LESS THAN JAKE

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Die Skapunk-Könige dieser Welt

Skapunk ist fröhlich. Skapunker sind gut gelaunte Menschen. LESS THAN JAKE sind die Skapunk-Könige dieser Welt. Warum aber hören sich die Texte ihres hervorragenden, neuen Albums „See The Light“ dann so sehnsuchtsvoll an, so nach „Ach, die guten, alten Tage“? Welches Licht sehen die Musiker? Fragen an eine Band, die seit nunmehr knapp 22 Jahren unbeirrt ihren Weg durch die Punkrock-Szene geht und eigentlich noch nie enttäuschte. Vinnie Fiorello, der Mann mit den Trommelstöcken bei LESS THAN JAKE, der in in seiner Jugend von Dave Lombardo von SLAYER inspiriert wurde, beantwortete sie.

Vinnie, euer neues Album „See The Light“ enthält einige Songs, in denen es um die Vergangenheit geht und darum, wie du dich verändert hast. Warum fühlst du dich gerade so melancholisch?


Meine Gedanken drehen sich seit jeher darum, dass du die Vergangenheit verstehen musst, um dich in der Gegenwart und Zukunft zu verändern. Man muss die Fehler, die man gemacht hat, erkennen und vorwärts gehen – sonst ist man dazu verdammt, sie immer wieder zu machen. Das ist keine Melancholie. Das ist Glaube. Der Glaube und die Zuversicht, Dinge in der Zukunft nicht mehr zu versauen.

Wünschst du dir nicht manchmal die so oft beschworene „gute, alte Zeit“ zurück, in der es neben der Band keine anderen Verpflichtungen gab, etwa als Familienvater?

Absolut nicht. Es gibt nichts Besseres im Leben als diese nach oben verlaufende Lernkurve. Alle Fehler und Erfahrungen machen mich doch erst als Mensch aus. Das würde ich im Leben nicht mehr eintauschen wollen. Ebenso wie ich niemals mehr kein Ehemann oder Vater mehr sein wollen würde. Erst all die kleinen Teile im Puzzle des Lebens machen am Ende das große Ganze aus.

Trotzdem könnte man doch auf den Gedanken kommen, dass bei all diesen Rückblicken und erst recht bei diesem Namen, „See The Light“, euer neues Album einen Wendepunkt im Leben der Band oder in deinem eigenen Leben darstellt – zumal ihr zuletzt ja nur EPs veröffentlicht habt.

Ich sage es mal so, „See The Light“ ist der Beginn der Zukunft von LESS THAN JAKE. Es fühlt sich an wie ein neues Kapitel, das wir mit dieser Band aufschlagen. Daher auch der Name. All die kleinen EPs, die wir in den vergangenen Jahren veröffentlicht haben, waren ein Übergang zwischen dem Damals und dem, was wir in Zukunft machen. Als wir die EPs aufgenommen haben, ging es uns darum, im Studio mit Sounds zu experimentieren und den Prozess des Songschreibens zu verändern. Und das Ergebnis all dessen ist diese neue Platte.

Wo du gerade Veränderungen ansprichst: LESS THAN JAKE existieren seit 22 Jahren. Was hat sich am meisten im Verlauf dieser Zeit verändert?

Die Art und Weise, wie die Menschen Musik konsumieren, hat sich verändert. Als wir loslegten, gab es Punk noch auf Kassetten. Wir nahmen unsere Demos darauf auf und verschickten sie. Mittlerweile kannst du digitale Tracks verwenden und sie per Internet oder Mail umgehend verschicken und zur Verfügung stellen. Der technologische Fortschritt hat uns dazu gezwungen, uns als Band zu hinterfragen und unsere Arbeitsweise zu überdenken: das Schreiben der Songs, das Aufnehmen, die Veröffentlichung von Musik. Heutzutage steht dir die ganze Welt offen. Aber das auch zu verstehen und zu nutzen, das war ein langer Weg.

Stell dir mal vor, du wärest nicht Musiker und Mitglied deiner Band, sondern ein Fan der ersten Stunde. Wie würdest du LESS THAN JAKE heute sehen und beurteilen im Vergleich zu den Anfängen?

Ich würde sagen, die Band macht noch viele jener Dinge, die sie am Anfang gemacht hat. Aber eine Sache, die sich wirklich verändert hat, ist, dass die Freundschaft aller untereinander intensiver geworden ist. Wir wurden von ein paar Typen, die in der gleichen Band waren, zu Brüdern, die gemeinsam in dieser Band spielen.

Im Stück „The loudest songs“ singst du: „Ich bin überzeugt, dass uns Wörter und Akkorde stark machen können“. Welche Songs habe dein Leben gerettet, indem sie dich stark gemacht haben?

Ich würde sagen, dass mich die Musik von Billy Bragg durch eine Menge schlechter Stunden gebracht hat. Aber Musik ist generell der Soundtrack deines Lebens – wenn du sie lässt und es willst.

LESS THAN JAKE haben bislang mit neun Labels zusammengearbeitet. Das ist eines für jede Studioplatte. Sind Labels so unwichtig für euch?

Das Wichtigste für uns sind seit jeher die Songs, die wir schreiben. Und wie wir sie schreiben. Labels sind im Laufe der Jahre tatsächlich immer unwichtiger geworden. Und ich denke, dass auch die meisten unserer Fans bei unseren Platten nicht darauf achten, auf welchem Label wir sie veröffentlicht haben.

Immerhin scheint ihr für Fat Wreck Chords etwas übrig zu haben – schließlich seid ihr nach mehreren Jahren zu ihnen zurückgekehrt.

Das ist richtig. Wir haben mit ihnen auf unserer EP-Compilation „Greetings And Salutations“ zusammengearbeitet – und das hat sich seinerzeit so angefühlt, als ob wir mit alten Freunden arbeiten würden. Somit lag es in der Natur der Sache, die Kooperation mit ihnen fortzusetzen und unsere neue Platte bei Fat Wreck zu veröffentlichen.

Hat sich bei den Aufnahmen zur neuen Platte etwas im Vergleich zu den anderen EPs und Alben geändert?

Nun, bei „See The Light“ haben wir erstmals alles unter der Anleitung von unserem Bassisten Roger Manganelli aufgenommen – in seinem Moathouse Productions-Studio in Gainesville. Und der Mix entstand im Blasting Room-Studio in Colorado, wo auch schon die DESCENDENTS oder ALL an ihren Alben gearbeitet haben. Ich denke, dass beide Orte die neue Platte auch ausmachen. Man hört der Platte diese Produktion an.

Das Coverdesign von „See The Light“ stammt von Richard Minino. Der ist auch verantwortlich für das Artwork von Bands wie HOT WATER MUSIC – ein Stil, der heutzutage sehr „in“ zu sein scheint. War das auch der Grund, ihn wieder ins Boot zu holen?

Nein. Wir haben im Prinzip mit ihm zusammengearbeitet, seitdem er professioneller Künstler ist. Richard ist ein alter Freund von uns. Und es war auch diesmal wieder großartig, mit ihm etwas zu machen.

Eure Musik – der Skapunk – ist eine Spielart des Punk, die manche Menschen nicht allzu ernst nehmen, weil sie der Auffassung sind, dass die implizierte Fröhlichkeit dieser Musik den ernsten und kritischen Ideen des Punk widerspricht ...

Ich denke, dass jeder Musikstil wichtig sein und ernste Themen vermitteln kann. Wir haben uns damals zusammengetan und Ska und Punk und damit unterschiedliche Stile gemischt. Und seitdem gilt: Wir sind nun einmal, wer wir sind. Es gibt also keinen Grund, daran etwas zu ändern.