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BAD BRAINS

I Against I

Die Musikversorgungslage in den 1980ern war bisweilen prekär. Bands wie die BAD BRAINS kannte man von Mixtapes und Compilations, aber ausgerechnet ihre wichtigste Platte, die gelbe mit dem Capitol-Blitz-Cover von 1982, war nur als seltsamer Tape-Release auf ROIR zu bekommen, die andere gelbe, „Rock For Light“ von 1983 mit sich überschneidendem Songmaterial, aber immerhin sogar als deutsche Pressung von Line Records zu haben. Wir glaubten die Band zu kennen, hatten uns auf ihren Mix aus beinhartem Hardcore und Reggae eingestellt, und dann kam da 1986 auf dem gefeierten SST-Label „I Against I“ und es gab allenthalben Stirnrunzeln ... Was hatten die da angestellt ...? Mit Ron St. Germain hatten sie so was wie ein fast schon cleanes Rock-Album aufgenommen, mit laschen Songs wie „Secret 77“ oder „Return to heaven“, und auch die Klopper, bei denen die alte Band durchblitzte, wie „Let me help“ oder „House of suffering“, wirkten wie mit angezogener Handbremse gespielt, mit H.R.s Stimme weit im Vordergrund und den Instrumenten, von der Solo-Gitarre mal abgesehen, irgendwo da hinten. Oder das funkige „She’s calling you“, oder „Sacred love“ mit dem seltsamen Telefon-Gesang (was es tatsächlich war, der Sänger saß ein ...) ... Immerhin, der Opener „I against I“ ballerte. Wir fremdelten und konnten uns doch der Faszination für die Band nicht entziehen, gewöhnten uns, hörten uns das Album schön und irgendwann zum Klassiker. Wie es eben so ist, und was Menschen, die nicht damit aufgewachsen sind, heute vielleicht nicht nachvollziehen können. Das Album, ohne Bonusmaterial neu aufgelegt, ist und bleibt seltsam, aber ist eben so verdammt vertraut. Und was den ganzen Hintergrund betrifft: Damals hatte keiner eine Ahnung, was sich hinter der (ideologisch fragwürdigen) Rastafari-Bewegung verbirgt, wir waren beeindruckt, dass es doch auch eine Hardcore-Band aus der afroamerikanischen Community in den USA gab, SST bürgte für Qualität, und so „anders“ „I Against I“ auch ist, so hat es damals doch diverse Musiker:innen und Bands nachhaltig beeinflusst, dürfte das Album in kaum einer Plattensammlung fehlen, die damals zusammengekauft wurde.