DAS Z.

Foto© by Stephan Wieser

Kurz zwei Sätze zur Apokalypse

Seit Mitte März weltweit der Kriegszustand ausgerufen wurde, ist die Musikindustrie in hellem Aufruhr. Gleich vorweg: zu Recht. Während Läden für Angelbedarf und Töpferkurse Hoffnung schöpfen dürfen, bald wieder an den Start zu gehen, lässt sich der Berufsalltag von Musikschaffenden nur schwer bis gar nicht mit Hygiene- und Abstandsregeln vereinbaren, insbesondere wenn es um das „Herzstück“ der Musikindustrie geht, den Live-Betrieb.

Umso weniger habe ich verstanden, warum so gut wie alle Bands, Agenturen, Veranstalter und Plattenlabels ihre geplanten Konzerte, Touren und Festivals einfach nur um ein paar Monate (zum Teil sogar nur Wochen) nach hinten verschoben haben, als geschehe dies aus „produktionstechnischen Gründen“ (der Fachbegriff für „nicht genug Tickets verkauft“). Auf welcher Grundlage sollte man so eine Ankündigung machen? Hoffnung? Verzweiflung? Ignoranz? Das war zwar immer noch besser, als einfach gar nicht auf die neue Situation zu reagieren, so wie das einige Pokerspieler des Big Business getan haben – die „Stadium Tour“ von MÖTLEY CRÜE steht nach wie vor wie eine Eins –, aber das Ergebnis ist das Gleiche. Ich wage zu behaupten, dass 2020 überhaupt keine Touren, Konzerte oder Festivals mehr stattfinden. Zumindest nicht in der Form, wie wir es gewohnt sind. Es kursieren schon die ersten Video-Aufnahmen von Autokino-Shows und Fortnite-Konzerten im Netz und auch mit einer Saalbestuhlung lassen sich viele der wohl noch länger geltenden Regeln zur Eindämmung der Pandemie umsetzen. Insbesondere für Punk-, Hardcore- und Metal-Konzerte sind solche Ansätze allerdings hochgradig unpraktikabel. Das auffällig lebensbereichernde Live-Erlebnisse einer ­TERROR-, HEAVEN SHALL BURN- oder BAD ­RELIGION-Show basiert nicht zuletzt auf enorm infektiösen Interaktionen wie Stagedives, Singalongs, Schweinepogo, Arm-in-Arm-Headbangen, Crowdsurfen, Bierduschen, Headwalks, Pile-ons und Vollkontakt-Karate. Aber wie geht es weiter? Das hängt jetzt zum größten Teil von den Musikschaffenden ab. Andere Branchen und Bereiche des öffentlichen Lebens sind gerade dabei, sich neu zu erfinden, was, auch ohne Zombie-Virus, hin und wieder durchaus sinnvoll ist. Wenn die Musikindustrie aber wieder pennt, so wie 1789, als das Internet erfunden wurde, dann sehe ich schwarz für alle Beteiligten. Aber wahrscheinlich stehen bereits alle an ihren Whiteboards und entwickeln innovative Gameplans und Zukunftsstrategien. Wenn dem so ist, dann lasst doch mal hören. Musikfans auf der ganzen Welt hängen derzeit so ein bisschen in der Luft. Jetzt habe ich total vergessen, auf eurer unfassbar überflüssigen Dorfband herumzuhacken, deshalb noch kurz die wichtige Info: Es hat sich vor Corona schon niemand für euch interessiert und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Ihr könnt also aufhören, das Web mit euren nervtötenden Live-Übertragungen, Konzertverschiebungen und Merch-Notverkäufen zu verpesten. Dankeschön.
Das Z.