Foto

ÖSTRO 430

Punkrock nach Hausfrauenart

Vor ein paar Monaten sah ich ÖSTRO 430 im Düsseldorfer Zakk live und war angetan: Auch über vierzig Jahre später hat die im Zuge der 2020er Werkschau „Keine Krise kann mich schocken“ reaktivierte Band um die beiden Bandgründerinnen Martina Weith (voc, sax, acc) und Bettina Flörchinger (key) es noch drauf – ein ganzes Leben liegt zwischen damals (1984 lösten sie sich auf) und heute. Mit „Punkrock nach Hausfrauenart“ haben sie augenzwinkernd einen Plattentitel gewählt, der – vielleicht beruht er ja auf einem machistischen Spruch über die Band – das Elend einer von Männern dominierten Rockmusik-Welt subsummiert: Die Lindemänner sind die Alphatierchen und sagen, wo es langgeht ... nicht. ÖSTRO 430 waren damals Studentinnen und sind heute Frauen im Beruf, die sich nichts sagen lassen von Menschen, die ihre Kompetenz allein auf Basis ihrer Chromosomen begründen. Das hört man den fast durchweg wütenden Texten an, wie beim Opener „Alte Männer“, wie bei „Klugscheißer“ und bei „Fick das System“ – älter sind sie geworden, aber kein Stück ruhiger. Damals waren ÖSTRO 430 Teil der später verallgemeinernd unter „Ratinger Hof“ subsummierten Düsseldorfer Szene zwischen Punk und NDW, veröffentlichten auf dem legendären Label Schallmauer-Records. Heute sind sie anders als etwa ihre Alterskohortenbegleiter FEHLFARBEN nicht immer noch, sondern wieder dabei, und wo die über die Jahrzehnte Zeit hatten, ihren Sound in die Gegenwart zu morphen, habe ich bei ÖSTRO 430 das Gefühl, die haben einfach da weitergemacht, wo vor fast vier Dekaden Schluss war. Das bringt bei aller Eingängigkeit mit sich, dass die elf Songs eben deutlich danach klingen, wie damals Musik gemacht wurde und weniger wie eine heutige Band. Was eine Beschreibung ist und keine Wertung. Mit Gästen wie Bela B, Stoppok (...) und den damaligen Wegbegleiter:innen BÄRCHEN UND DIE MILCHBUBIS hauen die vier Düsseldorferinnen das Statement raus: „Hey, wir sind wieder da und haben was zu sagen!“ Ach ja, über den Gender-Doppelpunkt kann man mit denen – siehe „Wörterpolizei“ – sicher intensiv diskutieren ...