In Ox #138 im Juni 2018 schrieb ich diese weisen Sätze: „Seltsam, wie man manchmal das Gefühl bekommt, es mit einer Band zu tun zu haben, von der man noch hören wird. Die Australier AMYL AND THE SNIFFERS sind so ein Fall.
Mit ‚Giddy Up‘ und ‚Big Attraction‘ veröffentlichten sie 2016 und 2017 in Eigenregie je eine EP, im März 2018 gab es einen neuen Song (‚Cup of destiny‘), doch ein ‚richtiges‘ Album lässt noch auf sich warten, so dass man erstmal mit dieser 10-Song-Compilation leben muss, mit der sich Damaged Goods aus London die Band gesichert hat und auf der die Songs der beiden EPs zusammengefasst sind.“ Bis es mit dem Album so weit war, sollte es noch ein gutes Jahr dauern, zwischenzeitlich liefen all meine Bemühungen, die Band mal für ein Interview vors Mikrofon zu bekommen, ins Leere.
Erst keine Antwort, dann Vertröstungen – das kam schon fast wie Arroganz oder bewusste Zurückweisung rüber und war um so frustrierender, ahnte, wusste man als „Journo“ (wie die Aussies sagen) doch, dass hier eine spannende Band, eine gute Story wartet.
Der Grund dafür, dass letztlich erst jetzt zum Debütalbum ein Interview klappte, ist banal: Band jung, hungrig und dauernd auf Tour, das Album lange nicht im Kasten, erst Anfang 2019 war es soweit.
Keine Medienstrategie also, eher Verpeiltheit. Obwohl, Amy Taylor und Band aus der südaustralischen Musikhauptstadt Melbourne wissen eigentlich sehr genau, was sie wollen: sehr originär australische Musik machen, auch optisch nah dran an dem „Sharpies“-Phänomen der Siebziger, das letztlich Bands wie AC/DC und ROSE TATTOO befeuerte und das außerhalb des Landes kaum beachtet wurde und wird, was wiederum die Verwirrung über die eigenwillige Retro-Optik der Band erklärt: Vorne eine kleine, blonde, sehr fordernd wirkende Sängerin, drumherum drei Typen mit provokantem Mofarocker-Blick.
Das riecht nach Krawall, nach Rock’n’Roll, macht neugierig. Die Musik ist dann genau wie erwartet, schöpft aus Punk und Glam und Siebziger-Aussie-Rock, ist knackig, reduziert und auf den Punkt.
Simpel? Ja. Aber eben so bewusst simpel wie die der RAMONES. Und auch bewusst retro, wie Gitarrist Declan bekennt, der wie der Rest der Band Anfang zwanzig ist: „Ich kann mir einfach keine Musik anhören, die in den letzten dreißig Jahren entstanden ist.
Geht nicht, überhaupt nicht. Manchmal deprimiert mich das. Ich ertrage keine Musik von Menschen in meinem Alter.“ Damit werden AMYL AND THE SNIFFERS die Rockmusikwelt nicht revolutionieren, setzen aber einen Gegentrend: Warum immer glauben, man müsse irgendwas neu machen und trendy, nur damit es neu und trendy ist? Dann lieber nachhaltig ...
und mit deutlichen Ansagen: Amy sieht sich in einer feministischen Tradition, hat klare Ansagen bereit zu Rock-Machismen und Sexismus, und auch das macht die Band letztlich so aktuell und spannend.
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