ADAM ANGST

Foto© by Danny Kötter

Keine Langeweile

ADAM ANGST haben ihre ganz eigene Definition von deutschsprachigem Punkrock gefunden. Warum „Twist“ so ist, wie es ist, und weshalb es manchmal doch sinnvoll sein kann zu proben, hat uns Sänger Felix Schönfuss ausführlich erzählt. Das komplette Interview könnt ihr euch im Fuze-Podcast „Breaking Noize“ anhören.

Fünf Jahre ist es her, dass wir uns zuletzt gesehen haben, was unter anderem daran liegt, dass ihr seitdem kein Album mehr rausgebracht habt. Wie ist es für euch, nach der langen Zeit wieder da zu sein? Musstet ihr euch einfinden oder ist alles wie immer?

Es ist super schwer, sich wieder einzufinden. Das muss ich wirklich sagen. Und ja, wir wissen selber, wir brauchen immer super lange, um Album zu machen, aber das hat auch so ein bisschen damit zu tun, dass wir das auch nicht beruflich machen. Wir haben viel anderes, Privates um die Ohren. Wir haben Berufe, wir haben Familien, Hunde, Katzen, und wir brauchen auch tatsächlich immer so ein bisschen Zeit für uns und unser Privatleben. Und David, unser Gitarrist, spielt ja auch noch bei FJØRT, die sehr viel unterwegs sind. Also sich da wieder reinzufinden, ist schon wirklich hart. Man hat manchmal das Gefühl, gerade bei der ersten Probe, bevor es wieder mal auf die Bühne geht, dass man eigentlich gar nichts mehr kann, dass man keine Kondition mehr hat, dass man überhaupt nicht mehr weiß, wie die ganzen Songs eigentlich zu spielen sind. Als wir den Support für DIE ÄRZTE gemacht haben in Köln, war das direkt im ausverkauften RheinEnergie-Stadion, nach Jahren mal wieder. Das war schon heftig. Und bei der ersten Probe dafür ist mir aufgefallen, ich kann die Texte nicht mehr richtig. Normalerweise war das immer so, dass der Körper sich an das erinnert, was man sowieso schon jahrelang getan hat. Und das hat dieses Mal nicht mehr so ganz funktioniert. Und ich musste mir tatsächlich während der Probe auf Google noch mal unsere Texte anschauen, um irgendwie sicher zu sein. Aber sobald ich sie das erste Mal wieder gesungen und gespielt habe, funktionierte es wieder. Klingt vielleicht etwas selbstverliebt, aber ich habe echt gespürt, auch wenn wir jahrelang dazwischen nicht spielen, bleiben wir immer noch eine gute Live-Band. Das merkt man irgendwie.

Das finde ich es schön, wenn du selber sagst, dass ihr weiterhin eine gute Live-Band seid. Dann können wir uns ja auf die Zukunft freuen.
Schauen wir mal. Vielleicht ist das auch Quatsch. Aber eines muss ich halt sagen, auch ich gehe jetzt auf die vierzig zu und muss tatsächlich Sport machen, um so eine Tour auch vernünftig durchzustehen. Also bei der ersten Tour, wenn ich mich daran erinnere, da haben wir im Prinzip nur geraucht und gesoffen nach dem Konzert, noch stundenlang gelabert und teilweise irgendwie gefeiert und so. Und das ist für mich jetzt nicht mehr denkbar. Finde ich auch scheiße gegenüber den Menschen, die sich eine Karte kaufen, weil du musst schon auch ein bisschen was bieten können und kannst da nicht irgendwie auf die Bühne kriechen und irgendwas vor dich hinröcheln. Das ist nicht geil und das würde dem Ganzen auch nicht gerecht.

Ist diese Erkenntnis für dich der persönliche Twist? Auf welchen Twist können sich eure Fans einstellen?
Also der Twist ist im Album selbst zu finden. Wir haben natürlich sehr lange gebraucht, einen Albumtitel zu finden. Und das war einfach das Wort, das es am besten zusammenfasst. Wir haben uns die Platte ja oft genug, als wir sie aufgenommen haben, noch mal angehört und dann haben wir uns so überlegt, ja okay, ein Konzeptalbum ist es auf keinen Fall. Weil kein Song gleicht dem anderen. Das ist quasi eine Sammlung über Jahre von Songs, die wir eben geschrieben haben. Und dadurch, dass so unterschiedliche Musikstile bedient werden, passt es einfach sehr gut. Auf Albumlänge gesehen passieren dauernd verschiedene Sachen. Wir machen es den Zuhörer:innen nicht leicht dadurch, das ist klar. Es passieren ja auch Twists in einzelnen Songs teilweise. Und das passt eigentlich sehr gut. Außerdem ist es ein mindestens zweideutiger Titel. Für die jüngere Generation ist ein Twist wahrscheinlich eher die Drehung, die Wendung oder der Plot-Twist, wie man ihn aus Filmen kennt. Die ältere Generation wird sich noch an den Tanz Twist erinnern, was auch ein bisschen passt, denn unsere Musik ist unterm Strich schon ein bisschen tanzbarer geworden.

Ihr wart ja schon immer recht schwer in eine Schublade zu stecken. Aber dass es jetzt so viele verschiedene Stile und unterschiedliche Richtungen geworden sind auf dem Album, ist das durch Zufall entstanden oder war das auch ein bisschen der Plan?
Das war auf jeden Fall der Plan, ja. Finde ich immer gut, diese Aussage mit der Schublade. Ist gut, dass du das jetzt gesagt hast. Wenn man so was selber sagt, kommt das irgendwie nie so richtig geil. Das war tatsächlich geplant, zumindest war geplant, dass dieses Album nicht langweilig werden soll. Und an zweiter Stelle wollten wir uns musikalisch noch mal ein Stück mehr freischwimmen. Das ist einfach wichtig, weil es gibt so viele Bands, die nehmen alle drei Jahre irgendwie das gleiche Album auf – und das ist ja auch okay. Das ist auch vielleicht schön für Fans, wenn sie bekommen, was sie erwarten, und wenn sie auch eine Platte auflegen oder sich anhören und wissen, okay, jetzt bekomme ich dreißig oder vierzig Minuten lang eigentlich genau das, was ich möchte, für diesen Moment. Doch wie ich schon eingangs sagte, wir machen es den Zuhörer:innen halt schwer. Das ist nun mal so. Aber dafür ist es halt nicht langweilig. Man kann diese Platte vielleicht nicht so in einem durchhören. Vielleicht muss man jeden Song einzeln betrachten, was aber auch voll okay ist.