Wie geht man als Musiker im Punk-Genre produktiv mit dem Thema Rausch um? Fünf praktische und süffisante Ratschläge von ANGELIKA EXPRESS-Bandchef Robert Drakogiannakis. Seine Band veröffentlichen soeben ein Konzeptalbum zum Thema Alkohol. Titel: „Alkohol“
1. Setze Kurzgetränke strategisch auf der Bühne ein
Jahrelange Feldstudien beweisen: Ein, zwei knappe Wodka unmittelbar vor dem Auftritt steigern nicht nur Konzentration und Spielfreude, auch ein eventueller Bühnenkoller wird bereits im Keim sediert. Während der Darbietung ist souveränes Biernippen von Vorteil, im letzten Drittel sollte aber wieder ein ernsthafter Tropfen ins Spiel kommen: Man lasse sich von der Thekenkraft ein Tablett Schnapsgläser auf die Bühne reichen und proste gemeinsam mit der ganzen Kapelle rebellisch in Richtung des wohlwollenden Publikums. Dies beflügelt den Geist von egalité, liberté, fraternité, der jeder Konzertsituation im Punkrock-Gewerbe zugrunde liegen sollte. (Obacht nach vollzogenem Gig, die Kräfte müssen womöglich für den nächsten Tag geschont werden.)
2. Überlasse das Biersaufen im Proberaum den Amateuren
Ein verlässlicher Lackmustest! Bands, die überhaupt üben müssen, haben eigentlich sowieso schon verloren. Wenn dazu im Probekeller noch regelmäßig geistige Getränke fließen, ist die Karriere definitiv im Arsch. Das ernsthafte Formulieren und Einstudieren originärer musikalischer Strukturen ist unvereinbar mit der hirnaufweichenden Wirkung ethanolhaltiger Gärprodukte. Anders ausgedrückt: Ein Bierkasten im Proberaum ist ausschließlich Hobbymuckern erlaubt. Der Profi probt trocken, falls überhaupt. Das Trockenheitsgebot gilt in noch stärkerem Maße bei Aufnahmesituationen im Tonstudio. (Was am Feierabend danach oder auf der Bühne passiert, ist ein anderes Thema.)
3. Trinke nach dem Konzert den Veranstalter unter den Tisch
Die Band kommt in die Stadt, der Legende nach müssen alle Töchter eingesperrt und die Hausbar verrammelt werden. Jetzt muss der imagebewusste Punkrock-Musiker seinem guten schlechten Ruf gerecht werden! Die Faustregel: Der Letzte, der steht, ist im Zweifel der Drummer. Er thront wankend, aber stolz über der Jägermeister-Leiche des Veranstalters. Wenn dieser am nächsten Morgen von den Toten erwacht, wird ihm zwar dämmern, dass die Veranstaltung mal wieder ein mittleres Verlustgeschäft gewesen ist (seit ein paar Jahren ziehen sowieso nur noch die Karaoke-Abende). Aber Mann, können die zechen!
4. Mach dir den Kater zum besten Freund
Manchmal muss ein Punkrock-Liedermacher die Muße finden, um seine verrückten Songtexte zu schreiben. Kaum ein Geisteszustand eignet sich dazu besser, als ein mittlerer Katzenjammer. Statt faul rumzulungern und exzessiv bescheuerte Ami-Serien zu glotzen, nutzt der Profi die Gunst der Stunde. Denn durch die Intoxikationsfolgen sind weite Teile der Hirnrinde ausgeknipst, so dass das strenge Über-Ich dem inneren Kind nicht ständig das Überschnappen madig machen kann. Das schafft Platz für jene hirnrissigen, doch profunden Geistesblitze, auf die sich ein gesunder, katerloser Geist niemals einlassen würde. (Das trunkene Hirn übrigens auch nicht, auch und gerade, wenn sich eine songtextgewordene Schnapsidee im Moment des Entstehens noch so genialisch anfühlen mag.)
5. Mach dir die Nüchternheit zum Rausch
Der Straight-Edge-Gedanke scheint tödlich für das Wesen des reinen Punkrock. Jedoch sollte der subversive Zecher seiner Leber eine schöne Trockenzeit gönnen. Durch die zeitweise Entsagung zerstörerischer Substanzen kann der Tempel des Geistes wieder zu rebellischer Physis auflaufen. Geschmeidige Muskeln bauen sich auf, die Libido explodiert, im Körper herrscht Frühling, die Vögel singen! Interessanterweise lässt sich vor allem misogyne, wuterfüllte Musik so am entbranntesten performen. Wir empfehlen zur Stärkung des inneren Henry Rollins drei bis vier Tage kompletten Alkoholverzicht pro Woche (oder pro Jahr, je nach Disposition).
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