Zehn Jahre sind eine lange Zeit. Ohne Album sind zehn Jahre für eine Band sogar eine sehr lange Zeit. Und zehn Jahre ohne Album sind für eine Band, die nicht gerade größere Hallen bespielt und die eigentlich immer den gedachten Zusatz „Hobby“ vor dem Wort „Band“ trägt, fast eine Ewigkeit. Beinahe eine Aufforderung an jeden Fan, auf nichts mehr zu hoffen. Motto: Gehen Sie weiter, es gibt hier nichts (mehr) zu sehen! Womit wir bei 4 PROMILLE wären. Das ist eine Band, die nach Aussage ihres Sängers Pommes eigentlich immer schon eine reine Hobbytruppe war. Keine ausgedehnten Touren – bis auf eine Ausnahme, als sie mal mit ihren Freund:innen BROILERS auf „Noir“-Streifzug durch die Republik gingen. Und tatsächlich zehn Jahre lang ohne Tonträger. 2014 war „Vinyl“ herausgekommen. Seitdem: nur Konzerte. Und die lediglich immer wieder mal. Eine Band für nur wenige Tage im Jahr quasi. Aber die vier Musiker haben ja auch feste Jobs. Und Familie. Machen Oi!- und Punk’n’Roll nur aus Spaß an der Freud’. Doch auf einmal ist da „Zeitgeist“. Eine neue Platte. Nach zehn Jahren. Vor allem aber ein gehöriger Knall, der beweist: So untätig waren 4 PROMILLE seit 2014 nicht. Und hobbymäßig ist hier schon mal gar nix. Im Gegenteil. Es ist viel passiert im Kosmos rund um diese Band aus Düsseldorf, die sich einer stets treuen Fanschar sicher sein kann. Die einen festen Platz in der Szene hat. Zuerst ging Schlagzeuger Nummer eins. Ein neuer kam. Nummer zwei. Der ging dann auch. Und der nächste, der dritte, stieg ein. Dann verließ mit Melly die Sängerin die Band und nahm ein großes Stück Bühnenshow und Band-Identität mit ins Musik-Off. Zwischendurch schrieben die, die noch da oder neu dabei waren, immer wieder an Songs für irgendwann. Und „irgendwann“ ist jetzt und heißt eben „Zeitgeist“ und zeigt eine Band zum eigentlich unmöglichsten Zeitpunkt auf der absoluten Höhe. Die Platte ist druckvoll wie kaum eine aus dem Hause 4 PROMILLE zuvor. Der poppige Einschlag von „Vinyl“, das (liebgewonnene) Rumpelige der alten Alben: alles weg. Diese neuen Stücke sind straighter, intensiver und dicht klingender Punkrock mit Texten, die sich schon lange nicht mehr um Saufen und Szene-Klischees drehen, sondern – trotz allem Augenzwinkern („Lied vom Rhein“) – reflektiert („Endloser Sommer“, „Zeitgeist“), introspektiv („Abschied“) und gesellschaftspolitisch relevant („Der Denunziant“) begeistern. „Zeitgeist“ ist tolles Songwriting einer Band, die zehn Jahre nach ihrem letzten Lebenszeichen beweist, dass sie gerade mal so richtig lebendig ist und alle Zweifel und Schwierigkeiten der vergangenen Jahre überwunden und alle daraus resultierenden Emotionen lieber in tolle Musik überführt hat, anstatt daran zu verzweifeln. „Zeitgeist“ klingt nach einer Band, die bei sich ist und noch etwas vorhat. Oi!
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