Emsig ist die Band aus dem bayerischen Reut ja wirklich. Beruflich zwar voll eingespannt, bringen die fünf Jungs und Sängerin Lisa nun schon ihr sechstes Punkrock-Album seit 2009 raus. „Der Arsch auf deinem Plattenteller“ bietet abermals die bekannte Mischung – sperrig, metallisch, deutschpunkig, mit Fun-Punk-Elementen. Und sie reizen auch diesmal wieder die Spielzeit einer CD voll aus. Lisa, das Aushängeschild der DORKS, gibt bereitwillig Auskunft zu Punk und Politik.
Lisa, das mit dem „Einparteiensystem“ in Bayern hat sich mit der Landtagswahl ja nun erledigt. Glücklich bist du aber damit nicht, oder?
Na ja, ich habe ehrlich gesagt noch Schlimmeres befürchtet. Also die AfD mit noch mehr Prozenten. Allerdings ist es so, dass sich im Grunde hier in Bayern nichts ändert, alles immer noch derselbe Schmarren. Bayern bleibt im Grunde schwarz, nur dass viele CSU-Wähler jetzt vermutlich zu den Freien Wählern „geflüchtet“ sind.
Muss man den Freien Wählern, der „CSU light“, wie es ja oft heißt, nicht dankbar sein, weil sonst noch weit mehr zur AfD abgewandert wären?
Ja klar, einerseits hast du da recht. Das mit den Freien Wählern war aber meines Erachtens immer eine schwierige Sache. Da können alle möglichen Leute mitmischen, es können welche dabei sein, die vielleicht ganz okay sind und hier eben ihre milde konservative Alternative gefunden haben. Auf der anderen Seite haben sich, meinen Beobachtungen in vergangenen Jahren zufolge, auch immer wieder einzelne Personen in die Partei verirrt, die auch mit dem rechten Spektrum liebäugeln und hier einen Einstieg in die Politik versuchen. Aber da muss man in den Kleinstädten und Dörfern immer den Einzelfall betrachten.
Geld wählt bekanntlich selten links, sind die Grünen nicht mittlerweile einfach eine stramm konservative Partei? Oder kommt ihr Erfolg daher, dass die CSU im Wahlkampf zu wenig über die Umwelt sprach?
Wie in jeder Partei gibt es sicher auch bei den Grünen Leute, die diese Arbeit nur machen, um im Mittelpunkt zu stehen, und mehr reden, als sie im Endeffekt reißen können. Denen der Umweltschutz oder so dann gar nicht mehr so wichtig ist, wie vor der Wahl versprochen. Für mich gibt es gar keine Partei, die ich voll und ganz unterstützen kann. Trotzdem halte ich es für wichtig, wählen zu gehen, und ich denke auch, dass gerade die Leute, die wählen gegangen sind, zum einen keinen Bock auf die CSU hatten und zum anderen auch der AfD keine Stimmanteile bescheren wollten. Von vielen älteren Leuten und von einstigen CSU-Stammwählern habe ich auch gehört, dass sie mit Seehofer, Söder und Co. nichts mehr anfangen können. So kommt eins zum anderen und vermutlich auch dieser Erfolg bei den Grünen zustande. Also ja, ich denke sie wurden von vielen konservativen Wählern angekreuzt.
Mir ist aufgefallen, dass es in Bayern stellenweise eine „Arbeitslosenquote“ von unter 2% gibt. Geht es vielen Menschen bei euch einfach zu gut? Ich meine, die SPD und Die Linke kommen zusammen nur auf 13% ...
Leider ist es tatsächlich so, dass man, was das betrifft, vom „gelobten Land Bayern“ sprechen kann. Es gibt hier einfach deutschlandweit gesehen die meisten gut bezahlten Jobs. Auch im sozialen Bereich, wo ich arbeite, kenne ich keinen, der in einem anderen Bundesland mehr verdient als ich in meiner Branche. Wir haben Glück, dass sich hier viele gute Arbeitgeber niedergelassen haben, die auch dementsprechende Gehälter bezahlen können. Viele Leute aus meinem Bekanntenkreis sehen aber oftmals nicht, dass andere vielleicht mehr Probleme mit dem Job haben, und jammern dann trotzdem immer noch auf viel zu hohem Niveau. Die Leute verdienen hier auch in der Industrie einen Arsch voll Kohle, denn wir haben im unmittelbaren Umkreis viele große Firmen, gönnen aber jemandem, dem es vielleicht schlechter geht, nicht einen Cent. Genau solche, die ein fettes Eigenheim haben, schimpfen dann über Flüchtlinge oder haben die imaginäre Angst, dass ihnen irgendjemand etwas wegnehmen könnte. Denen wünsche ich von Herzen, dass sie mal richtig fett auf die Fresse fliegen.
Wie schätzt du Horst Seehofer ein, freut der sich insgeheim über dieWahlpleite von Markus Söder, was meinst du?
Das kann ich mir gut vorstellen, der Vollhorst sieht sich doch in seiner Fantasie selbst gerne als König von Bayern.
DIE DORKS haben Herrn Seehofer ja sogar einen schicken Aufkleber gewidmet.
Na ja, der Horst fordert ja die Abschiebung aller krimineller Ausländer. Wir wollen natürlich, dass diesbezüglich keine Ungleichheit herrscht, und fordern im Gegenzug die Abschiebung aller kriminellen Bayern. Den Seehofer beispielsweise konnten wir ja schon erfolgreich nach Berlin abschieben.
Wenn Politiker nach Wahlniederlagen sagen, sie hätten wohl leider ihre Themen nicht richtig rübergebracht, dann denke ich oft: Meinen die nicht eher, das Volk sei eh zu blöd, das Ganze zu erfassen?
Ich denke, das ist eher der gescheiterte Versuch, sich aus irgendwas rausreden zu wollen. Denn zu blöd, die Tricks der Politik zu erfassen, sind leider immer noch zu viele Menschen auf diesem Planeten. Deswegen wird es auch immer wieder aufs Neue Protestwähler geben, und populistische Parteien werden ebenfalls immer Zulauf haben. Sofern die Menschheit nicht ein gewisses Maß an Intellekt erreicht, wird das immer so bleiben.
Kommen wir zu etwas Erfreulicherem, eurer neuen Platte nämlich. Musste es unbedingt ein Kothaufen sein auf dem Cover?
Unsere neue Scheibe trägt ja den einladenden Titel „Der Arsch auf deinem Plattenteller“ und es gibt schon sehr viele versteckte Witze zum Thema Musik auf dieser Scheibe. Die Musikindustrie präsentiert uns ja täglich gar schrecklich Mainstreamtaugliches für unsere Plattenteller, aber Individualisten, die ihr eigenes Ding machen, hört man heutzutage leider nur noch sehr selten. 90% von dem, was in den Charts läuft, ist dieselbe kopierte Scheiße, die du gestern schon gehört hast. Was lag da also näher, als diesen musikalischen Kot auch bildlich darzustellen. Das wunderschöne Hinterteil, das ist übrigens unser Grafiker und Keytarist Donald, der hat sich das alles auch ausgedacht.
Jedenfalls denke ich bei der Scheibe einerseits an Johann Sebastian Bach und dann an die erste SLAYER-Scheibe, falls man sie in langsam abspielen würde ...
Haha, ich habe mich tatsächlich im Gitarrenunterricht immer mal wieder mit Bach auseinandergesetzt. Musikalische Spannungsbögen, Stimmungen, die Abwechslung, die man mit seiner Musik erzeugen will – da kann man sich definitiv in der klassischen Musik was abschauen. Bei der Arbeit an „Der Arsch auf deinem Plattenteller“ habe ich mir auch viele Gedanken um Arrangement und Konzept gemacht, um möglichst kein Lied wie das andere klingen zu lassen. Ich höre selbst auch sehr viel unterschiedliches Zeug aus dem Metal-Bereich, vorzugsweise Achtziger-Jahre-Metal, was mich dann natürlich auch wiederum intuitiv beim Schreiben der Riffs beeinflusst.
Ihr habt auf dem Cover und dem Textblatt hingekritzelte kritische Statements zu euren Liedern und so weiter. Das ist unheimlich gelungen, Bayern bleibt einfach die Kabarett-Hochburg im Lande. Fehlt euch nicht auch oft das Humorige, wenn es um Deutschpunk geht?
Du sagst es, es gibt mittlerweile kaum noch Bands, die sich selbst auf den Arm nehmen. Die meisten nehmen sich dafür selbst viel zu ernst, und jeder ist von sich selbst so furchtbar überzeugt, dass er der Beste ist. Da werden dann auch Texte so angepasst, dass sie möglichst noch jeder Besoffene im Bierzelt mitgrölen kann, weil man um jeden Preis total abgefeiert werden will. Humor, Satire, Provokation, vor allem, dass es einem selbst noch Spaß macht, das bleibt dabei alles auf der Strecke. Dabei ist das bei einer Band genauso wichtig wie die Musik, finde ich!
Bei „Zu fett für deine Lederjacke“ singt Wölfi von DIE KASSIERER mit – so stark ist er ja stimmlich noch nie aus sich herausgegangen. Da haben sich die Richtigen gefunden, was?
Um ehrlich zu sein, hatte ich anfangs ein bisschen Angst, ob das klappt, da es ja gar nicht Wölfis Tonlage ist. Aber dann hat es super hingehauen und es hat sich rentiert, dass ich den alten Herrn Wendland mit ein wenig Rock’n’Roll gefordert habe. Ich finde, das Lied ist sehr cool geworden, und mir gefällt vor allem der Wechsel zwischen unseren Stimmen supergut.
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