schon immer sehr wichtig gewesen, das Beste abzuliefern, aber aufgrund einer kleinen finanziellen Krise mussten wir das Angebot von Epitaph annehmen, um überhaupt was aufnehmen zu können. Aber unsere nächste EP wird auf Ipecac erscheinen, irgendwann Anfang oder Mitte nächsten Jahres.
Damals wurde euch nachgesagt, dass ihr Hardcore für fette Kids ruiniert hättet. Ist Übergewicht ein generelles Problem der Hardcore-Szene?
Nun, wir essen normal, wir machen keinen Diätenkram oder so was. Im Gegensatz zu anderen Hardcore-Bands konnten wir es uns nicht erlauben, Baggypants zu tragen, obwohl wir theoretisch alle vier da reinpassen. Außerdem geht uns dieses ganze Straight Edge- und Tough Guy-Ding ziemlich am Arsch vorbei. Die Leute in diesen Kreisen sind viel zu engstirnig. Nur weil wir nicht auf unser Gewicht achten müssen oder nicht immer total einen auf dicke Hosen machen, wurden wir nicht von den ganzen harten Kerlen mit billigen Tattoos akzeptiert. Dieses ganze Rumgezicke ist noch viel schlimmer als von irgendwelchen aufgetakelten Weibern.
Eure Musik würde ich als eine Art B-Movie aus den 50er Jahren beschreiben, wo irgendwelche Stuntmen in Gummi-Monsteranzügen Papphäuser zertrampeln. Inwiefern würdest du diesen alten Filmen und eurer Musik einen politischen Stempel verpassen?
Ich würde uns als eine politische Band bezeichnen. Wir sind mit diesen Godzilla- und Monsterfilmen aufgewachsen, insofern besteht da schon eine Verbindung zu unserer Musik. Damals wurde ja in diesen Filmen auf einer anderen Ebene über Politik gesprochen. Die Monster waren ja überwiegend durch Atombombenexperimente der Japaner oder Russen mutierte Insekten oder Außerirdische, die natürlich alle Amerika, insbesondere New York, zerstören wollten, aber es aufgrund des Patriotismus der ganzen Nation und des Präsidenten am Ende nicht geschafft haben. Die Medien vernebeln schon sehr viel in Amerika, und viele halten Amerika für das beste Land der Welt. Das stimmt aber nur teilweise, denn von den ganzen Machenschaften bekommen die meisten nichts mit, auch wenn sie sich dafür interessieren würden. Uns persönlich ist es sehr wichtig, mit wem wir zusammen arbeiten, sei es jetzt Label, Clubs, Bands mit denen wir touren, oder selbst die Typen, die unseren Merch-Kram machen. Wir drücken unsere Meinung durch unsere Musik und Texte eben ein wenig anders aus als andere Bands, die unbedingt jedem von ihrem Patriotismus überzeugen wollen. Uns geht es in erster Linie um Spaß an der Musik!
Wenn es von THE LOCUST Spielzeugfiguren geben würde, welche spezielle Fähigkeiten oder Waffen müssten dann die Figuren haben?
Hey, das wäre total abgefahren, solche Actionfiguren zu haben! Wir müssten alle furzen können, keine gewöhnliche Fürze, halt Fürze, die natürlich richtig derbe stinken. Unser Schlagzeuger hätte dann als einziger die besondere Fähigkeit, ganze Städte vollzukotzen. Als Bonus gäbe es noch eine Spielzeugstadt, die wir durch anfurzen und ankotzen total zerstören könnten.
Und wie sähe es mit einem eigenen Film aus, wo ihr den Soundtrack dazu abliefert?
Wir haben vor kurzem ein paar Lieder für einen Film von John Waters geschrieben, keine Ahnung ob und wie die verwendet werden. Ein eigener kleiner Film wäre genial, wir fangen auch gerade an mit diesem Medium zu experimentieren, mal schauen wie sich das entwickelt.
Hattet ihr schon mal in irgendeinem amerikanischen Staat Probleme wegen sexueller Belästigung aufgrund eurer hautengen kurzen Hosen während eurer Konzerte? Einige Gesetze bei euch sind da ja schon recht kurios.
Nee, solche Probleme hatten wir nicht. Wir spielen ja auch immer noch All-Ages-Shows, praktisch für die ganze Familie. Außerdem tragen wir Uniformen, die zugegeben recht eng anliegend sind, aber alles verdecken.
Was ist deine Meinung zu der ganzen MP3-Debatte?
Ich checke nur meine E-Mails, sonst lade ich mir nichts runter aus dem Netz. MP3s interessieren uns nicht, da wir schon vor einer Weile Lars Ulrich aus der Band geschmissen haben. Der Typ nervte die ganze Zeit damit ...
Irgendwelche berühmten letzten Worte zum „American Way Of Life“?
Ich bin kein Amerikaner, ich lebe nur in den Vereinigten Staaten, und dafür kann ich nichts. Aber mir wäre es wichtiger, den Leuten zu sagen, sie sollten mehr unternehmen. Museen oder Konzerte besuchen, statt in Chatrooms die Zeit zu verschwenden. Lieber ein gutes Buch lesen oder selber Musik machen.
Foto: Yvonne Inlund
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