Man kann wirklich nicht sagen, dass es David Sylvian sich und seinen Fans leicht machen würde, denn nach hochgradig komplexen Arbeiten von David Toop, Derek Bailey und Harold Budd präsentiert er auf seinem Label mit dieser 70-minütigen einzelnen Komposition sein wohl bisher unzugänglichstes Stück Musik.
Allerdings handelt es sich auch nicht um eine normale Platte, sondern eine Arbeit, die Sylvian für die japanische Naoshima Fukutake Art Museum Foundation auf der Insel Naoshima für eine bestimmte Ausstellung einspielte, die eigentlich auch nur als Teil ebensolcher funktioniert, da sich die "Musik" mit den Umgebungsgeräuschen der dortigen Stadt Honmura vermischen sollte.
Man merkt es schon, das Ganze ist eher normale Hörgewohnheiten ignorierende Konzeptkunst, die auf unterschiedlichen Ebenen funktioniert und auf Platte eventuell etwas eindimensional wirken könnte.
Aber auch in dieser Form ist "When Loud Weather Buffeted Naoshima" noch eine erstaunlich faszinierende Angelegenheit, denn Sylvian gelingt hier unter Mithilfe von Clive Bell, Christian Fennesz, Arve Henriksen und Akira Rabelais eine abstrakte Symphonie aus Sprachfetzen, elektronischen Störgeräuschen und anderen schwer fassbaren Sounds, darunter auch minimalistische Trompetenklänge, woraus sich letztendlich so eine Art meteorologischer Ambient ergibt, der eine konkrete Reaktion auf die Geräuschkulisse des Museums und seiner Umgebung ist.
Und so stellt dieses hoch ästhetische Stück "Musique concrete" - wie ja auch teilweise Sylvians konventionelleren Arbeiten - vor allem eine intensive emotionale wie spirituelle Erfahrung dar, bei der man tatsächlich das Gefühl für Zeit Raum verlieren kann, was sicherlich nicht jedermanns Sache sein wird, aber deren beeindruckende Schönheit nicht von der Hand zu weisen ist.
Ein weiteres Beispiel für die vielfältigen visionären Qualitäten des Musikers Sylvian, das auch ohne seinen markanten Gesang gut auskommt. Das Release ist allerdings limitiert und kommt in einem wieder sehr schön gestalteten, überformatigen Digipak.
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