ANIMEN

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Wie die Tiere

Sie sprechen französisch, klingen wie eine Band aus Schweden und leben in der Schweiz. THE ANIMEN haben für ihr zweites Album „Are We There Yet?“ bei Noisolution unterschrieben und damit einen großen Schritt nach vorne gemacht. Die Band aus dem kleinen Genfer Vorort Carouge begeisterte schon auf ihrem Debütalbum „Hi!“ mit kratzigem Soul und Sixties-Pop-Appeal. Vor allem die Stimme von Sänger Théo Wyser macht den Unterschied. Retro-Bands gibt es inzwischen jede Menge – THE ANIMEN nur einmal. Gitarrist Julien Marty erklärt im Interview, warum.

Nervt es euch, dass ihr in Reviews ständig mit MANDO DIAO verglichen werdet?

Eigentlich nicht. Ich selbst bin kein großer Fan von MANDO DIAO, aber es ist eine gute Band und wenn die Leute denken, wir sind die „MANDO DIAO aus der Schweiz“, dann ist das nichts Schlechtes. Ich mag ihre ersten beiden Alben, aber dieses Dance-Album „Give Me Fire!“ haben wir gekauft und fanden es so beschissen, dass wir es auf der Autobahn einfach aus dem Fenster geworfen haben.

Woher kommt überhaupt der Name THE ANIMEN? Ich dachte zuerst an Comic-Helden von Marvel und habe gleich nachgeschaut: Da gibt es tatsächlich eine Gruppe, die The Animen heißt.

Das haben wir auch vor ein oder zwei Jahren entdeckt. Damit hat unser Bandname aber nichts zu tun. Ein Freund von uns hat uns befohlen, uns so zu nennen. Er sagte, wir seien auf der Bühne wie Tiere und so ist der Name entstanden. Da gibt es keinen tieferen Sinn.

Ihr klingt wie eine Band aus den Sechzigern. Habt ihr früher lange in Plattensammlungen eurer Eltern gestöbert?

Wir haben schon immer eine Menge Musik aus den Sechzigern gehört. Wir sind große Fans von Soul-Labels wie Stax Records. Die Aufnahmen aus dieser Zeit sind so simpel, aber wahnsinnig effektiv. So wollen wir auch arbeiten. Wir wollen nicht in riesigen Studios mit großem Aufwand aufnehmen. Uns reichen 16 Spuren und wir versuchen, möglichst gute Songs zu schreiben. Der Vater von unserem Sänger Théo hat eine große Plattensammlung, so hat es angefangen. Ein Freund meines Vaters hat mich zu einem Konzert von Jerry Lee Lewis mitgenommen, als ich zehn Jahre alt war. Und als ich diesen verrückten Alten gesehen habe, wie er sein Klavier malträtiert hat, wollte ich das auch machen. Und außerdem gibt es in Genf einen kleinen Plattenladen mit einem Besitzer, der immer gute Tipps auf Lager hat. Dort haben wir eine Menge Zeit verbracht.

Ihr habt euer neues Album „Are We Here Yet?“ in Nashville aufgenommen. Habt ihr auch Jack White getroffen?

Nein, leider nicht. Aber wir sind alle seit unseren Teenagerjahren große Fans von THE WHITE STRIPES. Einige von uns können mit seinen Solosachen nicht so viel anfangen, da fehlen irgendwie die Blues-Roots. Aber als Künstler schätzen wir ihn alle sehr. Nach Nashville sind wir gegangen, um mit Andrija Tokic zu arbeiten, dem Produzenten der ALABAMA SHAKES. Diese Band haben wir pausenlos gehört beim Entstehungsprozess des Albums. Wir waren auf der Suche nach jemand, der eine besondere Herangehensweise an Musik hat. Andrija Tokic arbeitet ausschließlich mit altem analogen Equipment. Wenn er in Berlin gewohnt hätte, dann wären wir eben nach Berlin gegangen, um das Album aufzunehmen.

Und wie ist der Kontakt zu Andrija Tokic entstanden, habt ihr ihn einfach angeschrieben?

Wir haben eine Menge Musik von ALABAMA SHAKES und Benjamin Booker gehört. Wir haben seinen Namen auf immer mehr Alben entdeckt, die uns gut gefallen. Also haben wir ihm unser erstes Album und ein paar Demos geschickt und dann kam ziemlich schnell eine Antwort mit seiner Zusage.

Gibt es in Genf viele Musiker?

In Genf gibt es einige Bands. Etwa MAMA ROSIN, die hat zum Beispiel Jon Spencer produziert. Aber man darf sich das nicht vorstellen wie in Nashville, wo viele Bands zusammenarbeiten. Wir gehen zwar zu den Konzerten der anderen Bands, aber jeder hat seinen eigenen kleinen Proberaum irgendwo in der Stadt. Man sieht sich kaum und Kooperation gibt es wenig. Das weicht gerade ein bisschen auf. Viele gründen neue Bands mit Musikern von anderen Bands.

Habt ihr jemals darüber nachgedacht, auf Französisch zu singen? Das ist doch eure Muttersprache.

Nein, niemals. Wir haben schon immer eine Menge Musik aus Amerika und Großbritannien gehört. In unseren Augen ergibt es keinen Sinn, Rock’n’Roll zu spielen und auf Französisch zu singen. Das würde für uns nicht richtig klingen. Wir wollen niemanden kopieren, aber die ersten Zeilen, die uns in den Sinn kommen, wenn wir einen Song schreiben, sind englische Worte. John Lennon hat mal gesagt: Französischer Rock’n’Roll ist wie britischer Wein. Da können wir nur zustimmen.

Euer neues Album ist in Deutschland bei Noisolution raus. Ist das wie der nächste Level für euch als Band?

Wir haben schon ein paar Auftritte in Deutschland. Es ist ein Land mit einer großen Rock’n’Roll-Geschichte. Die BEATLES sind zum Beispiel in Hamburg groß geworden. Der Deal mit Noisolution ist also ein wichtiger Schritt für uns. Vielleicht können wir so weiter wachsen. Die Schweiz ist eben ein kleines Land und in Deutschland gibt es einfach mehr Interesse an Musik. Schon in den Sechziger Jahren haben alle amerikanischen Bands in Deutschland gespielt.

Ist es ein Handicap, eine Band aus der Schweiz zu sein?

Je mehr wir reisen und Konzerte im Ausland spielen, desto unwichtiger wird es, wo wir herkommen. Aber viele Menschen sind immer noch überrascht, wenn sie erfahren, dass wir aus der Schweiz kommen. Ich denke, es ist aber nur eine Frage der Zeit. Vor zwanzig Jahren hat auch noch niemand etwas von Bands aus Belgien gehört. Und jetzt kennt jeder ein paar Bands aus Holland oder Belgien.