Im Frühjahr 2003 gründeten die Brüder Nathan und Aaron Weaver nahe Olympia, Washington im waldreichen, dünn besiedelten Nordwesten der USA WOLVES IN THE THRONE ROOM, ihre Interpretation einer Band zwischen Crustpunk, Thrash und Black Metal. Ein erstes Demo folgte 2004, ein weiteres im Jahr darauf, und 2006 erschien das Debüt-Album „Diadem Of 12 Stars“ und 2007 dann „Two Hunters“, jene Platte, die WITTR international den Durchbruch verschaffte, sofern man das auf die relativ kleine Gemeinde von Fans äußerst extremer Musik bezieht. Ich hatte dieses Album zwar wahrgenommen, die außergewöhnlichen Qualitäten dieses Band erschlossen sich mir (und vielen anderen) aber erst anlässlich ihres Auftritts auf dem Roadburn-Festival 2008: Da stand man ungläubig staunend vor dieser Wall of Sound, bekam den Mund nicht mehr zu angesichts der Intensität des Vierers, der in der Besetzung Nathan Weaver (Gitarre, Gesang), Aaron Weaver (Drums), Will Lindsay (Gitarre) und Ross Sewage (Bass) im April 2009 ein neues Album namens „Black Cascade“ veröffentlicht. Doch es ist nicht nur die brachiale Energie, gemischt mit Ambient-Parts, die WITTR so außergewöhnlich macht, es ist ihre inhaltliche Abweichung von Black Metal-Klischees, die sie in letzter Zeit auch außerhalb der typischen Fankreise auf Interesse stoßen ließ. Aaron beantwortete während der Deutschland-Tour Anfang 2009 meine Fragen.
Aaron, du hast einen ganzen Tag mit Interviews hinter dir – hast du überhaupt noch irgendwelche Geschichten auf Lager?
Na klar, ich habe immer noch frisches Material auf Lager, und es ist alles wahr. Wir führen ein seltsames Leben, deshalb gibt es jede Menge seltsames Zeug zu erzählen.
Hast du denn mittlerweile die Nase voll davon, dass eure Band in letzter Zeit sehr oft in Musikmagazinen und Zeitungen auftaucht, die sich sonst kein Stück für extreme Musik interessieren?
Es ist ein interessantes Phänomen, dass wir so viel Interesse von Blättern erfahren, die nicht zur traditionellen Metal-Presse zählen. Ich habe darüber heute schon mehrfach mit Interviewern gesprochen, die meist von Musik- oder Kulturmagazinen kamen. Mich interessierte, warum sie unsere Platten besprechen, warum sie uns interviewen. In den Antworten kam immer wieder dies zum Vorschein: Natürlich sind wir als Band eindeutig von norwegischem Black Metal beeinflusst, und wir teilen mit dieser Musik viel von unserem Spirit, aber es ist auch klar, dass wir unser ganz eigenes Ding machen, das unsere Band ein eigenwilliges Gebilde ist, dass wir einen ganz eigenen musikalischen Ansatz haben, und das macht wohl einen besonderen Reiz aus. Und nein, ich bin von diesem Interesse an unserer Band nicht genervt, es ist angenehm, nicht nur mit Metal-Magazinen zu reden.
Gleichzeitig ist das aber auch ein gewagtes Unterfangen, denn meist gefällt es den Die-Hard-Fans aus dem eigenen Lager überhaupt nicht, wenn eine Band plötzlich außerhalb der gewohnten Szene größere Aufmerksamkeit erfährt. Wie ist das bei euch?
Ja, sowas geschieht in jeder Underground-Szene. Sobald eine Band auch jenseits der Szenegrenzen Fans gewinnt, gehört sie nicht mehr ausschließlich der ursprünglichen Szene, und Menschen reagieren darauf mit Wut, denn jetzt müssen sie ja „ihre“ Band mit anderen teilen. Mir geht das ja nicht anders, ich komme aus einer eher dem Punk zugetanen Underground-Szene, und wenn Bands anfingen, Konzerte auch außerhalb der ursprünglichen D.I.Y.-Szene zu spielen, fing man an, Scheiße über sie zu reden.
„Verräter!“
Ja, genau nach der Masche. Jetzt bin ich etwas älter, sehe Dinge differenzierter und denke, das ist einfach die natürliche Weiterentwicklung einer Band, also dass sie sich nach und nach von der Szene entfernt, die sie hervorgebracht hat. Als wir die Band gründeten, gingen wir ja nicht davon aus, dass uns jemals irgendwer außerhalb unserer kleinen Szene-Gemeinde wahrnehmen würde. Seit dem „Two Hunters“-Album auf Southern Lord allerdings haben wir ein immer größeres Publikum erreicht. Mancher aus unserer Heimatstadt und Leute, die uns schon seit Jahren kennen, denkt jetzt also, wir hätten eine gewisse Linie überschritten. Aber ich mache mir ehrlich gesagt nicht zu viele Gedanken darüber, denn wir machen heute exakt das Gleiche, was wir vor fünf Jahren gemacht haben, und wir haben die gleichen Ideale und Werte. Unsere Integrität ist uns genauso wichtig wie damals, unsere Vision hat sich nicht geändert, und ich denke, es ist offenkundig, dass wir unsere Band nicht machen, um damit schnelles Geld zu verdienen. Deshalb haben wir bislang nur wenig Kritik erfahren, wobei ich das sicher nur für die USA sagen kann. Aber bei unseren Konzerten in Europa sah das Publikum bislang auch nicht anders aus, als wir das gewohnt sind: Ein Blick auf die Haarlänge und die Menge der Nieten an ihrer Kleidung reicht da in der Regel aus, hahaha. Denn ja, der Großteil unserer Publikums hat lange Haare und trägt viel Leder mit Spikes darin. Und das ist gut so.
Es sind ja immer Journalisten, die das Tun einer Band interpretieren und herumanalysieren, und das ist ihr Job und nicht der eines Musikers. Dennoch: Habt ihr, hast du eine Idee, was eure Band so interessant macht, dass sie derzeit auf so ein großes Interesse stößt?
Die Frage ist in der Tat schwierig ... Ich kann dir sagen, was wir tun und warum wir das tun, aber mir fällt es schwer zu erklären, was andere Leute denken, dass wir tun. Aber ich wage mich mal an eine Erklärung: Was wir tun, ist irgendwie einzigartig. Unsere Musik ist ein Hybrid: Wir sind ganz klar beeinflusst von skandinavischem Black Metal, wir verdanken diesem Sound viel und haben großen Respekt vor der europäischen Black-Metal-Szene. Es gibt an diesem Genre aber auch vieles, was uns nicht gefällt: Die satanische und nihilistische Seite des Ganzen hat uns nie interessiert.
Du meinst solche Aspekte wie die dumme norwegische Tradition des Kirchenanzündens ...
Ja, daran habe ich kein Interesse, und wir haben uns als Band auch schon immer gegen politisch rechte Ideologien ausgesprochen, die ja doch immer wieder mit Black Metal assoziiert werden. Jenseits dessen hat unsere Musik, denke ich, eine ganz andere Energie: Wir kommen nicht aus Skandinavien, wir treten nicht mit schwarz-weißem „Corpse Paint“-Make-up im Gesicht auf, wir benutzen im Artwork unserer Platten keine Bilder und Symbolik mit europäisch-heidnischem Hintergrund, und haben immer klargestellt, dass wir diese Musik aus ganz persönlichen Gründen spielen. Wir kommen eben aus einer Gegend, die ihre eigene Energie, ihren eigenen Spirit hat, und so versuchen wir mit unserer Musik, unsere eigenen Gefühle und Erfahrungen mit der Natur unserer Heimat zum Ausdruck zu bringen, anstatt einfach nur etwas zu kopieren, was aus einem tausende Meilen entfernten Land kommt. Vielleicht ist das also der Grund, warum sich Menschen für WOLVES IN THE THRONE ROOM interessieren. Und weil das, was wir tun, sich von der Masse abhebt. Du siehst, es fällt mir schwer als direkt Betroffener darüber zu sinnieren, warum sich Journalisten für einen interessieren.
Man kann also sagen, dass WOLVES IN THE THRONE ROOM der Versuch sind, das klassische Black-Metal-Thema unter neuen, anderen Vorzeichen zu interpretieren?
So kann man das sagen. Black Metal hat sehr viele Aspekte, es ist eine komplexe Kunstform. Zum einen sind da die offensichtlichen ästhetischen Aspekte wie eben Corpse Paint, da ist die Kirchenbrandschatzung, die von Drogen- und Alkoholgebrauch angetriebene nihilistische Sicht auf die Welt, aber die allerwichtigste und wohl die grundlegende Verbindung im Black Metal ist der Versuch der Wiedererweckung eines alten Geistes. Im Grunde ist es also eine romantische Bewegung, im Sinne der romantischen Romane des 18. Jahrhunderts oder im Sinne eines Henry David Thoreau. Die moderne Weltsicht ist ja oftmals sehr eingrenzend: Wir begreifen die Welt als eine Maschine, als ein komplexes wissenschaftliches Phänomen. Alles um uns herum lässt sich demnach mittels der Physik oder Wirtschaftswissenschaften oder sonstwie erklären. Ich denke aber, dass das eine recht beschränkte Art ist, die Welt zu betrachten, und so gibt es einen tief verwurzelten Hunger bei vielen modernen Menschen nach einem Reich des Transzendenten. Black Metal ist in diesem Kontext besonders interessant, denn sich damit zu beschäftigen verlangt danach, dass der Hörer die moderne Welt zerstört – nicht in der Realität, sondern in seinem Kopf, um die Realität einer früheren Existenz zu fühlen. Dieser Aspekt des Black Metals ist es, der uns sehr interessiert, auf dem wir aufgebaut haben.
Ein Freund beschrieb euch mir gegenüber sinngemäß mit den Worten „Das ist so eine Crust-Punk-Hippie-Band, die irgendwo im Nordwesten der USA Black Metal spielt“. Was daran ist falsch, was stimmt?
Nun, das ist vielleicht eine Blickrichtung auf unser Tun, aber ich würde keinen dieser Begriffe auf uns anwenden. Es stimmt wohl, dass wir alle einen Punk-Background haben, aber diese Phase unseres Lebens haben wir hinter uns gelassen. Das Ding mit Punk ist, dass Punk grundsätzlich völlig unspirituell ist, dass Punk eine zutiefst atheistische Weltsicht beinhaltet. Wenn du Punkrocker bist, betrachtest du die Welt in politischen Kategorien: „Es gibt all diese Probleme in der Welt, lasst uns die Regierung stürzen!“. Oder: „Lasst uns alle in besetzten Häusern leben!“, oder: „Wir müssen uns kollektiv organisieren, wir sind Anarchisten!“, und so weiter. Wir bei WOLVES IN THE THRONE ROOM sind an all dem allerdings völlig uninteressiert. Keiner von uns ist daran interessiert, die Welt in politischen Kategorien zu betrachten. Uns interessiert eher der metaphysische oder esoterische Blick auf die Welt.
Aber warum interessiert euch der politische Blickwinkel nicht?
Diese Frage habe ich schon öfter gehört. Wir kommen aus einem Teil der Punk-Szene, deren Motivation in der Umweltthematik zu finden ist. Während also in Europa viele Punks sich politisch engagieren, weil sie Faschisten hassen, ist das in der Region, aus der wir kommen, ganz anders: Da engagieren sich Leute in der Punk-Szene und in der Politik aus Gründen des Umweltschutzes. Anstatt sich mit den Bullen zu prügeln, schlagen sie Nägel in Bäume, damit man die nicht mehr mit der Kettensäge fällen kann, oder sie ketten sich an Bulldozer und so weiter. Heute fragte mich jemand, warum wir denn dann nicht an Politik interessiert seien, der Hintergrund der Abholzung von Urwäldern habe ja auch immer was mit Politik zu tun, damit, dass große kapitalistische Unternehmen dadurch großen Profit machen und auch manche Politiker davon profitieren. Das stimmt ja alles, aber es geht am Kern des Problems vorbei. Der Grund, weshalb das derzeitige politische System akzeptiert wird, hat etwas mit der zu Grunde liegenden metaphysischen Kraft, mit spirituellen Gründen zu tun. Die Menschen spüren, dass da etwas fehlt, und diese Thematik, die eher etwas im Verborgenen liegt, sprechen wir an und überlassen das Feld der Politik anderen.
Tritt bei euch also eine Form von „Religion“ an die Stelle von Politik?
Nein, keiner von uns ist an Religion interessiert, was ja an sich auch schon wieder eine politische Aussage ist. Für uns steht eine authentische spirituelle Erfahrung mit dem Universum, die für alle Menschen zugänglich ist, auf der einen Seite, und Religion auf der anderen – der Versuch, für eine spirituelle Erfahrung Geld zu kassieren, sie mittels hierarchischer Strukturen zu kontrollieren. Wir stehen also alle in Opposition zu Religion, aber wir befürworten eine ursprüngliche, unmittelbare spirituelle Erfahrung. Diese basiert für uns auf Erfahrungen in und mit der Natur. Wir leben in einer Gegend, in der es tiefe Wälder und wildes Gebirge gibt, mit alten, großen Bäumen, die immer noch dort stehen und nicht gefällt wurden, obwohl schon seit 200 Jahren Weiße da leben. Wenn du dich dorthin begibst, dich diesem Naturerlebnis hingibst, dann kann dich das verändern. Auf diesem Level bewegt sich die Spiritualität, die uns interessiert.
Ihr seid also „Treehugger“, nicht nur im übertragenen Sinne „Baumumarmer“, sondern in echt.
Ja, das könnte man so sagen. Und ich bin immer wieder überrascht, dass es im Black Metal immer noch Leute gibt, die diese Verbindung zwischen Black Metal und radikalem Umweltschutz nicht sehen. Für mich ist es so offensichtlich, dass Black Metal ein Weg ist aus der Entfremdung und Hoffnungslosigkeit, die man fühlt, wenn man von der Quelle des Lebens abgekappt ist, also von unserem Planeten an sich. Dabei ist es so einfach, sich wieder zu verbinden, es ist ja alles um uns herum, man muss sich dem nur öffnen. Wenn also Leute zu mir sagen, Black Metal drehe sich nur um Satan und Nihilismus, dann kann ich nur antworten, dass das vielleicht für sie so ist, aber nicht für mich.
Seid ihr Vegetarier oder Veganer?
Nein, ich bin Anti-Veganer. Will, unser neuer Gitarrist, ist jedoch Veganer und ein langjähriger Tierrechtsaktivist. Ich lebe auf einem Bauernhof, und es ist für mich kein Widerspruch, Tiere auf artgerechte, verantwortungsbewusste Weise zu halten, um Eier, Milch oder auch Fleisch zu haben. Und es macht auch absolut Sinn, sie in die Erzeugung von Lebensmitteln einzubinden. Mein Problem mit Veganismus besteht nämlich auch darin, dass diese Leute sich komplett mit Produkten aus Soja und Weizen ernähren wollen, aber keiner die Frage stellt, woher der Dünger kommt, damit Sojabohnen und Weizenkörner wachsen.
Eine gute Fragestellung: Ein Freund von mir hat eine Bio-Gärtnerei, und der verwendet für die Düngung seiner Gemüsepflanzen auch Mist. Ich frage mich, ob das einem Veganer überhaupt bewusst ist, wenn er seine Zucchini isst.
Genau das ist der Grund, warum Veganismus für mich keinen Sinn macht. Wer sich so bewusst als Veganer verhält, der verschließt die Augen vor dem wahren Leben, denn Leben bedeutet manchmal eben auch Leiden, Schmerz und Gewalt. Daran ist nichts grundlegend Falsches, finde ich, und man kann von Black Metal lernen, dass man die dunklen Dinge, den Tod auch akzeptieren muss. Deshalb also bin ich gegen Veganismus: Was bringt es, das Hühnchen in der Hühnerform zu retten, aber gleichzeitig Lebensmittel aus genmanipulierten Sojabohnen zu essen? Wenn man auf einer Farm eng mit Tieren zusammenlebt, dann merkt man, dass das eine natürliche und harmonische Interaktion sein kann. Das Problem sind industrielle Produktion und Tierfabriken, mit so was will ich nichts zu tun haben. Ehrlich gesagt habe ich in letzter Zeit aber auch öfter darüber nachgedacht, Vegetarier zu werden, denn wenn man immer so nah beim Schlachten dabei ist, fängt man schon an, darüber nachzudenken, was da gerade geschieht. Man schaut den Tieren in die Augen, weiß, was gleich passieren wird, denkt sich: „Kumpel, das war’s ...“ – da denkt man schon darüber nach. Und diese Erfahrung sollte eigentlich jeder machen und dann seine Entscheidung selbst treffen, ob er Komplize dessen sein will, was in seiner Essenz ein Mord ist.
Ich sah euch letztes Jahr auf dem Roadburn-Festival, und das war schon eine sehr beeindruckende Erfahrung. Die Leute standen einfach da und glotzten, so extrem und atemberaubend war das. Ist das die typische Reaktion, wenn man euch das erste Mal sieht und hört?
Ja, das kenne ich: Die Leute stehen da, mit offenem Mund, und glotzen. Ich bin mir nicht sicher, ob das daran liegt, dass es für sie so schrecklich klingt, oder ob wir so seltsam aussehen, oder weil sie so erstaunt sind, dass wir keine langhaarigen Metaller sind. Was ist denn deine Interpretation dieser Beobachtung?
Also, hätte es mir nicht gefallen, wäre ich gegangen. Bei mir war es wohl das schiere Erstaunen über die Intensität des Gebotenen.
Das kenne ich, ja, aber genauso oft sind die Shows pures Chaos, mit zig Leuten in der Luft und anderen, die sich den Kopf an der Bühne blutig schlagen. Und wieder andere Konzerte sind ganz ruhig, da sitzen die Leute auf dem Boden und hören einfach nur zu – das gefällt mir. Meist bekomme ich aber gar nicht mit, was das Publikum macht, ich höre das immer nur hinterher. Meine Wahrnehmung setzt bei den Konzerten manchmal völlig aus, ich bin da wie in Trance – bei wirklich guten Konzerten passiert das. Es gibt ja eine Verbindung zwischen Black Metal und Schamanismus, der ältesten und archetypischsten religiösen Erfahrung des Menschen. Der Blastbeat, das Tempo, dieser Sound, das ist für mich eine direkte Analogie zur Trommel des Schamanen. Unsere Musik ist in ihrer Natur eine, die Trance hervorruft.
Im April kommt euer neues Album – was ist davon zu erwarten?
Als wir uns an die Arbeit machten, diskutierten wir viel über unsere Ideen und Inspirationen, und darüber, wie die Platte klingen sollte. Viele Leute dachten, wir würden mit diesem Album eher eine ambienthafte Richtung einschlagen, denn auf „Two Hunters“ gibt es ja mehrere solcher Passagen. Stattdessen gingen wir in die andere Richtung, und so ist „Black Cascade“ ganz unerbittlich, brutal und anstrengend geworden, über die gesamte Distanz. Natürlich gibt es diese Ambient/Dream-Elemente, aber eben über einem peitschenden Blastbeat. Unsere Absicht war, eine kraftvolle, kompromisslose Blastbeat-Metal-Platte zu machen, ohne zu viele andere Elemente zu verwenden. Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden, und bislang war jeder, der sie gehört hat, begeistert. Wir haben auch diesmal wieder versucht, ein Album von größtmöglicher Intensität zu machen, und ich denke, diese Intensität ist es, die den Leuten an uns gefällt. Jeder hat seinen Alltag, muss sich und alles um sich herum unter Kontrolle halten, und da ist unsere Musik eine interessante Fluchtmöglichkeit. Unsere Musik zu hören hat eine kathartische Wirkung, wir sind diejenigen, die stellvertretend ausrasten.
Wie weit wird euch eure Reise führen, kannst du das absehen?
Wir haben da nicht viel drüber gesprochen. Als wir die Band vor fünf Jahren gründeten und unsere Ideen für unsere Musik formulierten, hatten wir nicht die Absicht, mehr als ein paar Leute in unserer Stadt damit zu konfrontieren. Dass wir jetzt immer mehr Menschen ansprechen, dass wir jetzt einen Tag lang in Deutschland Interviews geben, das war nicht geplant und nicht zu erwarten. Ich denke aber nicht, dass wir in absehbarer Zeit an den Punkt kommen, wo wir Tausender-Hallen füllen. Ich denke, unsere Musik ist zu hart für die meisten Menschen, zu schwer zu ertragen. Und man muss sowas ja auch wollen, muss sich so richtig der Business-Seite des Ganzen widmen, und ich habe da keine Lust darauf. Meine Lebensplanung ist, auf meinem Bauernhof zu leben, Gemüse anzubauen, zu schreinern, im Wald Holz zu schlagen, in den Bergen wandern zu gehen. Auf keinen Fall will ich in einer großen Rockband spielen. Da, wo wir jetzt stehen, bin ich rundum glücklich: Die Band trägt sich selbst, wir haben die Möglichkeit, uns mal einen Monat auszuklinken, um ein neues Album aufzunehmen, und das ist perfekt.
Wer kümmert sich um dein Gemüse und deine Tiere, wenn du nicht da bist?
Wir sind ein Kollektiv, meine Freundin und die anderen Leute erledigen das. Mein Job auf der Farm ist eher der des Traktorfahrers, ich baue und repariere, was gerade ansteht. Und um ehrlich zu sein, habe ich nicht gerade einen „grünen Daumen“, was meine Wertschätzung der Leute, die kleine Pflänzchen vom Samen an bis zur Ernte begleiten, nur vergrößert. Ich habe das Gefühl, auf dem Feld beim Unkrauternten oft mehr kaputt zu machen, als dass ich eine große Hilfe bin – irgendwie zertrample ich mehr Pflanzen als ich rette, reiße das falsche Grünzeug aus. Aber zum Glück gibt es auf einem Bauernhof ja auch noch viele andere Dinge zu erledigen. Wir versuchen, mit unserem Bauernhof so autark wie möglich zu leben, und wenn man nicht viel Geld braucht, dann geht das auch. Man darf das nicht mit dem Leben in der Stadt vergleichen, materieller Besitz sollte einem nicht wichtig sein. Nach allgemeinem Verständnis sind wir wohl ziemlich arm. Aber wir überleben, und ich verdiene noch etwas Geld, indem ich hier und da außerhalb der Farm arbeite.
Aaron, vielen Dank für das Interview.
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