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MOTORPSYCHO

The All Is One

Eines kann man den Norwegern MOTORPSYCHO in ihrer gut dreißigjährigen Karriere sicherlich nicht vorwerfen, und zwar mangelnde Ambitionen. Nicht erst auf ihren letzten beiden Platten „The Tower“ (2017) und „The Crucible“ (2019) tauchten MOTORPSYCHO tief in die Sphären des komplexen, epischen Progrock ein, und für wen Bands wie YES, SOFT MACHINE, HAWKWIND oder KING CRIMSON schon immer ein rotes Tuch waren, der dürfte den Norwegern eher mit Abscheu begegnen. Wobei einen ihr an Russ Meyers Film „Motorpsycho“ angelehnter Name schon immer auf eine völlig falsche Fährte führte. Mit dieser Hinwendung zu solch einem eher vertrackten jazzigen Umgang mit Rock haben die Norweger sicher auch viele langjährige Fans verloren, die jetzt lieber SPIDERGAWD hören, bei denen das MOTORPSYCHO-Ex-Mitglied Kenneth Kapstad mitspielt. Bands behaupten ja gerne, ihr neues Album sei das beste, MOTORPSYCHO dürfen aber auf jeden Fall sagen, dass „The All Is One“ definitiv zu ihren besten Platten gehört. Schon „The Tower“, ebenfalls ein Doppelalbum (auch so ein Relikt der Siebziger), beeindruckte mit songwriterischer Brillanz und musikalischer Virtuosität, war allerdings auch sehr anstrengend und sperrig, was den Spaß daran etwas schmälerte. Auch „The All Is One“ erstreckt sich wieder über vier LP-Seiten beziehungsweise zwei CDs und wartet gleich mit zwei zwanzigminütigen Brocken auf, bei denen MOTORPSYCHO all ihre unterschiedlichen Gesichter zeigen und ihren früheren melodischen Indierock quasi in kosmische Weiten katapultieren. Für mich ist „The All Is One“ definitiv ein spätes Meisterwerk der Norweger, enttäuschte Fans der ersten Stunde haben dazu wahrscheinlich eine andere Meinung.