AKNE KID JOE, mit diesem streitbaren Bandnamen bietet die Punkband aus Nürnberg wenigsten einen Angriffspunkt. Was auf den ersten Blick so wirkt, als ob sich ein paar Scheißer mit Einzweidreivier-Punk frech machen wollten, ist da auf den zweiten Blick wahrscheinlich die nächste Generation Punk.
Dosenbier und Denken, kennt man, war aber schon lange nicht mehr da. Entdeckt von PASCOW-Alex, stehen AKNE KID JOE mit ihrem zweiten Album „Die große Palmöllüge“ in der Tür. Sänger Matthias lässt keinen Widerstand gelten, klingt wie kurz vor Herzinfarkt und ohne Abendessen ins Bett.
Den Anfang macht aber Sarah, in „Sarah (Frau, auch in ner Band)“ ist sie mit bereits erwähntem Alex im Auftrag der Gleichberechtigung unterwegs. Tut das Not? In einer Gesellschaft, in der in links-queeren Zentren auf die die aufgehängte Anzeige „Schlagzeuger gesucht“ schnell noch hastig ein „*in“ gekritzelt werden muss, anscheinend schon.
Wieder ohne Bass, dafür aber mit Keyboard unterwegs, widmen sich AKNE KID JOE den offenen Baustellen in Mus-City. Kapitalismus? Eskapismus? Whataboutismus? Feminismus? Rassismus? Es gibt aber auch wirklich noch einiges zu klären und natürlich hat das Quartett eine lautstarke Meinung.
Was AKNE KID JOE von den meisten LOVE A-PASCOW-TURBOSTAAT-Klonen ohne Ideen unterscheidet, ist der Mut, sich nicht zu fragen, was das bringt, und die Fähigkeit, um die Ecke zu denken. Es gibt Botschaften, die klar auf der Hand liegen.
In „What AfD thinks we do ...“ greift die Band eine AfD-Rede zum Thema „Demogeld“ auf. Ist klar, dass es zwar keinen „Antifa-Tarifvertrag“ gibt, wir aber alle trotzdem stillschweigend genau dazu verpflichtet sind.
Vom Gewissen, nicht wegen des Geldes. Dann gibt es aber auch Systemkritik, die sich nach innen richtet und erst bei genauem Hinhören als hörenswert entpuppt. „Steppenwolf“ für alle Hängengebliebenen, die innerhalb ihrer Blase genauso in der Früher-war-alles-besser-Schleife feststecken wie die Vollidioten, gegen die sie skandieren.
„Unsere Kneipe“ als kleiner Denkanstoß, ob es eventuell noch mehr Betätigungsmöglichkeiten als Thekensport geben könnte. Und natürlich, die für die Band untypische Emo-Ballade „Ich vs. mich vs.
euch“, bei der einem das Lachen sprichwörtlich im Halse stecken bleibt. Die Texte sind auf einfach gebügelt und doch vielschichtiger als gedacht. Eine Band mit Idealen, die sich viele Gedanken um ihre Musik und deren Wirkung macht.
In erster Linie machen sie aber Spaß und die Koop mit HC BAXXTER treibt die Dreistigkeit und Konsequenz, mit der sie das tun, auf die Spitze. Massive Beats beschwören den Untergang des Punk.
Oder ist der etwa schon untergegangen und Auslachen war Teil des Plans? Es ist erfrischend, dass hier eine Band am Tresen steht, die uns aus dem lethargischen Kopfpunk-Jammertal herausführt.
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