Die BEATSTEAKS haben es geschafft. 1995 als kleine Hardcorepunk-Band gestartet, haben sie sich nach sechs Alben, einem Vertrag als erste deutsche Epitaph-Band, gemeinsamen Touren mit BAD RELIGION, DIE ÄRZTE und DIE TOTEN HOSEN und dem ersten Charteinstieg 2004 mit „Hand in hand“ bis zum Majorlabel Warner und 2011 mit „Boombox“ an die deutsche Chartspitze gespielt. Neben ihren großartigen Live-Auftritten haben sie sich dabei nie gescheut, ihren Sound weiter zu entwickeln und sich neuen Stilen zu öffnen. So haben die BEATSTEAKS immer mehr treue Fans um sich scharen können, ohne an Biss oder Attitüde zu verlieren. Das Geheimnis ihres Erfolgs? Vielleicht einfach die Tatsache, dass die Berliner tun, was sie wollen, und sich immer den Spaß an ihrer Musik und der Band bewahrt haben. Passend zum Coverfoto des neuen, selbstbetitelten Albums, fand das Gespräch mit Peter, Thomas und Thorsten bei einer entspannten Spree-Rundfahrt in der Hauptstadt statt. Alle drei stellten sich bestens gelaunt unseren Fragen.
Ist das Stress für euch, am laufenden Band Interviews zu geben?
Thorsten: Das ist alles halb so wild, das ist kein Stress für uns. Ich habe mich aufs Rad gesetzt und war in zehn Minuten hier. Das musst du mal allen Leuten sagen: Musiker, die Interviews nerven, sind alles Spacken. Sind wir mal ehrlich, was ist das denn für ein Beruf: Ich kann mich hier auf ein Boot setzen, bekomme noch Wasser, Brause, Bier und ein paar Bagels und nette Leute kommen und wollen Fragen stellen. Wer von so etwas genervt ist, ist ein Arschloch und soll seine Musik im Keller machen.
Das Album heißt schlicht „Beatsteaks“ und es ziert ein Bandfoto als Cover. Ist das als Statement zu verstehen oder ist euch einfach nichts eingefallen?
Thorsten: Peter hat gesagt, dass genau diese Frage kommen wird, wenn wir das Bild und den Titel nehmen, haha. Also ich würde sagen: ja und nein. Wir haben am Anfang nach geilen Namen gesucht, aber eben keinen Besseren gefunden. Ich finde es aber durchaus passend, dass wir jetzt diesen Titel haben und auch, dass unsere fünf Fressen auf dem Album drauf sind. Irgendwie war an der Zeit dafür.
Manche Bands wollen mit einem selbstbetitelten Album auf eine musikalische Neuausrichtung hinweisen. Und mit „Beatsteaks“ seid ihr in eurer Entwicklung doch noch einmal einen ganzen Schritt weiter gegangen als mit „Boombox“.
Thorsten: Ja, jede Platte ist ein bisschen eine Kurskorrektur. Bei „Launched“ wurde es etwas rockiger, bei „Smack Smash“ wieder etwas härter. Für mich ist „Beatsteaks“ ein bisschen der große Bruder von „Boombox“. Das Album ist ein wenig konstanter und runder. Klar, gibt es wieder ein bisschen was Neues, aber ansonsten den gleichen geilen BEATSTEAKS-Scheiß wie immer, haha.
Ihr habt euch diesmal große Namen für den Mix sichern können. Neben Nick Launay hatten auch Stephen Street und Joe Barresi ihre Finger im Spiel. Wie kam das zustande und wer hat was gemacht?
Thorsten: Nick Launay hat ja schon die letzte Platte gemischt und Thomas und Arnim waren damals ganz begeistert. Also war klar: Tricky Nicky aus Australien macht mit. Dann standen noch zwei andere Namen im Raum, nämlich Joe Barresi und Stephen Street, und wir haben die einfach mal angefragt. Die hatten dann auch Zeit und Lust.
Peter: Das war schon irgendwie irreal, weil das alles in relativ kurzer Zeit und mit begrenzten finanziellen Mitteln geklappt hat. So nach dem Motto: Lass uns doch einfach nur aus Quatsch versuchen, bei den Mixern eine Etage höher ins Regal zu greifen.
Thorsten: Wir haben uns hingesetzt und gesagt: „Up on the roof“ könnte zu Joe Barresi passen, weil der SOUNDGARDEN und QUEENS OF THE STONE AGE gemischt hat, oder „Be smart and breathe“ zu Stephen Street, der mit BLUR und Morrissey gearbeitet hat.
Habt ihr den dreien Vorgaben gemacht oder sie einfach schalten und walten lassen?
Peter: Natürlich haben wir die erst mal machen lassen, schließlich haben wir sie gezielt für einen bestimmten Sound ausgewählt. Aber du bist natürlich in deine Musik verknallt und willst nicht, dass irgendwas hinten runterfällt. Bei Launay zum Beispiel muss man immer auf den Bass aufpassen, denn der macht damit, was er will, haha. Thorsten meinte immer wieder: „Jetzt geht’s wieder los. Da überlege ich mir genau, wo das Mikro steht und ob da noch zu viele Mitten sind, und der nimmt einfach die Signale und macht irgendwas anderes.“
Täuscht der Eindruck oder finden sich im Sound von „Beatsteaks“ eine ganze Reihe Soundspielereien?
Thomas: Kommt drauf an, was du damit meinst. Wir finden, Soundspielereien gibt es diesmal gar nicht so viele. Fast alles ist live aufgenommen und es gibt weit weniger Overdubs als auf der letzten Platte. Das Keyboard ist natürlich ein wichtiger Bestandteil, weil wir einen so geilen Keyboardspieler haben. Peter Baumann liebt das Instrument und will uns immer überzeugen, dass es Teil unseres Sounds wird. Ein Markenzeichen sozusagen.
Und wie findet ihr das?
Thorsten: Wir hassen es wie die Pest, aber bei uns darf jeder machen, was er will.
Peter: Ich kann nicht spielen. Aber im Namen der Band mache ich alles, haha.
Thorsten: Thomas ist der Einzige, der wirklich Klavier spielen kann, und man muss wirklich mal anmerken, dass viele Demos von Thomas als Klavierdemos kommen. Unsere Gitarristen sagen dann aber: „Nee, komm, wir machen das mit der Gitarre.“ Das ist ganz oft so, dass am Ende der ganze Klimbim wegkommt und die Gitarre hinzu. Allerdings sind beim Mischen noch eine ganze Reihe Effektfarben hinzugekommen, vor allen Dingen von Barresi. Als wir die Mixe gemacht haben, waren die viel nackiger.
Thomas: Joe Barresi ist ein großer Delay-Fan. Was man gar nicht vermuten würde, wenn man an seinen trockenen Schlagzeugsound denkt, aber er hat wirklich viel Delay eingesetzt.
Peter: Wir haben oft nächtliche Skype-Sessions abgehalten und nur über Mixe geredet. Außer mit Stephen Street, bei dem waren wir in England.
Gab es denn Unterschiede zum Songwritingprozess von „Boombox“?
Peter: Nicht wirklich. Ich weiß nur, dass es extremen Spaß gemacht hat, „Beatsteaks“ aufzunehmen, weil es relativ schnell und unkompliziert ging, so wie es bei Rockmusik sein sollte. Nicht viel überlegen, sondern schön auf den Punkt. Wenn es etwas auslöst, ist es richtig. Die Vorbereitung hat etwa ein halbes Jahr gedauert. Die Aufnahmen an sich gingen so schnell, wie lange nicht mehr. Wir waren in zehn bis zwölf Tagen mit den Songs fertig und haben dann nochmals zehn bis zwölf Tage für den Gesang gebraucht. Noch ein paar kleine Overdubs und alles war fertig. „Boombox“ ist im Proberaum entstanden und fertiggestellt worden. Wir hatten da eben den Luxus, die Zeit zu haben, um am nächsten Tag zu sagen: Ich würde das lieber nochmals so und so machen. Doch letztlich vereinfacht das nichts, denn das Ergebnis wird dadurch nicht unbedingt besser und auch bei der Produktion und dem Mixen gehen manchmal genau die Kanten flöten, die man am Anfang super gefunden hat. Beim neuen Album kam es uns zugute, dass es diesmal immer irgendeine Deadline gab, ob jetzt für das Studio oder für Walter Schreifels, der uns bei den Texten geholfen hat, und auch irgendwann wieder wegmusste. Wir sind kurz und schnell zum Punkt gekommen und ich bin jeden Tag aus den Aufnahmen mit irgendwas rausgekommen, von dem ich dachte „Voll geil!“.
Wenn ihr Songideen zusammentragt, gibt es da jemanden, der immer die ungewöhnlichen Sachen anschleppt?
Peter: Am ehesten wohl Thomas. Ich bin eher traditionell veranlagt, auch von meinen Hörgewohnheiten her. Thomas versucht immer, noch etwas Spezielles zu finden, was man noch machen könnte. Meistens ist es ja am geilsten, wenn man irgendwas zum allerersten Mal macht, noch nicht genau weiß, wohin die Idee führen wird, und einfach losprobiert.
Von wem stammt der Tagebucheintrag, der am Anfang von „Creep magnet“ vorgelesen wird?
Thorsten: Das ist aus „Here We Come“. Der Film handelt von der Entstehung von Breakdance und HipHop in der DDR.
Thomas: Das sind so ein paar Typen, die in der Jetztzeit erzählen, wie sie damals in den Achtzigern in der DDR mit Rap und HipHop in Kontakt gekommen sind. Einer von denen hat damals mit 14 gerade mit Breakdance angefangen und beschreibt, was er fühlt.
Und was hat es mit der Zeile „I wish I was a drummer“ in „I never was“ auf sich?
Thorsten: Das hat unter anderem mit Arnim zu tun. Der wollte immer Schlagzeuger werden. Doch dann setzt er sich dran und meint nach drei Sekunden: „Oh, zum Glück bin ich kein Schlagzeuger geworden. Das ist ja scheißanstrengend.“
Peter: Ich bin nicht so gut mit dem Programmierzeugs, das dauert mir immer zu lange. Wenn ich also eine Songidee habe, trommle ich das zu Hause selber. Da fällt mir immer auf, wie schwer das ist. Was laut und mit Klick noch gut klingt, klingt nicht laut und ohne Klick ganz furchtbar, haha. Deshalb: „Ich wünschte, ich wäre ein Drummer“.
Thorsten: Damals bei DIE ROYS haben wir ja immer die Instrumente getauscht.
Macht ihr das noch?
Thorsten: Ja, ab und zu im Proberaum.
Thomas: Bernd wollte nur irgendwann nicht mehr. Dem geht es wie Obelix, nur dass er als Kind in einen See voller Tasteninstrumente gefallen ist und ein lebenslanges Trauma davongetragen hat.
Ihr habt musikalisch mittlerweile eine ganz schöne Entwicklung hinter euch und auf „Beatsteaks“ gibt es auch wieder einiges, was man so von euch noch nicht gehört hat. Gibt es noch Grenzen für euren Bandsound?
Thomas: Die Frage für jeden in der Band ist immer: Kannst du dir vorstellen, das live zu spielen und zwar so und so? Wenn er das kann und alle überzeugt sind, dann wird es auch umgesetzt.
Ich frage auch, weil Arnim mal angedeutet hatte, dass es mit den BEATSTEAKS vielleicht nicht mehr ewig weitergehen wird. Häufig trennen sich Bands, weil Bandmitglieder außerhalb der stilistischen Grenzen der Band etwas Neues ausprobieren wollen. Mittlerweile habt ihr euch aber musikalische sehr breit aufgestellt und eine große Fanbasis erspielt, die jetzt nicht schlagartig verschwinden wird, wenn ihr mit ganz anderen Ideen ankommt. Ihr könnt also eigentlich machen, was ihr wollt.
Thomas: Auf jeden Fall. Wir nehmen jedes Mal auf, was wir wollen und worauf wir am meisten Lust haben. Das ist der einzige Punkt, der für uns darüber entscheidet, ob wir Relevanz besitzen oder nicht.
Aber so etwas wie ein Akustik- oder Remix-Album müssen wir nicht befürchten?
Peter: Da rollen sich wahrscheinlich bei allen die Fußnägel hoch. Na gut, es gibt schon Sachen, die nicht möglich sind, haha. Wir versuchen immer, so nah wie möglich an dem zu bleiben, was wir selber gut finden. Man muss schon ein paar Kompromisse eingehen, wenn es um Dinge außerhalb der Musik geht, das ist okay. Unsere Musik werden wir immer beschützen. Nur so bist du unangreifbar und kannst auch damit umgehen, dass jemand sagt: „Oh, das Lied finde ich ja voll scheiße.“ Wenn du irgendwas aus Kalkül heraus machst, dann demontierst du dich selber. Das ist der Anfang vom Ende. Falls mal was nicht so gut ankommt, muss man eben hoffen, dass man gute Live-Konzerte spielt.
Welche Songs vom neuen Album werdet ihr auf der kommenden Tour spielen?
Thorsten: Zumindest auf der großen Tour spielen wir alle Songs des Albums.
Ihr tourt auch außerhalb Deutschlands. Zu Zeiten von „Launched“ wart ihr auch mal in den USA unterwegs.
Könntet ihr euch vorstellen, das noch mal zu machen?
Thomas: Wenn mal jemand fragt, vielleicht.
Thorsten: Das ist eben problematisch. Klar, könnte man wie damals für acht oder zehn Konzerte in die Staaten fahren. Wenn man da wirklich was reißen will, muss man aber wesentlich mehr unterwegs sein, und ich bin mir nicht sicher, ob wir wirklich bereit wären, so viel Geld und Zeit zu investieren. Allerdings glaube ich auch, wenn eine große Band wie ARACDE FIRE persönlich sagen würde: „Ihr seid so toll, ihr kommt jetzt mit auf Welttour.“, dass wir uns dann schön in den Proberaum setzen und sagen: „Ja.“
Thomas: Nein!
Thorsten: Genau, ihr könnt uns mal am Arsch lecken mit eurer Kackmusik, haha.
Könnt ihr schon sagen, wer euch diesmal auf Tour begleiten wird?
Thorsten: Jetzt bei der kleinen Tour werden das CHUCKAMUCK sein. Für die großen Konzerte nehmen die österreichische Electropop-Formation BILDERBUCH mit.
Wie seid ihr auf die gekommen?
Thorsten: Das ist immer ein Band-Ding, alle müssen die cool finden. Bei BILDERBUCH gibt es ein Video zu dem Song „Maschin“, in dem sich der Sänger in einem gelben Ferrari fläzt. Das hatte so ein Augenzwinkern, das ich gut fand.
Thomas: Die sind auf eine geile Art arrogant, wie Falco in den Achtzigern.
Thorsten: Wir haben uns dann ein paar Live-Videos angeschaut und hatten den Eindruck, dass das gut passt.
Also tourt ihr wieder mit einer deutschsprachigen Band. Was haltet ihr von neueren Bands wie beispielsweise MESSER oder LOVE A?
Peter: Ich bin da nicht so richtig drin. Thomas ist da viel bewanderter. Ich bin nur der Nutznießer davon und kann die Sahne abschöpfen, wenn mir die anderen mal ein paar CDs geben. Eigentlich habe ich gar keine Ahnung und hoffe immer nur, dass es nicht rauskommt, haha.
Thorsten: LOVE A finde ich sehr gut. Allerdings kann ich die ganze Platte nicht durchhören, weil der Typ alles schlimm findet, das ist dann körperlich anstrengend für mich, haha. MESSER ist erst mal ein unglaublich guter Bandname und auch eine saugute Band. Die klingen eben nicht wie viele andere nach so einem Rachut-Ding. KRAFTKLUB haben wir ja auch mitgenommen, weil das mal wieder richtig gute deutsche Texte waren – und weil der Sänger so lustig getanzt hat. Es gibt ja schon eine ganze Reihe peinlicher deutscher Bands. Du kannst da jetzt selbst einen Bandnamen einfügen.
Thomas: Ja, SLIME, TON STEINE SCHERBEN und TURBOSTAAT zum Beispiel.
Thorsten: Ehrlich, du findest die peinlich, haha. Nein, Quatsch, das sind coole Bands, die zum Beispiel bei euch im Ox stattfinden, aber dann gibt es noch die ganzen Bands, die im Radio laufen, und diesen deutschen Rap. Das ist alles ... nicht so schön. Generell sind wir ohnehin der Meinung, dass gerade viel zuviel deutsch gesprochen wird.
Habt ihr darüber nachgedacht, selbst noch mal einen deutschsprachigen Song zu schreiben?
Thorsten: Das passiert immer wieder und wir haben da sogar einen fertig. Peter hat den angefangen zu schreiben und Arnim hat den Text von Peter nochmals neu vertont. Der Titel ist: „Was wir heute nicht küssen, vermissen wir nicht.“
Thomas: Wir haben auch noch einen anderen großartigen Song, der heißt „Euer Leben ist scheiße, ihr habt genug“.
Das klingt doch vielversprechend. Woran liegt es, dass ihr sie nicht aufgenommen habt?
Thorsten: Arnim hat eben in einem anderen Interview gesagt, dass die einzigen nicht englischen Bands, die er hört, TRIO und DIE ÄRZTE sind. Er würde also nicht mit einer deutschsprachigen Idee ankommen, sondern die müsste von Thomas oder Peter kommen. Außerdem muss es der richtige Zeitpunkt sein.
Thomas: Wir haben die Songs auch schon live gespielt, wollen aber noch ein bisschen daran arbeiten.
Wenn das Leben gerade scheiße ist und ihr genug habt, also anders gefragt, wenn ihr schlechte Laune habt, gibt es da irgendeine spezielle Band oder ein Album, das ihr hört? Es soll ja Leute geben, die BEATSTEAKS hören, um wieder gute Laune zu bekommen ...
Thorsten: Hm, ich kann dir aber sagen, wodurch ich neulich schlecht drauf gekommen bin. Letztens bei YouTube, wo Ben Becker am Hockenheimring die BÖHSEN ONKELZ angesagt hat.
Thomas: Ben Becker, der früher mit Andreas Baader auf der weißen Jeansjacke in der Ankerklause getanzt hat, sagt jetzt BÖHSE ONKELZ an. Das passiert mit Leuten, wenn sie clean werden, haha.
Thorsten: Nee, der sah nicht aus, als wäre er clean. Also das schaue ich mir an, wenn ich schlechte Laune bekommen will. Wenn ich schlechte Laune habe, höre ich keine Musik, wenn ich ehrlich bin.
Thomas: Schlechte-Laune-Bands? Kann ich massiv mit dienen, haha.
Thorsten: Ja, der Thomas hat es nicht so mit der positiven Musik. Es kommt eben darauf an, ob man bei schlechter Laune bleiben will oder da rauskommen möchte. Also K.I.Z.-Platten erzeugen bei mir immer gute Laune. Für den anderen Fall vielleicht HÜSKER DÜ, oder?
Thomas: Nee, HÜSKER DÜ können wirklich sehr gute Laune machen. Das ist eben eine vielschichtige Sache. Ist das nur ein bisschen Melancholie, die etwas Country-Verstärkung bedarf, oder sind elektronisch-existenzielle Geschichten notwendig. Also will man einfach mal ein bisschen Schlagbohrmaschine hören oder ganz laut Formel 1 ohne Bild. Das war übrigens mal das beste Katerbekämpfungsmittel. Dann lernte ich EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN kennen und brauchte das nicht mehr.
Thorsten: Das ist echt kompliziert. Deswegen höre ich dann keine Musik, da habe ich das Problem nicht. Haha.
Thomas: Man kann aber auch Gartenarbeit machen.
Thorsten: Ja, Rasen mähen, Hecke schneiden und häckseln ist gut gegen schlechte Laune.
Peter: Wenn ich schlecht drauf bin, höre ich auch keine Musik, sondern mache lieber Sport.
Haltet ihr euch alle fit?
Peter: Schon. Wegen der Tour jetzt sowieso. Ich habe das aber jetzt auch verstärkt für mich entdeckt. Nach dem Unfall von Thomas konnten wir eine Zeit lang nicht mehr regelmäßig auftreten. Ich hätte das nie gedacht, aber diese körperliche Anstrengung, wenn man zwei Stunden auf der Bühne schwitzt, hat mir gefehlt. Ich fahre dann eine Runde Rad oder mache irgendwas anderes und plötzlich wird der Kopf wieder frei. Ich hab immer unwahrscheinlich gute Laune, wenn ich total ausgepowert bin.
Ihr spielt auch immer noch kleine Clubshows, obwohl ihr das jetzt eigentlich nicht müsstet. Ich nehme an, das ist euch wichtig.
Peter: Ja, sehr wichtig. Bei „Boombox“ haben wir gleich mit größeren Hallen angefangen. Da hat es etwas gedauert, bis wir uns wirklich wohlgefühlt haben. Das war ein bisschen viel Druck, den wir uns selber aufgeladen haben. Ist zwar alles gut gegangen, es war aber auch eine Lektion, wo wir gesagt haben, das machen wir beim nächsten Mal wieder wie immer: Warmspielen, Tuchfühlung aufnehmen. Man muss sich in die großen Hallen oder auf die Wuhlheide vorarbeiten. Um da locker aufzuspielen, brauchst du einfach einige Konzerte im Rücken.
Ihr wart auch mal so nett und habt auf der „Limbo Messiah“-Tour auf Zuruf zweier Schreihälse – die euch hier gerade mit Fragen löchern – „Barfrau“ gespielt. Passiert so etwas öfter und könnt ihr alle eure Songs so spontan spielen?
Peter: Auf großen Festivals selten, da kennen die meisten Leute die alten Sachen auch weniger. Bei Clubshows kommt das schon häufiger mal vor. Aber nein, wir haben mittlerweile so viele Lieder, dass wir die nicht alle behalten können. Aber „Barfrau“ ist von den Akkorden her ja überschaubar.
Bei den Auftritten, den DVDs oder auch hier merkt man euch deutlich an, dass ihr euch den Spaß an eurer Musik erhalten habt. Was ist das Geheimnis?
Thorsten: Wir zahlen uns im Monat nur so wenig Gehalt aus, dass der Hobbygedanke immer noch erhalten bleibt, haha. So: „Ich geh dann noch auflegen, damit ich meine Miete bezahlen kann.“ Also an alle Bands da draußen: Schön die Kohle rationieren, dann bleibt die gute Laune erhalten.
Ihr hattet in den letzten Jahren ziemlichen Erfolg. Gab es da mal einen Punkt, an dem ihr zumindest mal kurz die Bodenhaftung verloren und beispielsweise mal etwas richtig Rockstarmäßig-Dekadentes getan habt?
Thorsten: Unfreiwillig. Ich saß mal im Bayrischen Hof in München und dachte: „Wow, das ist echt large.“ Ernsthaft, da ist jetzt nicht viel Spielraum nach oben, um Dekadenz groß auszuleben. Und mal eine Flasche Champagner nach einem Konzert finde ich jetzt nicht dekadent. Das kann man sich auch mal gönnen, wenn man darauf Bock hat. Ansonsten sind wir ganz normal. Da kommt keiner mit einem fetten Auto zur Probe.
Thomas: Ja, denn man fährt Motorrad.
Peter: Tatsache, ich hab mir vor einiger Zeit aus einer Laune heraus ein Motorrad gekauft. Ich dachte, ich hätte das Motorrad-Ding hinter mir gelassen, aber dann hat es mich doch noch mal angefixt und ich habe mir ein fast neues gekauft. Da wollte ich am Abend davor noch umschwenken, weil ich Angst vor der eigenen Courage hatte. Das ist jetzt wirklich Luxus, etwas, das ich nicht brauche. Das nehme ich, wenn das Wetter schön ist und fahre eine Runde rum. Das macht den Kopf frei. Außerdem ist meine Frau aus Amerika und da fliege ich jedes Jahr mindestens einmal hin. Das empfinde ich als Luxus, den ich mir dann rausnehme.
Thorsten: Als wir die Fotos für „Muffensausen“ auf einem Hochhausdach in Friedrichshain gemacht haben, konnte man gut sehen, wie dort Dachgeschosswohnungen mit Whirlpool für irgendwelche reichen Typen ausgebaut wurden. Ich muss ja sagen, wenn ich das Geld hätte, würde ich die ganze dekadente Scheiße so richtig hart durchziehen, haha. Da mir dafür aber leider das nötige Kleingeld fehlt, können die mich alle mal am Arsch lecken! Punkerattitüde eben, haha!
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