Ein Musiker, den ich sehr respektiere und dessen Zeitmanagement ich mittlerweile bewundere, ist Danko Jones. Nicht nur, dass der Kanadier mit seiner nach ihm benannten Band sehr gute Rockmusik macht, neben jahresübergreifenden DANKO JONES-Tourneen moderiert der Kanadier eine eigene Radioshow und brachte Anfang 2005 ein Spoken-Word-Album heraus. Dass DANKO JONES mit ihrem neuen Album „Sleep Is The Enemy“ trotz eines immer weiter steigenden Bekanntheitsgrades beim Indielabel Bad Taste Records bleiben, macht die Band darüber hinaus noch sympathischer. Und wer „We Sweat Blood“, das 2003er Release der Band, mag und auch Gefallen an eingängigen Melodien hat, der wird auch „Sleep Is The Enemy“ schnell ins Herz schließen. Mich hat das Album jedenfalls im Handumdrehen begeistert. Stücke wie der Opener „Sticky situation“, „She’s drugs“ oder „Invisible“ begeisterten mich, weil es DANKO JONES gelungen ist, die Härte, die „We Sweat Blood“ ausmachte, auf ihrem neuen Album beizubehalten, viele Songs aber durch die Addition von Melodien zu tollen Ohrwürmern zu machen. Am Anfang des Jahres 2006 ist dieses Album schon ein erstes Highlight, weswegen es selbstverständlich war, DANKO JONES anlässlich eines Promotiontages in Berlin persönlich zu sprechen.
Danko, „Sleep Is The Enemy“ ist ein überraschend melodisches und eingängiges Album geworden.
Richtig, das ist eine Entwicklung, auf die wir hingearbeitet haben. Wir wollten, dass die Leute „Sleep Is The Enemy“ genauso auffassen, wie du. Als wir 2004 unsere Welttour zu „We Sweat Blood“ beendet hatten, war mir klar, dass unser nächstes Album zwar die Härte von „We Sweat Blood“ haben sollte, gleichzeitig aber mehr melodische Parts beinhalten sollte. Das war der Grundsatz, auf dem wir das Album aufgebaut haben. Wie du siehst, haben wir das Album sehr bewusst aufgenommen und die Songs nicht einfach so entstehen lassen, sondern im Nachhinein noch viel an ihnen gearbeitet. Das war für uns als Band und für mich als Songwriter eine Premiere, zumal ich Singalong-Songs wie „First date“ oder „She’s drugs“ bis zum Beginn der Arbeit an „Sleep Is The Enemy“ noch nie geschrieben hatte.
Standet ihr wegen des Erfolges von „We Sweat Blood“ bei den Arbeiten an „Sleep Is The Enemy“ unter Druck?
Nein, der Druck, der auf uns lastete, als wir an „We Sweat Blood“ arbeiteten, war viel stärker. Das lag daran, dass „Born A Lion“, unser erstes Album, überraschend erfolgreich war. Als wir an „We Sweat Blood“ arbeiteten, hatte ich wegen dieses Erfolges das Gefühl, dass wir der Welt mit unserem zweiten Album beweisen müssen, dass wir kein One-Hit-Wonder sind, sondern an den Erfolg des ersten anknüpfen können. Ein Album aufzunehmen, das dieses Kriterium erfüllt, erfordert harte Arbeit, und wenn du dir erst bewusst gemacht hast, dass du in der Position bist, in der du etwas beweisen musst, kommt zum Arbeitsaufwand der psychische Druck. Nachdem wir diese Aufnahmen hinter uns gebracht hatten und „We Sweat Blood“ auch einen gewissen Erfolg hatte, wussten wir, dass die Leute DANKO JONES für voll nehmen. Deswegen sind wir zwar mit Vorsätzen, aber sehr entspannt an „Sleep Is The Enemy“ heran gegangen. Dieses stärkere Selbstvertrauen hört man unseren neuen Songs auch an, finde ich.
Wie viel Autobiografisches steckt in den Songs auf „Sleep Is The Enemy“?
Viel. Alle DANKO JONES-Stücke basieren auf Dingen, die ich wirklich erlebt habe. Ich bin der Ansicht, dass man nicht gut über etwas schreiben kann, was man nicht erlebt hat, und daher konzentriere ich mich auf die zwischenmenschlichen Dinge, die sich in meinem Leben zugetragen haben.
Zwischenmenschliche Dinge? Werde doch mal konkret.
Na ja, jeder Song von uns dreht sich um Frauen. Entweder um das Mädchen, in das du verguckt bist und mit dem du ausgehen willst, das Mädchen, mit dem du zusammen bist, oder das Mädchen, das nichts mehr von dir wissen will und dein Herz gebrochen hat. Du kannst somit mit Fug und Recht sagen, dass wir eigentlich nur über Ladys sprechen.
Wie gehst du an das Thema ran?
Was ich sehr bedauerlich finde, ist, dass viele Bands auf vulgäre Art und Weise über Frauen sprechen. Damit zeigen sie nicht nur, dass sie keinen Respekt vor Frauen haben, sondern auch, dass sie Klischees bedienen, wo sie nur können. Diese beiden Dinge sind mir absolut zuwider und deswegen versuche ich in meinen Songs zu zeigen, dass ich Respekt vor Frauen habe und sie auf keinen Fall degradiere. Nichtsdestotrotz werden wir immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert, frauenfeindlich zu sein. Das nervt zwar, aber ich kann es ansatzweise nachvollziehen. Denn viele Bands haben durch die herabwürdigende Art, wie sie über Frauen sprechen, bewirkt, dass jede Band, die in Rocksongs über Frauen spricht, zunächst als frauenfeindlich eingeschätzt wird. Wenn uns jemand damit konfrontiert, rate ich meistens dazu, einmal unsere Texte zu lesen. In aller Regel hat sich das Problem dann gelöst.
Für mein Empfinden hat der von dir angesprochene, bewusste Ansatz, „Sleep Is The Enemy“ melodischer klingen zu lassen, dazu geführt, dass man auf dem Album weniger Blues- und Soul-Elemente als auf euren ersten beiden Alben hört. Stimmst du mir zu?
Ja und nein. Ja, weil der deutlich hörbare, in allen DANKO JONES-Songs präsente Blues- und Soul-Einfluss über die Jahre zurückgegangen ist. Unser erstes Album „Born A Lion“ war ein Bluesrock-Album, keine Frage. Mit „We Sweat Blood“ wollte ich von der Kategorie „Bluesrock“ weg, deswegen war das Album hart und, wie zu Beginn gesagt, ist „Sleep Is The Enemy“ jetzt ein eher melodisches Album, das aber mit „We Sweat Blood“ mehr musikalische Ähnlichkeit hat als mit „Born A Lion“. Und nein, weil Rock’n’Roll aus Blues- und Soulmusik heraus entstand. Daher kann keine Band sagen, dass sie nicht auf irgendeine Weise von diesen Stilen beeinflusst ist.
Über den Song „The Cross“ auf „We Sweat Blood“ sagtest du mal, dass er von circa vierzig Personen aus der Musikindustrie handelt, deren Namen du auf einer Liste notiert hast und die du gerne ans Kreuz nageln würdest, weil sie DANKO JONES über die Jahre hinweg verarscht haben. Wie sieht es heute aus, besteht diese Liste noch?
Ja, aber für Europa spielt diese Liste fast keine Rolle, denn auf ihr stehen sind eigentlich nur Kanadier. Aber auch nachdem „We Sweat Blood“ herauskam, wurden wir immer wieder über den Tisch gezogen. Dem A&R unseres damaligen kanadischen Labels, Universal Canada, gefiel das Album nicht, weil wir ihm zu hart klangen. Kurz darauf wurden wir gedropt und vorerst hatten wir keinen Labelpartner in Kanada, der etwas für uns hätte tun können. Du kannst dir vorstellen, dass mich solche Ereignisse auch heute noch dazu veranlassen, die Liste um weitere Namen zu ergänzen.
Sicher ... Vor gut einem Jahr hast du ein Spoken-Word-Album heraus gebracht, was hat dich motiviert, diesen künstlerischen Weg einzuschlagen?
Die Idee „The Magical World Of Rock“ heraus zu bringen, kam daher, dass ich seit geraumer Zeit eine gleichnamige Radioshow moderiere, die aus Schweden heraus gesendet wird. Mittlerweile kann man sie auch über die Website magicalworldofrock.com hören und darüber hinaus haben wir die Übertragungsrechte an der Sendung auch an Radiosender in Deutschland, Spanien, Portugal, Norwegen und Kanada lizenziert. Die Natur der Radioshow brachte es mit sich, dass ich als Moderator der Show sehr viel redete, Interviews machte und allerlei Geschichten aus meinem Leben erzählte. Eines Tages saß ich dann mit Björn von Bad Taste Records zusammen und sagte scherzhaft, dass ich ein Spoken-Word-Album machen würde, weil mir das Moderieren der Show so gut gefällt. Björn sprang darauf an und sagte, dass er das Album in jedem Fall herausbringen würde. Ich nahm ihm beim Wort und nachdem die „We Sweat Blood“-Welttour beendet war, ging ich auf Spoken-Word-Tour, auf der wir das Album mitschnitten.
Die Reaktionen auf das Album waren ja eher gemischt ...
Ja, das stimmt. Ich will mich hier nicht selber bemitleiden, aber manche Urteile, die sich die Rezensenten gebildet haben, fand ich unverständlich. In Kanada schrieben viele von ihnen Dinge wie „Wer denkt er, ist er, Henry Rollins?!“. Solche Aussagen machen auf mich den Eindruck, als ob der Verfasser mir nicht zugesteht, dass ich gerade erst mit Spoken-Word-Sachen anfange. Henry Rollins und Jello Biafra machen das beide toll, keine Frage. Aber beide machen erstens schon sehr lange Spoken-Word-Kunst und zweitens sind sie auf diesem Gebiet fast alleine. Deswegen wird jeder Spoken-Word-Künstler mit ihnen verglichen, was vollkommen in Ordnung ist. Problematisch ist es nur dann, wenn jemand wie ich, der gerade ein Spoken-Word-Release gemacht hat, mit dem Henry Rollins, der so was seit 22 Jahren macht, verglichen wird. Na klar bin ich nicht so gut wie er, aber hast du dir mal seine ersten Spoken-Word-Aufnahmen angehört? Sie sind okay, aber keinesfalls so toll wie seine heutigen. In meinen Augen haben das viele der Rezensenten, die über „The Magical World Of Rock“ geschrieben haben, vergessen.
Was für ein Gefühl war es, das erste Mal auf die Bühne einer Spoken-Word-Show zu gehen?
Ich dachte nur, mein Gott, hier oben bin ich vollkommen nackt. Danko, du stehst hier alleine, hast keine Gitarre, um die Stille zu kaschieren, keine Band ist bei dir, und wenn du jetzt den Mund hältst, dann ist hier der ganze Saal still. Ungefähr solche Gedanken schossen mir durch den Kopf und machten mich bei den ersten Spoken Word-Dates etwas panisch. Bei einer DANKO JONES-Show kann ich es verstecken, wenn ich den Text vergesse, und ich kann locker jeden, der im Publikum blöde Kommentare macht, zum Beispiel „Fuck you!“ schreit, mit einer Gitarreneinlage übertönen. Beides geht bei einer Spoken-Word-Show gar nicht. Das macht aber nichts, ich liebe Spoken-Word-Shows und werde definitiv auch eine weitere Tour machen.
Kommen wir mal zu deiner Radioshow: Was für ein Gefühl ist es für dich, wenn du aus der Rolle des Interviewten, wie jetzt gerade, in die Rolle des Interviewers schlüpfst und mit Bands wie IRON MAIDEN und den HIVES sprichst?
Es ist ein erfrischendes Gefühl, die Interviewerperspektive kennen zu lernen und ich denke, dass ich aus den Interviews viel mitnehme und somit auch auf diesem Gebiet etwas lerne. Zudem, das wirst du ja selber wissen, ist es toll, wenn du Musiker interviewst, die cool zu dir sind, und so vielleicht das Bild, dass du aus den Medien von der Person hattest, bestätigen. Pelle von den HIVES war so jemand, ihm hat es gut gefallen, interviewt zu werden, und er ist mit Elan an die Sache herangegangen. Andere haben mich wiederum auflaufen lassen und mir ins Gesicht gesagt, dass sie keinen Bock haben. Und das ist dann schmerzhaft. Gerade, wenn dir jemand eine Abfuhr erteilt, dessen Musik dir wichtig ist.
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