LAWRENCE ARMS haben sich ganz schön Zeit gelassen. Die Alben „Apathy And Exhaustion“ (2002), „The Greatest Story Ever Told“ (2004) und „Oh Calcutta“ (2006) kamen in schöner Regelmäßigkeit und begeisterten durch melancholischen und zeitlosen Punkrock. Doch nach „Oh Calcutta“ wurde es plötzlich ruhig um die Band aus Chicago. Es erschien 2009 noch die EP „Buttersweat And Tears“, aber ansonsten herrschte lange Funkstille. Während dieser Zeit widmeten sich die Bandmitglieder diversen Nebenprojekten: Gitarrist/Sänger Chris machte Platten mit seinem Soloprojekt SUNDOWNER, Drummer Neil und Bassist/Sänger Brendan gründeten THE FALCON, woran auch Dan Andriano von den befreundeten ALKALINE TRIO beteiligt war. Brendan war zudem noch solo unterwegs und auch beim Chicagoer Pop-Punk-Label Red Scare tätig. Es gab auch Pläne für eine Live-DVD, die allerdings wieder verworfen wurden, und ich glaubte mittlerweile nicht mehr so richtig an eine neue Platte. Doch seit ein paar Wochen ist nun doch ein neues Album draußen. „Metropole“ heißt es und ist das sechste Studioalbum des Trios, weswegen ich Sänger Brendan im Folgenden mit ein paar Fragen löcherte.
Brendan, euer letztes Album kam vor acht Jahren raus. Das ist eine lange Zeit. Wie fühlt es sich an, nun endlich eine neue Platte am Start zu haben?
Fantastisch! Wir wird schon aufgeregt, das neue Zeug zu spielen. Das ist ein vernünftiger Grund, mal wieder auf Tour zu gehen.
Ihr schreibt, dass ihr mit einem neuen Release warten wolltet, bis ihr Material habt, das „auf den Punkt und dynamisch“ genug ist. Hattet ihr eine klare Vorstellung vom Album und es hat einfach nur sehr lange gedauert, bis es fertig wurde, oder habt ihr in einer Art kreativer Krise gesteckt?
Wir hatten keine klare Vorstellung, deswegen hat es so lange gedauert. Wir wussten nicht genau, wo wir eigentlich hin wollten. Als wir dann rausfanden, wohin es gehen sollte, ging es dann plötzlich total schnell. Also wir haben nicht acht Jahre an der Platte geschrieben, sondern nur ein paar Monate, wie bei unseren anderen Platten auch.
Habt ihr während eurer Auszeit irgendwelches positives oder negatives Feedback von euren Fans bekommen?
Nein. Unsere Fans waren toll und super geduldig. Lieber warte ich ab und produziere etwas Gutes, als schnell irgendwelchen Scheiß rauszuhauen. Und ich glaube, wir uns glücklich schätzen, weil unsere Fans uns da verstehen.
„Metropole“ erscheint auf Epitaph, während eure vorigen Platten auf Fat Wreck und Asian Man rauskamen. Warum Epitaph?
Weil Epitaph großartig ist! Fat Wreck und Asian Man sind ebenfalls großartig, es ist toll, die Möglichkeit zu haben, mit solchen Labels zu arbeiten. Dieses Mal hatten wir die Chance, etwas Neues auszuprobieren, und wir haben es einfach gemacht. Und bisher läuft alles gut!
Gab es dieses Mal eine andere Herangehensweise, was den Entstehungsprozess und die Aufnahme der Songs angeht?
Sie wurden in ziemlich kurzer Zeit aufgenommen, weil Chris jetzt in Portland wohnt, das ist über tausend Meilen von Chicago weg. Also waren wir extrem fokussiert und schafften die Aufnahmen in unter drei Wochen.
Ihr habt wieder mit Matt Allison aufgenommen. Welchen Einfluss hatte er auf die Aufnahmen?
Er ist ein toller Produzent und ein guter Freund, der sagt, was er denkt. Wenn wir etwas ausprobieren und es klingt nach Müll, lässt er es uns wissen.
Zwischen den Songs auf „Metropole“ habe ich Straßenmusiker gehört, die ihr mit euren Handys aufgenommen habt. Wie kommt es, dass sie es auf eure Platte geschafft haben?
Es schien uns eine gute Möglichkeit zu sein, der Stadt, um die es auf der Platte geht, eine Gestalt zu geben. Es ist wahrscheinlich dumm und grandios zugleich, aber die Idee ist, dass die Platte eine Reise durch eine Stadt ist. Und das sind einige Geräusche dieser Stadt. Es ist ein bisschen so wie ein Stadtplan.
Wissen diese Musiker von ihrem kleinen Durchbruch?
Nein, keiner von diesen Musikern hat mitbekommen, dass sie aufgenommen wurden.
Ist „Metropole“ ein Konzeptalbum?
Ja, gewissermaßen. Es handelt von der Winzigkeit eines Lebens. Oberflächlich geht es um das Alleinsein in der Stadt nach dem Motto „Fremder in einem fremden Land“. Aber darunter geht es um die brutale Beständigkeit von Zeit und darum, wie unser Leben nur ein kurzlebiger Augenblick innerhalb des Universums ist. Und trotzdem beschäftigen wir uns so zwanghaft mit irrelevanten Kleinigkeiten, wie wir aussehen, wie wir wahrgenommen werden, wie unsere Online-Präsenz aussieht. All das ist verdammt albern und unsinnig, aber das ist alles, was wir wissen. Das Album ist stark beeinflusst von Dostojewski, Richard Wright und Alfred Hitchcock.
Für mich klingt es so, als ob ein paar Songs von einer bitteren Grundstimmung getragen sind. Macht ihr euch Gedanken über das Älterwerden?
Nee, alt werden passiert einfach. Das ist ja, was ich meine. Die Idee ist ja, dass es so unnütz ist, sich über solche Dinge Gedanken zu machen. Aber wir machen es trotzdem und das ist lächerlich. Wir können nicht damit aufhören, aber genauso gut können wir es nicht akzeptieren. Ich bin jetzt 37 und habe zwei Kinder. Als wir „Oh Calcutta“ geschrieben haben, war ich 29 und hatte keine Sorgen.
Bei euch gibt es häufig Anspielungen auf eure Heimatstadt Chicago. Und es scheint mir, als ob Chicago der heimliche Hauptdarsteller von „Metropole“ ist. Wie ist eure Beziehung zu der Stadt?
Chicago ist mein Zuhause und meine Lieblingsstadt. „Metropole“ allerdings handelt von irgendeiner beliebigen Stadt. Es geht darum, in einer fremden, dir nicht vertrauten Stadt zu sein. Chicago könnte auch diese Stadt sein, aber es ist nicht speziell die, von der das Album handelt.
In eurem Video zu „Seventeener“ spielt ihr eine Band, die anscheinend auf der Suche ihrer Identität ist. Habt ihr eure Identität als Band gefunden?
Ähm, ich weiß nicht so recht, ob das etwas ist, woraus wir uns was machen. Wir sind ein paar Typen, die gerne zusammen Musik machen. Ich mag es, mit Chris und Neil abzuhängen und ich glaube, sie mögen es auch, mit mir rumzuhängen. Das ist unsere Identität. Drei Freunde.
Wann können wir mit einem neuen Album von euch rechnen?
Also, ich hoffe, dass es nicht noch mal acht Jahre braucht. Wenn alles gut läuft, machen wir im nächsten Jahr die nächste Platte. Aber wir lassen uns da nicht stressen.
Kann man euch dieses Jahr in Deutschland sehen?
Ja, wir werden im Mai bei euch spielen.
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