Was ist eigentlich das Problem? Seit Jahren werde ich nicht müde zu betonen, dass die aus Amsterdam stammende Band doch eigentlich Headliner-Shows all over Europe spielen müsste, dass sie Teil jeder coolen Package-Tour sein sollte, dass sie live sowas von shredden, dass sie supernette Menschen sind, dass ihre Platten nicht nur musikalisch top sind, sondern auch textlich, vom immer geschmackssicheren Artwork ganz zu schweigen.
Und was passiert hierzulande? Fast nichts, die Niederländer sind und bleiben auf Geheimtipp-Status. Was sie allerdings nicht zu sehr zu grämen scheint, ist der Vierer doch international gut vernetzt und hat schon in Brasilien, USA, Japan, Australien, Asien, Russland und sonstwo gespielt.
Gegründet wurde die Band um Sänger Marko Korac 1997, 2000 kam auf Underestimated das „See Thru Their Lies“-Album, 2002 und 2004 folgten auf Havoc „Down The Drain“ und „Bad Trip“, 2008 und 2012 auf Tankcrimes „Full Scale Assault“ und „About To Crack“, früher dazwischen noch eine ganze Latte an Kleinformaten auf diversen Labels – sie veröffentlichen relativ überschaubar, aber konstant.
Dass nun zwischen zwei Alben sogar sechs Jahre vergangen sind, ist erstaunlich, aber wichtig ist nur, dass überhaupt neues Material kam – und 16 Songs sind auch nicht zu knapp, bringen es aber gerade mal auf eine knappe halbe Stunde Spielzeit.
Was wiederum all jenen Entwarnung signalisiert, die möglicherweise Angst hatten, bei VITAMIN X hätte sich musikalisch Grundsätzliches geändert: Pustekuchen! Schnörkelloser Achtziger-Kalifornien-Hardcore ist ihr Ding, hektisch, kompakt, zappelig und energiedicht, klassische BLACK FLAG (vor der experimentellen Spätphase) lassen grüßen, aber auch SPERMBIRDS, MINOR THREAT und DEAD KENNEDYS –sowie die frühen D.R.I., wie auch generell ein ganz ordentlicher und in entsprechend metallischer Gitarrenarbeit (als Gast bei einem Song zugange: J.
Mascis!) resultierender Thrash-Einschlag. Wozu übrigens auch das recht thrashige Artwork von Marald van Haasteren passt. Textlich sind VITAMIN X so engagiert wie eh und je, wobei ihre Straight Edge-Attitüde eher im Hintergrund mitschwingt.
Sie stammen wie auch die Musik sämtlich von Gitarrist und Co-Sänger Marc Joseph Emmerik und sind für mich idealtypisch: so knapp und knackig wie die Musik, oft stichwortartig, aber alles andere als parolenhaft oder Phrasendrescherei.
Stattdessen gibt es pointierte Statements zum Zustand der Welt und wie unsereins sich darin fühlt. Mini-Geschichten über den Willen zum Widerstand, über Abgrenzung. Nicht neu, wie die Musik auch, aber darauf kommt es nicht an: VITAMIN X sind sich sehr gut anfühlende „Traditionspflege“, und ich hoffe nur, dass man in den nächsten Monaten öfter mal Gelegenheit bekommt, sie live zu sehen.
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