Nach dem letzten, eher ernüchternden Album „Catharsis“ musste man etwas Angst um MACHINE HEAD haben. Doch wie schon in der Vergangenheit konnten sich die Kalifornier auch dieses Mal wieder freischwimmen. Mit „Of Kingdom And Crown“ veröffentlichen sie ihr stärkstes Album seit einem Jahrzehnt. Wir sprechen mit Frontmann Robb Flynn über das zehnte Werk seiner Band und das Konzept der Platte.
Robb, wie hat sich die Pandemie auf das neue Album und das Songwriting dazu ausgewirkt?
Wir konnten jeden Tag am Album arbeiten. Das Album ist Stück für Stück entstanden. Bei unserem Debüt „Burn My Eyes“ haben wir ein Demo aufgenommen, haben es auf Shows verkauft und an Plattenfirmen geschickt. Dann haben wir noch ein paar Demos aufgenommen und dann diese auf Shows verkauft und so weiter. Als wir dann unter Vertrag standen, haben wir das gesamte Material im Studio als Album aufgenommen. So hat es sich dieses Mal wieder angefühlt Wir haben ständig Demos aufgenommen – auch wenn es so kein Demo, sondern gleich das Album war. So konnten wir die Energie bewahren. Bei vielen Bands, von denen ich in meinen Hardcore- oder Thrash-Tagen Fan war, mochte ich die Demos und als ich schließlich das endgültige Album hörte, war ich enttäuscht. Irgendwas war passiert. Dem Album fehlte was. Deshalb bin ich dieses Mal so aufgeregt, weil wir quasi die Demos als finale Versionen nutzen konnten.
Mit „Of Kingdom And Crown“ habt ihr euch das erste Mal an ein Konzeptalbum gewagt. Worum geht es?
Ich möchte, dass die Leute das Album als eine Art Film wahrnehmen. Setz dir deine Kopfhörer auf, trinke oder rauche was – oder bleibe nüchtern – und lass diesen „Dune“-artigen Film in deinem Kopf ablaufen. Es spielt in einer dystopischen Zukunft, in der der Himmel blutrot gefärbt ist. Es geht um zwei Charaktere, Ares und Eros. Ares hat ein Mädchen namens Amethyst, das ermordet wird, und er geht danach auf einen Rachefeldzug. Eros, der Amethyst umgebracht hat, verliert seine Mutter durch eine Überdosis und geht danach radikalisiert auch auf einen Feldzug. In der Vergangenheit habe ich viel aus meiner Sicht gesungen, habe die Gesellschaft aus meiner Sicht beschrieben oder meine Gefühle. Nun konnte ich mich viel mehr ausleben, da ich aus der Perspektive von anderen Personen geschrieben habe. Ich konnte viel blutrünstigere Texte schreiben, emotional viel tiefer gehen. Es ging ja nicht um mein Leben. Das war superspannend. Es war auch ziemlich befreiend, denn es drehte sich das erste Mal nicht um mich. Ich hatte zu Beginn noch ein bisschen Angst, ob es mir tatsächlich gelingt, zehn einzelne Lieder zu einer übergreifenden Geschichte zusammenzuführen. Doch meine Frau ermutigte mich in dieser Hinsicht total und meinte, ich sollte das unbedingt probieren. Wir hatten zuvor „The Black Parade“ von MY CHEMICAL ROMANCE gehört und uns total betrunken, haha. Nachdem ich den Text für „Slaughter“ fertig hatte, wusste ich, dass es glücken würde. Es ging dann nur noch darum, die anderen Lieder so zu verändern, dass alles zusammenpassen würde.
Ihr habt auch ein paar Interludes für das Album aufgenommen, die die Atmosphäre verstärken. Das Ganze hat mich sehr an „Operation: Mindcrime“ von QUEENSRŸCHE erinnert. Dort sind diese Zwischenspiele auch ein wichtiger Aspekt.
Das ist eines meiner liebsten Alben! Ich spiel zwar nicht solche Musik und kann nicht im Entferntesten so singen wie Geoff Tate, überhaupt nicht. Ich kenne die Songs aber in- und auswendig. Auch „The Wall“ hat solche Interludes, die die Geschichte vorantreiben. Meine Idee war, solche Stücke mit einzubauen, um einzelne Abschnitte zu verbinden, so dass es sich anfühlt wie ein Film. Shoutout an Joel Wanasek, der mir geholfen hat, diese Interludes umzusetzen. In meinem Kopf wusste ich genau, was darin passieren soll, er half mir, meine Ideen zu realisieren. Er hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Hätte ich das selbst machen müssen, wäre es wahrscheinlich schiefgegangen, haha. Sie helfen nun das Konzept voranzutreiben, den filmischen Aspekt rüberzubringen.
Wenn wir gerade von Kollaboration reden: Wie war es, ein Album mit einer runderneuerten Band einzuspielen, die noch dazu um den halben Globus verteilt ist? Euer Gitarrist Vogg ist ja zum Beispiel in Polen beheimatet.
Die Pandemie hat hier alles ins Chaos gestürzt. Niemand konnte irgendwo hin. Wir haben also online Riffs ausgetauscht. Ich habe zum Beispiel Riffs aufgenommen und zu Vogg geschickt und umgekehrt. Jared war hier im Studio und wir haben an Dingen gearbeitet. Wenn mir Vogg etwas geschickt hat, habe ich die Gesangsspuren ergänzt und das Ganze ging wieder zurück. Die Technik von heute hat es wesentlich einfacher gemacht, global trotz einer Pandemie zu kommunizieren.
Ich würde gerne noch über den letzten Song sprechen, „Arrows in words from the sky“. Der erinnert mich in seiner Epik an andere Schlusstracks von euch, wie „Descend the shades of night“ oder „A farewell to arms“.
Ich wusste für eine lange Zeit nicht, wohin mit dieser Nummer. Es ist solch ein großer Track und ich wollte ihn eigentlich nicht zwischendrin vergraben. Das Lied ist unser Spin eines Bob Marley- oder FLEETWOOD MAC-Liedes. Die habe ich in den letzten Jahren so oft gehört. Mehr als jede Metalband, auch wenn mir alle sagen, sie würden einen totalen Thrash-Einschlag erkennen, haha. Mit den Gesangsharmonien ist das unsere Version davon. Als wir das gesamte Album fertig hatten und auch die Interludes standen, stand dieses Lied wie ein Ausrufezeichen am Ende. Das war die einzige Stelle, an der ich mir den Song vorstellen konnte.
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