Das Trio aus Dallas um Frontmann Jim Heath – Reverend Horton Heat himself – veröffentlichte unlängst ihren elften Longplayer „Rev“. Mitte der Achtziger Jahre begann der heutige Gitarrenstar in einem kleinen Club in Dallas, jede Donnerstagnacht zu musizieren. 1988 erschien die erste Single „Big Little Baby“, eigespielt als Trio, allerdings damals noch in anderer Besetzung. Das erste Highlight war dann 1990 die LP „Smoke ’Em If You Got ’Em“, die auf Sub Pop aus Seattle erschien, die erste Labelheimat von NIRVANA und auf ewig mit der damaligen Grunge-Welle verbunden. Sub Pop unterhielt auch eine Sektion in Deutschland, so dass sich der Reverend auch hierzulande schnell eine Fanbase erspielen konnte. Mit dabei war bereits der jetzige Kontrabassist Jim „Jimbo“ Wallace. Musikalisch pendelte die Band, die als „vielleicht erfolgreichster Psychobilly-Act aller Zeiten“ (Discogs) gilt, zwischen Psycho-Rockabilly, Roll, Surf, Swing und Blues und hatte 1994 den ersten Filmauftritt in „Love and a .45“ mit dem Song „The devil’s chasing me“ und steuerten noch zwei weitere zum Soundtrack bei. Dem folgten noch weitere Soundtrack-Beiträge, zudem komponierten THE REVEREND HORTON HEAT den Song „Turkey gotta gobble“ für die Supermarktkette Boston Market, wurde von Videospielanbietern entdeckt – etwa Tony Hawk’s Pro Skater 3 – und tourten weiterhin unentwegt. Es ist also mal wieder Zeit für uns, sich James C. Heath aka Reverend Horton Heat zu widmen.
Es dauert in der Regel bei euch keine dreißig Sekunden, bis man heraushören kann, welche Band es ist, die da spielt. Unverkennbar würde ich das nennen. Bist du stolz darauf?
Danke, ja, das war aber auch immer unser Plan.
Schon mit 13 hast du angefangen, Gitarre zu spielen. Kam der Gesang dann von ganz alleine hinzu oder hast du mal Unterricht genommen?
Ich beschloss, Sänger zu werden, weil ich immer in Bands war, in denen um die Kontrolle über das Songwriting gestritten wurde. Vorher war ich hauptsächlich Leadgitarrist, aber ich hatte immer eigene Songideen. Also begann ich, unter dem Namen Reverend Horton Heat als Solokünstler aufzutreten, anstatt eine Band zu gründen – nur ich und meine Gitarre. Ich habe Unterrichtsstunden genommen und auch ein wenig Musiktheorie studiert. Singen ist eine selbstverständliche Entwicklung für jeden, der Songs schreibt, denke ich. Aber es kann auch anders laufen.
Dein Bassist Jimbo ist seit dem ersten Album dabei. Ist er ein enger Freund oder habt ihr nur ein „kollegiales“ Verhältnis wie damals Joey und Johnny Ramone?
Na ja, das ist kein toller Vergleich, denn Johnny Ramone und Joey Ramone haben sich gegenseitig gehasst. Jimbo und ich treffen uns hin und wieder, aber wir haben beide Familie. Manchmal treffen sich auch unsere Familien. Natürlich sind wir auf Tour viel zusammen und reden.
Dein Sound ist immer smooth, wenn du spielst, und du hast stets ein Lächeln auf den Lippen. Aber mal ehrlich, kotzt einen die Arbeit an einer LP in einem stickigen Studio nicht doch manchmal an?
Studios können echt die Pest sein. Mittlerweile mache ich viel selbst. Die Jungs kommen morgens und dann arbeiten wir eine Weile zusammen, dann gehen sie nach Hause und ich experimentiere herum. Das ist viel besser, als alles in zehn Zwölf-Stunden-Tage zu stopfen, ständig mit der Angst im Rücken, das Budget nicht zu überziehen.
Und was ist mit dem Live-Auftritten? Kann man während des Gigs überhaupt entspannen oder kommt die Erlösung erst mit dem Applaus des Publikums zwischen den Songs?
Ich genieße es mehr denn je. Früher war ich dabei nervlich extrem angespannt. Jetzt haben wir großartige, laut kreischende Fans und alles ist leichter. Das Touren wird zwar immer routinierter, aber unsere Gigs sind noch genauso gut, wenn nicht sogar besser.
„Let me teach you how to eat“ heißt ein Lied auf der neuen Scheibe. Klingt witzig, aber es steckt dahinter?
Der Hintergrund ist der, dass irgendein Typ mal versucht hat, mir etwas über makrobiotisches Essen oder so was beizubringen. Er sagte zu mir: „Jim, lass mich dir erklären, wie man isst.“ Jetzt, 28 Jahre später, ist ein Lied über Sex daraus geworden.
Der Psychobilly-Anteil ist auf dem neuen Album wieder stärker vorhanden. Du bist du ja generell niemand, der sich um irgendwelche Trends kümmert, aber ist es nicht doch so, dass das Interesse an Psychobilly in den USA momentan wieder etwas abflaut?
Da bin ich nicht so sicher. Die NECROMANTIX brennen hier förmlich alles nieder. Und wenn die BRAINS die Möglichkeit bekommen, wieder in den USA zu touren, sind die Karten sowieso wieder neu gemischt.
Du hast ein gewisses Problem mit den im Rockabilly-Bereich so beliebten Coversongs. Aber da du auch Skatepunk magst, würden sich da nicht Rockabilly-Versionen von bekannten Punk-Songs anbieten?
Das wäre für mich ein absoluter künstlerischer Rückschritt. Ich werde zu so etwas nicht zurückkehren. Höchstens für ein Lied irgendwann. Ich bin in erster Linie Songwriter. Es bedarf Mut, Einfallsreichtum und sehr viel harter Arbeit, eine Band zu haben, die eigenes Material spielt. Es wäre dumm, sie durch so was in eine Kirmestruppe zu verwandeln.
Eure ersten drei Alben kamen nahezu zeitgleich in Europa und den Staaten auf den Markt. Wie wichtig war damals der europäische Markt für den Reverend? Gerade das deutsche Publikum gilt ja gemeinhin als äußerst treu.
Wir lieben Europa, aber wir sind dort tatsächlich nicht ansatzweise so beliebt wie in den Staaten. Deshalb ist es etwas kostspielig, in Europa zu touren, aber das ist uns egal. Wir lieben es, dort zu sein, und haben auch in Europa großartige Fans.
Zuletzt habt ihr eure Platten bei Yep Roc in den Staaten veröffentlicht, jetzt seid ihr bei Victory Records. Eine musikalisch etwas ungewöhnliche Wahl. Wie kam dieser Deal zustande?
Unser Manager hat den Victory-Chef Tony Brummel kontaktiert. Tony rief mich dann an, wir verstanden uns gut und so sind wir auf seinem Label gelandet. Victory verfügt über eine unglaubliche Firmenstruktur. Ich habe den Eindruck, dort kommen alle sehr früh morgens zur Arbeit und legen sofort richtig los. Ich weiß nicht viel über die Verbindungen, die Victory ins Ausland hat, aber ich bin sicher, dass sie da ebenso gut aufgestellt sind. Victory ist eines der größten unabhängigen Label in den USA, es ist fast wie ein Major.
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