TURBO A.C.'S

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Bad nationwide

Die New Yorker TURBO AC's sind mir über die Jahre sehr ans Herz gewachsen - der regelmäßige Ox-Leser wird das schon gemerkt haben. Doch mit dem neuen Album "Live To Win" änderten sich ein paar Kleinigkeiten: Kevin Cole (Gitarre und Gesang) und Kevin Prunty (Drums) gingen ihres alten Bassisten Mike Dolan verlustig, und statt nur einen Ersatz zu suchen, gab es gleich zwei neue Bandmitglieder, Tim Lozada (Bass) und Jer Duckworth (Gitarre). Das ging auch am Punkrock meets Surf-Sound der NYC-Formation nicht spurlos vorbei, man präsentiert sich runderneuert und wuchtiger, geht ein paar neue Wege, ohne sich selbst untreu zu werden. Logisch, dass ich dazu ein paar Fragen hatte.

Tim, Jer, wie seid ihr an den Job gekommen?

Tim:
Ein Telefonanruf: "Willst du bei uns Bass spielen?" Und ich sagte Ja. Ich kenne die beiden Kevins seit fünf oder sechs Jahren, habe selbst eine Band namens THE HARD UPS, und als der Anruf kam, waren wir gerade ohne Drummer - Kevin hat uns da auch schon mal ausgeholfen -, die anderen hatten nichts gegen eine Pause, also probte ich mal mit ihnen, es klappte, und hier bin ich. Ich war drei Jahre in einer Band, die ausschließlich in New York auf Tour war - das heißt, einmal haben wir auch in New Jersey gespielt ... Wir kamen einfach nicht weiter, außer mir hatten alle ihren Job ...

Jer: Bei mir war es genauso: Ein Anruf und die Frage, ob ich mitspielen will. Die beiden Kevins hatten wohl schon länger mit dem Gedanken an einen zweiten Gitarristen gespielt, und mit Mikes Ausstieg bot es sich an, das mal in Angriff zu nehmen.

Ihr wart in der Dreier-Besetzung über zehn Jahre zusammen, was war los?

KC:
Dass was nicht stimmt, zeichnete sich zum Jahreswechsel ab. Wir hatten letztes Jahr sehr viel getourt, rund sechs Monate, und Mike wollte danach erst mal eine Pause machen, eine Weile keine Konzerte spielen, sein Leben wieder geregelt bekommen. Kein Problem für mich, ich habe mich ein paar anderen Dingen gewidmet, Pläne gemacht, doch dann kam Mike an und sagte, er wolle nicht mehr, sondern sich einen Job suchen, vielleicht studieren - und außerdem wolle er gerne der Frontmann einer Band sein. Nun ja, wir hatten vorher schon mal Diskussionen dieser Art gehabt, aber die waren alle abgeschlossen gewesen, aber diesmal ging es so weit, dass wir sogar die Weiterexistenz der TURBO AC'S in Frage stellten. Unsere Freunde bekamen das natürlich mit, alle waren dafür, dass wir weitermachen, und so kam es dann, dass Mike ausstieg und wir uns zwei neue Mitglieder suchten, anstatt nur einen neuen Bassisten zu suchen und so zu tun, als habe sich nichts verändert.

Also haben wir es jetzt mit THE TURBO AC'S 2.0 zu tun.

KC:
So in der Art, ja. Es ist der gleiche Name, die gleiche Musik, auch wenn manche Leute behaupten, die neue Platte sei anders. Aber das tun sie ja sowieso, haha. Ich meine, wir haben uns ja jetzt nicht plötzlich dem Emo-Hardcore zugewandt oder so, denn wenn Bands das tun, also mit gleichem Namen ganz andere Musik machen, dann ärgert mich so was immer. "Keep it real", das war und ist meine Devise. Na, und ich denke, wir haben es echt geschafft, hier sind wir, es geht weiter!

Wie siehst du in diesem Kontext die neue Platte?

KC:
Wir haben versucht, da viele Referenzen zu den frühen TURBO AC'S zu geben, und dazu passt auch der Titel "Live To Win", der ja ein Songtitel des ersten Albums "Damnation Overdrive" ist. Oder was sagst du dazu, Kevin?

Kevin: Nun, ich denke, du hast zu dem Thema jetzt schon eine Menge gesagt ...

KC: Ach, ich kann auch noch eine Menge mehr sagen, jetzt, wo meine Stimme wieder funktioniert - die letzten Tage war ich sehr heiser, konnte kaum reden.

Ich finde ja, dass man eurem neuen Album auf jeden Fall anhört, dass da neue Leute beteiligt sind, dass sie einen neuen Drive hat.

Kevin:
Ja, so geht mir das auch. Sobald Tim und Jer dabei waren, brachten sie sich mit ihren Ideen ein und halfen, dem Album seinen Sound zu geben. Tim etwa hatte eine ganz neue Herangehensweise ans Songwriting, und mir hat das neue Energie verliehen. Und es hilft auch, wenn der Bassist in deiner Band dich leiden kann ...

KC: Wir hatten diesmal auch von diversen Leuten von außerhalb Hilfe. So half zum Beispiel meine ältere Schwester beim Songwriting, die selbst auch Musik macht, und die hatte immer schon gesagt, sie habe ein paar Ideen für Gitarrenriffs für mich, und diesmal nahm ich ihre Hilfe an. Und sie hat auch an ein paar Stellen Gitarre gespielt, etwa bei "Nomads" und "Save me". Meine Schwester lebt in Paris, sie spielt selbst in keiner Band, sie ist jetzt unser Ghostwriter, haha. Und weil das mit meiner Schwester so gut klappte, habe ich dann direkt auch meine Mutter rekrutiert: die hat bei einem Lied, bei "Nomads", mitgesungen.

Kevin: Das ist echt unglaublich, wie talentiert jeder in seiner Familie ist. Die spielen alle mehrere Instrumente, und das macht mich echt verrückt.

Und wer sind die nackten Frauen auf dem Cover? Auch Familienangehörige?

Tim:
Das ist meine Mutter mit ihren Bridge-Partnerinnen, hahaha.

KC: Oh ja, das Cover ... Da sind wir wohl etwas außer Kontrolle geraten, hahaha. Wenn man nur das Pappcover mit dem Logo sieht, könnte man ja meinen, wir hätten unsere Tradition eines Covers mit hot Chicks darauf aufgegeben. Aber das wird niemals passieren, vertraut mir. Die Idee geht auf Timothy Dolph zurück, ein guter Freund, der die Fotos für die "For A Fistful Of Euros"-7" gemacht hat. Das Foto stammt aus einer Serie für Pin-up-Spielkarten, er zeigte es mir und meinte, das sei ja wohl ein perfektes TURBO AC'S-Cover. Und da hatte ich auch schon den Titel, "Live To Win", und das passte bestens zusammen, und Jan aus Hamburg hat dann auch einen sehr guten Job beim Layout gemacht.

Die Karten- und Glücksspielthematik zieht sich ja durch das ganze Album und tauchte schon immer mal bei euch auf.

KC:
Ja, wir haben so ein paar Symbole, die immer wieder auftauchen. Nimm nur unser Logo, den Schädel und die gekreuzten Schraubenschlüssel, das steht für mich für all das Pech, das wir von Anfang an hatten, und dazu passt dann der Satz "Born to lose, live to win", das ist ja so unser Slogan, um den sich alles dreht, auf den wir immer wieder zurückkommen.

Mal ehrlich, seid ihr die letzten Jahre so vom Unglück verfolgt gewesen?

KC:
Haha, na ja, vom Gefühl her war das schon so. Immer, wenn es mal etwas besser lief, passierte wieder irgendwas Übles, das kann man schon so sagen. Und wir mussten kämpfen, um es so weit zu bringen. Wir waren immer auf uns alleine gestellt, wir waren nie eine Band, die in eine Schublade passte, weder Punk noch Psychobilly noch sonst irgendwas, wir machen nur die Musik, auf die wir Lust haben, und das fordert über die Jahre auch seinen Tribut.

Zum Beispiel in Person eures Ex-Bassisten?

KC:
Das wollte er zumindest glauben. Wir sind ja nicht irgendeine Metalband, bei uns steckt schon etwas mehr dahinter, es kommt von Herzen, wir denken nicht darüber nach, warum wir das machen, es kommt einfach so aus uns heraus. Und entsprechend sind wir keine Band, die jeder sofort versteht. Für mich zeichnet das aber all die Bands aus, die ich respektiere, wobei die wiederum oft darunter leiden, dass sie nicht die breite Anerkennung erfahren, die ihnen eigentlich zusteht - nimm nur mal die RAMONES als Beispiel, wie lange es gedauert hat, bis ihnen die gebührenden Anerkennung gewährt wurde.

Seid ihr ehrgeizig?

Kevin:
Manchmal schon, dann mehr als mir lieb ist. Um in dieser Band zu spielen, muss man das schon sein. Für das, was wir erreicht haben, für unser kleines bisschen Erfolg, mussten wir hart arbeiten, und das geht nur mit etwas Ehrgeiz. Und wenn du dazu nicht bereit ist, wie vielleicht eine Person, die heute nicht mehr dabei ist, dann ist das keine gute Basis, dann sollte man sich besser einen normalen Job suchen.

Andererseits gibt es aber ja auch Bands, die total desorganisiert sind, deren Platten beschissenen Sound haben, die sich wie Arschlöcher aufführen - und die trotzdem von ihren Fans gefeiert werden. Wie geht man als perfektionistische Band mit so was um?

KC:
Ach, ich glaube einfach an Voodoo. Klar, das ergibt alles keinen Sinn, aber es macht auch keinen Sinn, sich darüber zu viele Gedanken zu machen. Ich weiß einfach, dass, wenn ich will, dass etwas ordentlich und gut gemacht wird, ich entsprechend viel Zeit und Anstrengung investieren muss. Ansonsten gibt es auf deine Frage keine Antwort, man weiß nie, warum irgendwas funktioniert und etwas anderes nicht.

Kevin: Mir geht es da ähnlich: Bei gewissen Bands auf gewissen Labels fragt man sich, wie die damit durchkommen - what the fuck? Die sind schrecklich, können kaum ihre Instrumente halten, und verkaufen trotzdem eine Million Platten. Und so stimme ich Kevin zu: Es ist Voodoo!

Auf eurem neuen Album covert ihr ZZ TOPs "Bad nationwide" ...

KC:
Der Titel passt einfach perfekt zu uns, deshalb. "Bad" kann im Amerikanischen "schlecht" bedeuten, aber auch, dass etwas richtig gut ist, so wie in "bad ass", und diese Bedeutung passt einfach zu uns. Der Song ist über das Touren, er beschreibt unser Leben, der Text ist einfach perfekt. Abgesehen davon sind ZZ TOP eine Band, die ich respektiere, ganz egal, ob die jemand anderes gut findet oder nicht. Die wurden noch nie als cool empfunden, die mussten kämpfen, weil sie als weiße Jungs wagten, Blues zu spielen. Die haben ihren ganz eigenen Sound, und das respektiere ich.

Kevin: Eben, und scheiß drauf, ob andere die Band cool finden oder nicht. Und außerdem haben die ja echt coole Autos, oder? Und von den Bärten ganz zu schweigen ... Und der Typ, der Frank Beard heißt, hat gar keinen, hahaha.

KC: Auch wegen dieses Songs ist "Live To Win" für mich eine schöne Platte, wir haben da Sachen gemacht, die wir bisher nie gemacht haben: Die Spaghetti-Western-Parts, meine Mutter als Gastsängerin, der Song "Fried chicken", die Link Wray-Referenzen ...

In den USA seid ihr seit dieser Platte nicht mehr bei Gearhead, sondern bei Acetate, wie NINE POUND HAMMER oder CHARLEY HORSE.

KC:
Ja, das lief alles nicht so optimal ... Gearhead, das sind zwar sehr nette und coole Leute, aber mit deren Vertrieb lief alles schief, unser letztes Album war Dank deren Vertrieb - Koch Distribution - in keinem der großen Plattenläden zu finden. Und das, während wir auf Tour waren ... Die lief immerhin gut: Wir waren mit den ANGEL CITY OUTCASTS unterwegs, eigentlich als deren Support, doch wo immer wir hinkamen, wurden wir als Headliner aufgeführt. Tja, ich denke, wir haben endgültig die Schwelle zur Rocklegende überschritten ...

Dann Dank an die Rocklegende für's Interview, bis zum nächsten Mal.