Ich bin fast immer ratlos, wenn ich für meine Ox-Playlist einen Platte für die Rubrik "Enttäuschung der Ausgabe" nennen soll. Enttäuscht sein kann man ja nur, wenn man vorher hohe Erwartungen hatte, und als gnadenloser Realist schockt mich eben nicht mehr viel.
Bei den paar Bands hingegen, wo ich über die Jahre zum kindischen Fan geworden bin, die ich bei jeder Gelegenheit angepriesen habe, bin dann aber auch ich mal enttäuscht, und so trifft es diesmal die (einst) verehrten BELLRAYS: Seit ich die Band Ende der Neunziger kennen lernte und (in den USA) mehrfach live gesehen hatte, war ich auf jedem erreichbaren Konzert, liebte ihren auf der Bühne, aber auch auf Platte unglaublich lauten, energiereichen Soulpunk mit der unverkennbaren MC5-Kante - und natürlich ist das markante Organ von Sängerin Lisa samt ihrer außergewöhnlichen Erscheinung der größte Aktivposten der Band.
Und nun also "Hard Sweet And Sticky" ... Das Album eingelegt, es war im Auto, und nach zwei, drei Songs instinktiv zur Handbremse gegriffen, ob zu sehen, ob die gelöst ist - ein klassischer Fall von Übersprungshandlung.
Aber genau so "fühlt" sich die Platte an, und die Tendenz, die man schon beim (weitestgehend gelungenen) Vorgänger "Have A Little Faith" beobachten konnte, setzt sich hier konsequent fort: größere Produktionsanstrengungen, konzentriertere Studioarbeit, und in der Folge ein ruhigeres, glatteres Album.
Nur: Ich habe die BELLRAYS geliebt für ihre unglaubliche Energie, ihre brachialen Gitarrenattacken, die brutale, ohrenbetäubende Lautstärke - das machte den ursprünglichen Punk-Faktor aus bei einer Band, deren Soul-Part dazu im harten, aber reizvollen Gegensatz stand.
Und jetzt? Tony "Kick out the jams!" Fate ist raus aus der Band, Bassist und Lisa-Ehemann Bob Vennum wechselte an die Gitarre, und ein neuer Bassist, der auf der Bühne durch blödes Getänzel negativ auffiel, füllt die Lücke aus.
Ganz klar: Tonys durchdringender Gitarrensound fehlt, und mag das Songwriting auch noch so ausgereift sein, die BELLRAYS sind erschreckend zahm geworden, und allein bei "Psychotic hate man" fühlt man sich nochmal an alte Zeiten erinnert - es dauert aber bis zum siebten Track, dass einem dieses Glück widerfährt.
Und so steht am Ende dieser Besprechung ein großes SCHADE!, jedoch habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Viel Glück beim Finden der Platte übrigens, denn die ist derzeit nur als Frankreich-Import zu bekommen, weil der Manager bei den Verhandlungen mit einem deutschen Label wohl zu hoch gepokert hat.
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