HANS-A-PLAST

Ausradiert CD

Eigentlich seltsam: An einer der wichtigsten und besten deutschen Punkbands ging die "Verschwende deine Jugend"-Welle völlig vorbei, ihre Platten waren jahrelang nicht erhältlich, und erst jetzt, da dieser, nun, "Retro-Hype", schon wieder abgeflaut ist, hat sich ihr einstiges Label zusammen mit Strange Ways darum bemüht, die drei wegweisenden Alben nebst der Singletracks im CD-Digipack-Format inklusive dickem Booklet neu aufzulegen.

Wobei: Wenn allenthalben nationalbesoffen geprahlt wird, man singe jetzt wieder deutsch, nur weil ein paar mehr Dumpfbacken als sonst in ihrer Muttersprache statt in Englisch Dünnpfiff verbreiten, dann ist es nie zu spät, eben diese Akteure auf die Referenzklasse zu verweisen.

1978 in Hannover gegründet, hatten HANS-A-PLAST ihren ersten Auftritt auf dem No Fun-Festival, und nachdem Sängerin Annette im Winter eingestiegen war, nahm der Fünfer das erste, titellose Album auf, auf dem sich so brillante Songs finden wie "Rock'n Roll Freitag", "Für 'ne Frau", "Starfighter" (böser Tippfehler auf der CD ...), "Rank Xerox" oder "Was tun wenn es brennt" - sowie die beiden Bonustracks "Sex Sex Sex" und "Barfuß in Scherben".

Als musikalische Vorbilder werden immer wieder X-RAY-SPEX erwähnt, und wirklich bemerkenswert ist an HANS-A-PLAST, dass sie eine in thematischer Hinsicht außergewöhnlich Band waren, weil wie bei keiner anderen aus ihrer Generation explizit Frauenthemen angesprochen wurden.

Im oft auch mal machohaft auftretenden (deutschen) Punkrock dieser Zeit findet man zwar gerne mal pubertäre Phantasien, aber Songs wie "Lederhosentyp", "Für 'ne Frau" oder "Ich bin hungrig" (oder "Sicherheit" von der zweiten Platte) sind in der Direktheit ihrer Aussage schon einzigartig und nahmen das, was 15 Jahre später als Riot Grrrl-Thematik wahrgenommen wurde, lange vorweg.

Auch politisch nahmen HANS-A-PLAST kein Blatt vor den Mund, etwa in "Rank Xerox" über die Terroristenhysterie in der Folge des Deutschen Herbstes, in"Polizeigeknüppel" über eben Bullengewalt oder in "Machtspiel" von der eigentlich auch titellosen, aber oft als "2" betitelten Nachfolgeplatte von 1980/81.

Die erschien auf dem kurz zuvor gegründeten Label No Fun Records, das die Band zusammen mit dem bis heute umtriebigen Musikjournalisten Hollow Skai gründete und auf dem Platten von Bands wie ROTZKOTZ, DER MODERNE MANN, MYTHEN IN TÜTEN oder BÄRCHEN UND DIE MILCHBUBIS veröffentlicht wurden.

Die erste Platte hatte sich bereits über 10.000mal verkauft, über die Jahre kamen die ersten beiden Alben sogar auf zusammen über 120.000 Exemplare, die Musikpresse überschlug sich vor Begeisterung, es entstand ein ziemlicher Wirbel um die Band.

Die zog sich daraufhin etwas zurück, und es dauert bis 1983, dass das neue, dritte Album "Ausradiert" erschien. Da war die Neue Deutsche Welle in voller Fahrt, und auch wenn HANS-A-PLAST mit den meisten dieser Bands weder musikalisch noch thematisch etwas verband, wurden sie doch in einen Topf geschmissen, freilich ohne dass die Band davon wirklich profitieren konnte.

"Nur" 10.000 Stück des doch etwas glatteren, aber auf keinen Fall nichtssagenden Albums (man höre sich nur mal das antiklerikale "Sacco di Roma" an) wurden verkauft, und bald darauf war es vorbei mit HANS-A-PLAST.

Wem die Suche nach dem Originalvinyl zu aufwendig ist, der kommt als an deutscher Punk-Historie interessierter Mensch auf keinen Fall an diesen drei remasterten CDs vorbei, und einzig die Tatsache, dass in den Booklets keinerlei Hintergrundinfos zu finden sind wie Presse-Schnipsel, Interviewzitate, Bandgeschichte etc.

gilt es zu tadeln. (8)