Es ist ein Ende mit Ansage: Beim Interview im Dezember 2022 ließen COCK SPARRER durchblicken, dass die biologische Uhr für sie tickt nach über 50 Jahren als Band, da man sich nicht vorstellen könne, mit über 70 (Bassist Daryl mal ausgenommen) nochmal ins Studio zu gehen. Konsequenz: Das 2024er-Album „Hand On Heart“ wird absehbar das letzte sein. Konzerte? Die wird man noch spielen, solange die Gesundheit mitmacht, sonst wäre das Rentnerleben ja auch zu langweilig. 1972 gründeten Colin McFaull, Mickey Beaufoy, Steve Burgess und Steve Bruce im Londoner East End ihre Band. Ein Deal mit Decca Records zur Punk-Hochzeit hätte sie mit ihrem titellosen ’78er-Debüt ganz nach oben befördern können, stattdessen war 1978 Schluss. Von 1982 bis 1984 ging es weiter, die Genreklassiker „Shock Troops“ und „Running Riot In ’84“ erschienen, und 1992 dann das überraschende Comeback und der Einstieg des „Neuen“, Daryl. 1994 der Release von „Guilty As Charged“, mit dem COCK SPARRER wieder zu einer stets präsenten Band wurden. Drei weitere Alben folgten, 1997 „Two Monkeys“, 2007 „Here We Stand“ und 2017 „Forever“. Und nun „Hand On Heart“, mit dem sich die Londoner Szene-Underdogs ein finales Denkmal setzen. Auch wenn man das als Fan oft übersehen hat, man stand ja schließlich mit hunderten anderen Punks und Skinheads auf dem Konzert und grölte „Running riot“ mit, waren und sind COCK SPARRER trotz einer weltweiten Anhängerschaft eben immer Underdogs geblieben. Als andere Charterfolge feierten, gingen sie normalen Jobs nach, und wurden dann später die Punk-Zeitgenossen in der etablierten Musikpresse gefeiert, wandte man sich von COCK SPARRER als Vertretern der Oi!-Subkultur leicht naserümpfend ab. Das wirkt nach, wie man auch im aktuellen Interview nachlesen kann. Wo andere Zeitgenossen aber nach 50 Jahren längst mehr lahme als gute Platten veröffentlicht haben oder sich ein verbliebenes Urmitglied mit Hilfsmusikern unter dem legendären Namen durch die Lande schleppt, blieben COCK SPARRER fast gänzlich im Original-Line-up zusammen und schwächelten musikalisch nie. Und tun es auch auf „Hand On Heart“ nicht. Längst eifern ihnen junge Bands wie GRADE 2 und THE CHISEL nach, bekennen sich klar zu ihren Vorbildern, aber das Original ist eben unverkennbar und (noch) unersetzlich. Mit dem schon beim zweiten Hören vertraut wirkenden Opener „With my hand on my heart“ gibt es einen starken Einstieg, bei „I belong to you“ möchte man schon beim ersten Hören mitsingen, „Rags to riches“ ist ein klassenkämpferisches Statement, das die Band so auch 1976 geschrieben haben könnte, mit „My forgotten dream“ mit seinen Streichern(!) haben sie eine fast schon radiotaugliche Ballade geschrieben, und „Here we stand“ ist dann der furiose Abschied – fürs erste nur aus dem Album. Well done.
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