GOOD RIDDANCE

Das aktuelle GOOD RIDDANCE-Album und verschiedene Live-Auftritte in letzter Zeit zeigten deutlich, dass das Quartett aus Santa Cruz sich von seinen Labelkollegen und der Tendenz zu seichten Melodien, musikalisch gesehen, distanzieren. Und die üblichen Vergleiche ziehen bei GOOD RIDDANCE eh nicht, da keine andere West Coast-Band es so gut versteht, klassischen kalifornischen Punkrock und Melodycore zu einem druckvoll, aggressiven Sound zu mischen. Sänger Russ stand mir Rede und Antwort.

Was hat´s mit der "Operation Phoenix" - so lautet der Titel eurer neuen Platte - auf sich?

"Nun, "Operation Phoenix" war eine CIA-Aktion während des Vietnamkrieges und wir dachten, es wäre ein cooler Albumtitel mit politischer Bedeutung, mit dem sich viele Amerikaner auseinandersetzen sollten. Denn Amerikaner sind immer Stolz auf ihr Land und ihren Staat, sie zeigen immer mit dem Finger auf andere Länder, aber wenn sie die dunkle Geschichte der CIA kennen würden, wären sie sicher nicht mehr ganz so stolz."

Du denkst also, dass Amerikaner nicht so ehrlich mit ihrer Geschichte umgehen wie europäische Länder und sie solche Aktionen des CIA verleugnen?

"Genau, und die CIA ist eine der schlimmsten Institutionen in unserem Land. Da werden Menschenrechte mit den Füssen getreten."

Ist "Operation Phoenix" so hart geworden, weil ihr nun mit SICK OF IT ALL auf einem Label seid, oder wie ist es zu diesem doch deutlich aggressiveren Album gekommen?

"Wir wollten definitiv ein aggressiveres Album. Es sollte schneller und direkter sein als die anderen. Natürlich haben auch SICK OF IT ALL einen Einfluss auf uns, aber nicht, weil sie jetzt auf Fat Wreck sind, sondern weil wir mit ihnen schon lange befreundet sind. Aber da sind nicht nur SOIA; wir haben über die Jahre auf Touren mit vielen Punkrock- wie auch mit Hardcorebands gleichermaßen gespielt, und da wir Hardcore nun mal mögen haben so Bands wie SNAPCASE oder ENSIGN genauso einen Einfluss auf uns."

Wie kam es denn zu der Zusammenarbeit mit Bill Stenvenson und Steve Egerton von ALL?

"Wir haben sie gefragt, ob sie nicht Lust hätten unser nächstes Album zu produzieren, weil wir uns weiterentwickeln wollten und wir vieles von dem Stuff aus dem Blasting Room, ihrem Studio, den die beiden produziert haben, sehr gut finden. Wir waren uns sicher, dass Bill und Steve uns am Besten im Studio unterstützen könnten."

Und, haben sie euch bei der Studioarbeit helfen können?

"Ja, sie haben uns sehr geholfen. Ich denke, sie wussten genau, was wir wollten. Sie haben unsere Ideen verstanden und uns im Studio dahin geführt, wo wir hin wollten: Ein gutes Album rauszubringen, das sich nicht wie jede andere Punkrock Platte anhört, und das hart und direkt ist."

Als was würdest du denn eure Musik bezeichnen?

"Hardcore-Punk. Wir haben immer Hardcore-Punk gespielt. Es ist aber auch schwer eine passende Bezeichnung zu finden, denn für jeden einzeln ist ja eher eine subjektive Sache, wie er eine bestimmte Musik einordnet. Jemand, der mit BLACK FLAG oder DEAD KENNEDYS groß geworden ist, wird diese Bands als Hardcore bezeichnen, erzählst du das heute jemand, wird er dich auslachen und sagen "Hardcore ist EARTH CRISIS". Aber ich denke, wir können mit dem Begriff HC-Punk sehr gut leben."

In deinen Lyrics ist das Thema "Revolution" oft vorhanden. Mit einer demokratischen Staatsform scheintst du ja nicht zufrieden zu sein, oder denkst du wirkliche Demokratie gibt es gar nicht?

"Also, mein Problem mit der Demokratie, die wir hier in den Staaten besitzen, ist, dass sie zu kapitalistisch ist. Ich würde gerne eine Demokratie sehen die mit einem gewissen Anteil an sozialistischen Inhalten mehr soziale Verantwortung übernimmt. In den USA leben wir in einer Demokratie, in der es heißt: Hast du Geld, hast du keine Probleme, haste keins, bist du angeschissen. Wie es den Leuten geht, die sich noch nicht mal einen Arztbesuch leisten könne, interessiert niemanden. Ich würde mir ein demokratisches System mit einer sozialen Grundversorgung für jeden wünschen. Nicht das wir uns falsch verstehen, ich denke jetzt nicht, das Kapitalismus generell schlecht ist, aber hier in Amerika wurde es einfach zu weit getrieben."

Denkst du die Kids, die eure Show besuchen, machen sich irgendwelche Gedanken, die ihr in eurer Musik thematisiert?

"Manche wohl schon, andere wieder nicht, aber ehrlich das ist nicht meine Absicht. Wenn ich mir die ganze Zeit darüber den Kopf zerbrechen würde, wäre die ganze Zeit nur im Stress. Die Leute müssen schon selbst entscheiden, inwieweit sie mit unserer Meinung arbeiten. Ich bin kein Lehrer, ich weiss nicht mehr als andere auch, ich bin nicht besonders schlau, ich drücke nur meine Meinung aus und sage, was ich denke, und vielleicht greifen manche Kids das auf, vielleicht bekommen sie einen Denkanstoß durch manche Songs, wie es bei mir vor ein paar Jahren mit anderen Bands war."

Wie denkst du wird GOOD RIDDANCE sich in Zukunft anhören, noch härter, mehr in die Hardcore-Ecke, oder wollt ihr vielleicht ein bißchen mehr experimentieren?

"Ich hab keine Ahnung. Wir waren seit den Aufnahmen zu "Operation Phoenix" nicht mehr im Studio, also kann ich überhaupt nichts dazu sagen."

Ok, danke für das Interview!

Randy Flame