Oh, welch philosophischer Albumtitel: Nein, die Straßen führen nicht alle nach Rom, sondern nach Ausfahrt. Was an "Ausfahrt" so toll ist, dass man das bekannte Autobahnschild als kanadische Band auf sein Plattencover nimmt und die Scheibe auch noch entsprechend betitelt? Na, das ist so lustig, wie wenn man als Deutscher über den Titicaca-See witzelt oder angesichts der Po-Ebene herumalbert - und der Nordamerikaner findet halt, dass "Aus" sehr nahe an "ass" wie Arsch ist und "fart" als Ausdruck für Darmwinde und "Fahrt" sehr ähnlich klingen, und den Rest kann man sich denken.
Plus der Punkt, dass eine Band auf der ersten Tour sich durchaus wundern mag, warum denn bitteschön alle Straßen nach "Ausfahrt" führen, wenn das noch nicht mal auf der Karte verzeichnet ist ...
Weit hergeholt? Fragt die beiden Engländer, die neulich ihr Auto in Köln in der "Einbahnstrasse" parkten und schließlich Polizei bemühten, um die Karre wieder zu finden - dabei hatten sie den Straßennamen doch extra notiert ...
Aber zum Thema: NO MEANS NO haben nach sechs(!) Jahren doch tatsächlich wieder ein neues Album aufgenommen, und dabei waren sie ja nicht gerade faul in den letzten Jahren, mal selbst, mal partiell als HANSON BROTHERS in Europa und vor allem Deutschland unterwegs (wo man sie von allen Ländern wohl am meisten schätzt).
Sechs Jahre sind verdammt lang, da mag mancher schon befürchtet haben, die Wright-Brüder hätten es am Ende verlernt, die typischen Frickelbrecher zu schreiben, die seit den frühen Achtzigern ihr Markenzeichen sind, doch es kann Entwarnung gegeben werden: "All Roads Lead To Ausfahrt" ist das musikalische Äquivalent zu einem automobilen Klassiker, der sorgsam von kundiger Hand überholt wurde, neu lackiert, mit Originalersatzteilen ausgebessert, und der jetzt so glänzend und rund laufend vor einem steht, als käme er direkt aus dem Werk.
Nach Gnadenbrot winselnde Spätwerke machen andere, NMN sind grauhaarige Meister des Komplexcores, und seit ich sie Ende der Achtziger das erste Mal live gesehen habe, schaffen sie es immer wieder, mich mitzureißen, sind ihre Breaks unglaublich perfekt getimet, erzeugen sie einen soghaften Groove und sind verschmitzt grinsende Meister des mathematisch perfekten Punkrocks.
Sowieso habe ich das Gefühl, dass hier beim einen oder anderen Song (etwa "In her eyes", hier auf der Ox-CD zu hören) das Alter-Ego, die ramonesken HANSON BROTHERS, deutliche Spuren hinterlassen hat.
Und sollten NMN etwa altersmilde geworden sein? Nein, zahm ist sicher der falsche Ausdruck zur Beschreibung der 13 Lieder, aber das Trio aus Vancouver ist hier erstaunlich eingängig, unherausfordernd, melodiös, freundlich - und das steht ihm gut.
Ein Muss, diese Platte. (09/10) Auf der Ox-CD zu hören.
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